Bauwelt

Wir müssen sicherstellen, dass Architektinnen in ihrem Beruf glücklich und gesund sind

Der britische Architekt Muyiwa Oki ist erster Schwarzer und jüngster Präsident des Royal Institute of British Architects. Seine Schwerpunkte: Arbeitnehmerrechte, Gemeinschaft und Nachhaltigkeit.

Text: Flagner, Beatrix, Berlin; Bruun Yde, Marie, Berlin

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Foto: Kemka Ajoku

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Wir müssen sicherstellen, dass Architektinnen in ihrem Beruf glücklich und gesund sind

Der britische Architekt Muyiwa Oki ist erster Schwarzer und jüngster Präsident des Royal Institute of British Architects. Seine Schwerpunkte: Arbeitnehmerrechte, Gemeinschaft und Nachhaltigkeit.

Text: Flagner, Beatrix, Berlin; Bruun Yde, Marie, Berlin

Wann und warum haben Sie sich entschieden, sich für die Wahl zum RIBA-Präsidenten zu bewerben?
Meine Kandidatur für das Amt des RIBA-Präsidenten war nicht geplant. Ich habe mich zunächst im Februar 2022 aufstellen lassen, um sicherzustellen, dass es überhaupt genügend Kandidaten für die Position gibt. Erst im weiteren Verlauf wurde mir klar, dass meine Vorstellungen zu Umwelt, Inklusion und Einbindung junger Menschen bei anderen Leuten großen Anklang fanden, was mich motivierte, die Dinge weiter voranzutreiben. Es stellte sich heraus, dass ich gut über diese Themen sprechen konnte, weil ich auch schon seit Jahren darüber rede. Als RIBA-Präsident habe ich eine Plattform erhalten, auf der ich mich für die Interessen zukünftiger Architektinnen engagieren, mich für Klimafragen einsetzen sowie Inklusion und Vielfalt in der Architekturpraxis fördern kann.
Im Vorfeld Ihrer Wahl gab es eine intensive Social-Media-Kampagne junger Architekten, um eine neue RIBA-Präsidentin zu finden, die mehr für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Branche tun würde. Auf welche negativen Erfahrungen bezogen sich diese Aufrufe?
Ja, das war ein großer Teil meiner Kampagne. Wir wissen, dass es in der Branche ein echtes Problem mit langen Arbeitszeiten und unbezahlten Überstunden gibt. Das müssen wir angehen. Wie? Für mich geht es darum, Büros dabei zu unterstützen, sich für das Gute einzusetzen, denn die Stärke des Berufsstandes hängt so-wohl vom Wohlergehen der Büros als auch von der Gesundheit der Mitarbeiter ab. Die Schwerpunkte meiner Präsidentschaft liegen auf Beschäftigung und Wohlbefinden. Es geht darum, sicherzustellen, dass Architektinnen in ihrem Beruf glücklich und gesund sind – dass jeder von uns für seinen Beitrag wertgeschätzt wird und dass wir die Bedingungen dafür schaffen, dass Menschen produktiv, innovativ und kollaborativ sein können. Von entscheidender Bedeutung wird dabei eine Erhebung der Arbeitsbedingungen in britischen Architekturbüros sein, um eine Grundlage zu schaffen, von der aus Maßnahmen ergriffen werden können. Diese Diskussionen über die Förderung besserer Bürostandards finden innerhalb des RIBAs statt, daher würde ich sagen, dass man hier abwarten sollte.
Wie groß waren die Chancen, als junger und Schwarzer Mensch zum Präsidenten des erfolgreichsten und langlebigsten Architektenclubs im Vereinigten Königreich gewählt zu werden?
Wenn man es aus historischer Perspektive betrachtet, waren die Chancen gering. Wenn ich gewählt würde, wäre ich der erste schwarze und gleichzeitig der jüngste Präsident von RIBA überhaupt. Es gab also keinen Präzedenzfall, aber ich habe daran geglaubt, dass es möglich ist. In meiner Antrittsrede sagte ich, dass es sich anfühlte, als wäre unsere Zeit gekommen – und hier sind wir!
Sie haben sich zur Wahl gestellt, um all jene zu vertreten, die sich unterrepräsentiert fühlen. Das sind in der Regel die Arbeitnehmer. Welche Maßnahmen, um Architektur gerechter und inklusiver zu gestalten, planen Sie?
Meiner Vision liegt das Engagement zugrunde, die Architektur integrativer zu gestalten und unterrepräsentierten Gruppen eine Stimme zu geben. Wir wissen, dass wir viel tun müssen, um die systematischen Barrieren zu überwinden, mit denen unser Berufsstand konfrontiert ist, um sicherzustellen, dass er die Vielfalt der Gemeinschaften, denen er dient, widerspiegelt. Interessenvertretung und Engagement sind ein Teil der Gleichung. In Zusammenarbeit mit unseren Mitgliedern hat RIBA Schulen und wichtige Interessengruppen in Bildung und Praxis validiert, um neue Wege für Menschen zu fördern, die in unseren Beruf einsteigen und erfolgreich sein möchten. Dabei setzen wir uns für Initiativen wie Mentoring und flexible Studienwege ein. Es geht auch darum, die Leistungen anderer anzuerkennen.
Dennoch, viele junge Architektinnen erwägen einen Ausstieg aus dem Beruf.
Indem wir Architekten schon früh in ihrer Laufbahn unterstützen, fördern wir ein Umfeld, in dem sich jeder zugehörig fühlt. Erfolg bedeutet meiner Ansicht nach, die Bedingungen zu schaffen, unter denen eine engagierte, vielfältige und selbstbewusste Gruppe von RIBA-Mitgliedern gedeihen kann. Ich glaube auch, dass wir das Profil des Berufsstandes in der Öffentlichkeit schärfen und den unglaublichen Wert hervorheben müssen, den Architekten für die Gesellschaft leisten.
