Bauwelt

Alles ist Architektur

Mönchengladbacher Hommage an Hans Hollein (1934–2014)

Text: Maier-Solgk, Frank, Düsseldorf

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    Holleins bekanntestes Bauwerk - das städtische Museum Abteiberg in Mönchengladbach (1972 - 1982).

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    Holleins bekanntestes Bauwerk - das städtische Museum Abteiberg in Mönchengladbach (1972 - 1982).

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Hans Hollein und Joseph Beuys bei der Eröffnung des Museums Abteiberg, 1982
Udo Dewies

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Hans Hollein und Joseph Beuys bei der Eröffnung des Museums Abteiberg, 1982

Udo Dewies


Alles ist Architektur

Mönchengladbacher Hommage an Hans Hollein (1934–2014)

Text: Maier-Solgk, Frank, Düsseldorf

Dieser Betrag ist die Kritik einer Ausstellung, die anlässlich des 80. Geburtstags von Hans Hollein, am 30. März, konzipiert wurde. Die Schau im Mönchengladbacher Museum Abteiberg, einem seiner wichtigsten Bauten, zeigt konzeptionelle Arbeiten und Ausstellungs-Re-Inszenierungen vor allem aus den 60er bis 80er Jahren.
Darüber hinaus präsentiert sie den österreichischen Architekten und Pritzker-Preisträger als Hauptfigur eines universellen Künstlertums. Nun ist die Kritik (wie auch die Ausstellung selbst) von den Ereignissen überholt worden: Hans Hollein ist nach längerer Krankheit am 24. April in Wien verstorben.
„Hiermit erkläre ich, daß Hans Hollein Künstler ist“, steht auf der Postkarte, die an einem Durchgang im Museum Abteiberg hängt. Datum 17.7.74, unterzeichnet: Joseph Beuys. Der quasi amtlichen Bestätigung hätte es eigentlich nicht bedurft. Die Ausstellung zum 80. Geburtstag von Hans Hollein, dem Archi­tekten, Pritzker-Preisträger, Designer, Kurator und Propagandisten eines umfassenden Architekturbegriffs, zeigt den Architekten als Künstler. Die Grenzüberschreitung in den Räumen seines längst zur Ikone der Postmoderne erhobenen Mönchengladbacher Museumsbaus ist, um es vorwegzunehmen, originell, wenngleich vielleicht nicht wenig heikel. Die Schau ist eine Kooperation mit dem Österrei­chischen Museum für Angewandte Kunst in Wien, wo Ende Juni gleichsam ihr zweiter Teil eröffnet.
In der Mitte der Eingangsebene des Museums Abteiberg steht das Mobile Büro von 1969, eine aufgeblasene Kunststoffhülle mit Schreibmaschine, Telefon und Schreibtischbrett, die seinerzeit die Zukunft der Arbeit antizipierte und zugleich das Thema der schützenden Behausung anspielt. Das Mobile Büro kann exemplarisch für die Verbindung von plastischer Phantasie und Gesellschaftsanalyse stehen, wie sie damals en vogue wurde; man argumentierte gewissermaßen suggestiv und gestisch – was in größerem Maßstab auch manche der utopischen Architekturen kennzeichnet. Im Saal nebenan wartet das gold-glänzende Figuren-Ensemble der Turnstunde, ein „metaphorisches Welt- und Lebensbild“ und zugleich die Reprise einer Schau von 1983.
Ein anderer Raum re-inszeniert Holleins Beitrag zur documenta 8, 1987: Mit Bildlegenden, die auf Bildformat vergrößert, und Gemälden, die zur Legende geschrumpft sind, stellt er die museale Praxis parodistisch in Frage. Zur Erinnerung: Damals begann man, die Kunst selbst – ohne Erläuterung – sprechen zu lassen. Auch eine Wand mit Reihen von Hämmern, die Wiederholung einer New Yorker Ausstellung von 1976, widmet sich diesem Thema. Daneben lassen sich jedoch auch Landschafts- und Architekturdarstellungen, Hochhaus- und Stadtutopien an Hand von Zeichnungen und Skizzen studieren, die in ihrer räumlichen Tiefe künstlerisch gekonnt sind. Dass man da und dort in der Ausstellung Joseph Beuys begegnet, ist durchaus sinnfällig, entspricht doch schon ihr Titel Alles ist Architektur, der wiederum eine gleichnamige Schau Holleins von 1970 aufgreift, dem Beuys’schen Motto der sozialen Kunst. Die beiden sind als Protagonisten eines umfassen­-den Künstlertums präsent, als Partner im Geiste und entschlossene Utopisten. Man verstand sich; schon 1967 vermittelte Beuys Hollein eine Professur an der Kunstakademie Düsseldorf.
Die Ausstellung ist eine Collage oder, wie die Kuratoren Wilfried Kuehn und Susanne Titz sagen, eine Art „Essay“. Und in der Tat begegnet dem Besucher ein Mix an Ausstellungsformen und Medien: kolorierte Zeichnungen, Modelle, raumfüllende Installationen bzw. Inszenierungen und als Entreé einige auf Stellwände aufgezogene, von Hollein gestaltete Seiten aus dem Magazin Bau, in dem damals die einschlägigen österreichischen Diskussionen stattfanden. Die Strategie der Kuratoren war es, durch szenische Wiederholungen ehemaliger Ausstellungen, durch fotografische Dokumente im Verbund mit den Objekten von einst Erinnerungsspuren zu legen und so wohl vor allem die historische Aura zu vergegenwärtigen. Aus Holleins Wiener Archiv hat man vieles zum ersten Mal hervorgeholt und es geschickt in die Sammlung des Hauses integriert; und natürlich kommt dessen Architektur durch ihre komplex verschachtelte Raumstruktur dieser Ausstellung zugute. Dennoch wird man den Eindruck nicht los, einer allzu nostalgischen Feier beizuwohnen. Die Rückblenden vergegenwärtigen mehr die Stimmungen denn die gesellschaftspolitischen Impulse, die seinerzeit auch zu neuen Überlegungen zum Thema Stadt und in den 80er Jahren nicht zuletzt zu einer ersten Welle von Museumsgründungen geführt hatte. Indem sie diese (bau-) gesellschaftliche Seite ausblendet und etwa auch den Begriff der Postmoderne kaum thematisiert, präsentiert sich Alles ist Architektur als eine zwar ästhetisch prägnante, aber doch eher hermetisch angelegte Rückschau auf die Helden von einst.
Fakten
Architekten Hollein, Hans, (1934-2014)
aus Bauwelt 19.2014
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