Stefan Forster Architekten
Wohnungsbau | Housing 1989–2019
Text: Scheuermann, Anna, Frankfurt am Main
Stefan Forster Architekten
Wohnungsbau | Housing 1989–2019
Text: Scheuermann, Anna, Frankfurt am Main
Auf den ersten Blick erscheint die Publikation zum 30-jährigen Büro-Jubiläum von Stefan Forster Architekten wie ein reich bebilderter Wohnungsbau-Atlas. Nach einem einleitenden Essay von Michael Mönninger mit dem Titel „Die Würde des Wohnens“ bilden 30 Wohnbauten aus 30 Jahren Bürogeschichte den Schwerpunkt des Buchs, die Mehrzahl steht in Frankfurt am Main, wo das Architekturbüro seinen Sitz hat. Die Projekte werden in vier ähnlich langen Kapiteln behandelt, die sich in Projektgröße, Körnung und städtischer Situation unterscheiden: der städtische Block, das Haus in der Stadt, die Siedlung (ebenfalls in der Stadt gelegen, aber mit mehr Freiraum) und die Transformation (in den neuen Bundesländern). Neben bekannten Neubau-Projekten wie dem Schwarzwaldblock in Mannheim (Bauwelt 6.2009) und dem Westgarten in Frankfurt (Bauwelt 43.2005) oder den viel publizierten Rückbauten in Leinefelde (Bauwelt 42.2004) werden auch kleine, feine Projekte wie das Gemeindezentrum im Westhafen oder das „rote Haus“ in der Schloßstraße in Frankfurt gezeigt.
Statt eines Inhaltsverzeichnisses werden die Kapitelbeiträge anhand von Lageplänen eingeführt, mit denen das geschulte Auge bereits gute Vergleiche ziehen kann. Anschließend wird jedes Projekt nach der gleichen Struktur vorgestellt: einem kurzen Text mit Infoblock und Querschnitt, dann folgen großformatige Fotoaufnahmen von außen und kleinmaßstäbliche Grundrisse. Wer mehr über die genaue Wohnungsanordnung im Haus und die Raumaufteilung in der Wohnung wissen möchte, kann anschließend in die Grundriss-Sammlung im Anhang blättern.
Und doch wollen das Buch und die Macher noch einen Schritt weiter gehen als die reine Wohnungsbau-Vermittlung: mit einem Plädoyer für qualitätsvolle Alltagsarchitektur als Gegenbewegung zur „Look-at-me“-Architektur. Dieser Anspruch gelingt auf den zweiten Blick, jeder aufmerksame Leser wird für seine Mühen belohnt. Als Erstes fällt der Vorspann mit doppelseitigen Fotografien von Lisa Farkas auf, in denen sie typische Frankfurter Stadträume zeigt. Die lebendigen Aufnahmen sollen dem Leser nicht nur die Heimat des Büros näher bringen, sie zeigen vielmehr die Frankfurter Projekte in ihrem größeren Umfeld, und dabei bemerkt man erst das, was die streng strukturierte Reihe der einzelnen Projektedarstellung auf den folgenden Seiten nicht alleine schafft: Stefan Forsters Wohnungsbau-Projekte fallen nicht aus dem Rahmen, und doch fallen sie auf. Sie sind trotz der Wiederholung bestimmter Motive in Fassade und Form (unter anderem mit den typischen abgerundeten Ecken oder den bewusst gesetzten privaten Loggien in den Straßenfassaden) einzigartig an ihrem jeweiligen Ort und beeinflussen damit ihre Umgebung und ihre Bewohner.
Desweiteren befindet sich zu Beginn jeder Projektvorstellung eine „Klappenseite“, die dem Herzstück oder der Entstehungsgeschichte des Gebäudes einen Raum gibt. Wenn man dieses eher altmodische Element in die Social Media Welt übertragen würde, wären dies die persönlichen Instagram Stories, die normalerweise nur gute Freunde erfahren. Die dort verwendeten Baustellen-Fotos, Zeitungsartikel und Skizzen machen die Wohnungsbauten umso lebendiger und verdeutlichen die enorme Anstrengung, die nötig ist, um solche eine hohe Qualität im Wohnungsbau vom Städtebau bis ins Detail durchzuhalten.
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