Sie sind für viele in der Branche eine Quelle der Hoffnung und eine Projektionsfläche. Haben Sie nach sechs Monaten im Amt das Gefühl, dass mehr Anforderungen an Sie gestellt werden?
Natürlich ist die Rolle mit Druck und Anforderungen verbunden und es gab eine steile Lernkurve. Aber ich war dankbar für die Unterstützung einer größeren Gruppe von Menschen, die die Aktivitäten von RIBA gestalten. Es ist eine Ehre, die Richtung vorgeben zu können, um sicherzustellen, dass sich der Berufsstand an einen immer schwieriger werdenden Markt anpasst und gedeiht. Das ist es, was ich mit meinem „Biennial Plan“ erreichen möchte, der fünf Schwerpunktbereiche für meine Präsidentschaft festlegt.
Dieser Biennial Plan setzt Prioritäten in den Bereichen Beschäftigung, Kultur und Nachhaltigkeit, um beispielsweise gerechtere Gehälter zu fordern und das Bewusstsein für das kolonia-le Erbe der Architektur zu schärfen. RIBA ist jedoch ein Berufsverband ohne rechtliche Befugnisse in Bezug auf die Ausübung der Architektur. Sie ist keine Gewerkschaft und hat nur begrenzte Lobbying-Möglichkeiten. Welche Mittel stehen Ihnen zur Verfügung, um die Arbeitsbedingungen in der Architektur zu reformieren – zum Beispiel Ihr Wunsch, unbezahlte Überstunden abzuschaffen?
Ich denke, dass RIBA ein erhebliches Maß an Reichweite und Einfluss hat – im Vereinigten Königreich, aber auch weltweit. In meinen ersten sechs Monaten als Präsident ist mir klar geworden, dass sich der Beruf und der Bausektor rasant weiterentwickeln. RIBA spielt bei dieser Entwicklung eine entscheidende Rolle. Der Klimanotstand ist für RIBA seit vielen Jahren eine klare Priorität und das Institut hat große Fortschritte bei der Festlegung von Standards für Architektinnen und der Zusammenarbeit im gesamten Sektor gemacht, um sicherzustellen, dass die-se in der Praxis umgesetzt werden. Und wir sitzen mit nationalen und regionalen politischen Entscheidungsträgern am Tisch.
… und international?
Auf internationaler Ebene setzen wir uns für Partnerschaften ein, um sicherzustellen, dass Wissen und Ressourcen über Grenzen hinweg geteilt werden, um Probleme wie die Klimaauswirkungen der raschen Urbanisierung anzugehen. Darin spiegelt sich die Einsicht wider, dass die Herausforderungen, denen wir uns heute stellen müssen, globale Dimensionen haben. Ich glaube, dass wir in einer zunehmend gespaltenen Welt die Zusammenarbeit verdoppeln müssen, wenn wir die Probleme lösen wollen.
Welchen Zusammenhang sehen Sie zwischen Arbeitsbedingungen und Klimaschutz?
Es geht um die Werte, die wir als Architekten verkörpern und die wir priorisieren. Ich glaube, dass es in der Verantwortung der Büros liegt, den Maßstab für ethisches Handeln zu setzen, und dass dies entscheidend durch die Bedingungen kommuniziert wird, die sie für ihre Arbeitnehmerinnen schaffen. Ebenso gehen staatliche Vorschrif-ten zu nachhaltigem Design und nachhaltiger Entwicklung derzeit nicht weit genug: Büros müssen Vorreiter sein und sich innerhalb der gesamten Branche für eine Netto-Null-Zukunft einsetzen. Letztendlich muss ein Konsens darü-ber bestehen, dass die Schaffung guter Arbeitsbedingungen, eine gerechte Entlohnung von Architektinnen und die Förderung nachhaltiger Praktiken nicht nur moralische Gebote sind – sie alle sind entscheidend für die Förderung eines widerstandsfähigeren und erfolgreicheren Berufsstandes.
Aus dem Englischen von my
It’s about ensuring architects are happy and healthy in their jobs!
In 2023 Nigeria-born British architect, Muyiwa Oki, took office as the first black and youngest-ever president of the Royal Institute of British Architects. Oki wants to support the creation of conditions for architects to be productive, innovative, and collaborative.
When and why did you decide to stand for election as RIBA President?
Running to be RIBA President wasn’t something that was part of my ‘big plan’. I put myself forward in February 2022, initially, to ensure that there were enough people to fill out the hustings but as things progressed, I realised that my ideas on the environment, inclusivity, and engaging young people really resonated with other people and that motivated me to take things further. It turned out that I was really good at talking about these issues because I’d been talking about them for years. Being RIBA President has given me a platform to speak up for the interests of future architects, advocate passionately on climate issues and promote inclusion and diversity in architectural practice.
Ahead of your election, there was an intensive social media campaign by young architects to get a new RIBA president that would do more to improve the industry’s working conditions. Which negative experiences were these calls referring to?
Yes, this was a big part of my campaign. We know there’s a real problem in the industry with long working hours and unpaid overtime. It’s something we need to address. But how? For me it’s about supporting practices to be a force for good, because the strength of the profession hinges on both the health of its practices and the wellbeing of its practitioners. A key area of focus for my presidency is employment and wellbeing. It’s about ensuring architects are happy and healthy in their jobs – that every one of us is valued for our contribution, and that we are creating the conditions for people to be productive, innovative, and collaborative. Critical to this will be a survey of working conditions in United Kingdom practices to establish a baseline from which action can be taken. These discussions are happening within RIBA on encouraging better standards of practice, so I’d say watch this space.
As a young and black person, what were the chances to be elected a president of the most successful and lasting architect club in the UK?
If you looked at it from a historical perspective, the chances were low. If elected, I would be the first Black President and RIBA’s youngest ever. So, there was no precedent, but I always believed it was possible. In my inauguration speech, I said that it felt like our time had come – and here we are!
You stood for election to represent the voices of all, including those who feel disenfranchised and underrepresented. Which measures to make architecture fairer and more inclusive are you planning?
A commitment to making architecture more inclusive and giving a voice to underrepresented groups underpins my vision. We know there’s significant work needed to break down the systematic barriers facing our profession, to ensure that it reflects the diversity of the communities it serves. Advocacy and engagement are one part of the equation. Working with our members, RIBA validated schools and key stakeholders in education and practice to promote new pathways for people to enter and succeed in our profession, seeking to champion critical initiatives such as mentoring and flexible study routes. It’s also about recognising the achievements of others.
Many young architects choose or consider leaving the profession.
Empowering architects early on in their careers will foster an environment in which everyone feels a sense of belonging. Success, in my view, involves creating the conditions in which an engaged, diverse and confident cohort of RIBA members can prosper and thrive. I also believe that we need to raise the public profile of the profession, highlighting the incredible value that architects bring to society.
You are a source of hope and a projection surface for many in the industry. After six months in office, do you feel that greater demands are being placed on you?
Of course, the role comes with pressures and demands and there has been a steep learning curve. But I’ve felt grateful to have the support of the wider group of people shaping RIBA’s activities. It’s an honour to be able to set the direction of travel to ensure the profession adapts and thrives in an increasingly challenging marketplace. That’s what I hope to achieve through my Biennial Plan, which sets out five key areas of focus for my presidency.
This Biennial Plan sets priority areas regarding culture, sustainability, and employment, among other things to expand awareness of architecture’s colonial legacy and promote fairer salaries. However, RIBA is a professional membership body with no legal powers over the practice of architecture. It is not a trade union and has limited lobbying power for the profession. Which means do you have to reform architectural practice – for example your desire to end such things as unpaid overtime?
I think that RIBA does have a significant degree of scope and influence – in the UK but also globally. One thing that has become clear to me in my first six months as President is that the profession and the wider built environment sector are rapidly evolving. RIBA is playing a critical role in this evolution. The climate emergency has been a clear priority for RIBA for many years now and the institute has made huge strides in setting standards for architects and collaborating across the wider sector to ensure that these are adopted in practice. And we have a seat at the table with national and regional policymakers.
… And internationally?
Internationally, we are championing partnerships to ensure that knowledge and resources are shared across borders to tackle issues such as the climate impact of rapid urbanisation. This reflects an understanding that the challenges we face today are global in scale. In an increasingly divided world, I believe we must double down on collaboration if we hope to solve them.
Do you see a connection between working conditions and climate action?
This is about the values we embody as architects and what we prioritise. I believe that the onus is on practices to set the benchmark for ethical practice, and a crucial way this is communicated is through the conditions they create for their workers. Similarly, government regulations on sustainable design and development do not currently go far enough – practices have to lead way and advocate within the wider industry for a net zero future. Ultimately, there needs to be a consensus that creating good working conditions, fairly rewarding architects and championing sustainable practices aren’t just moral imperatives – they are all fundamental to fostering a more resilient, and successful profession.
Fakten
Architekten Oki, Muyiwa, London
aus Bauwelt 11.2024
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