Bauwelt

Architektur nicht nur für Architekten

„Testify!“ im DAZ in Berlin

Text: Klingbeil, Kirsten, Berlin

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Foto: Till Budde

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Architektur nicht nur für Architekten

„Testify!“ im DAZ in Berlin

Text: Klingbeil, Kirsten, Berlin

Was soll Architektur? Was kann sie? Mit Fragen wie diesen möchte das Deutsche Architektur Zentrum (DAZ) in Berlin 2012 einen Diskurs anstoßen, der auch Nichtarchitekten ansprechen soll. Die aktuelle Ausstellung „Testify! The Consequences of Architecture“ könnte eine erste mögliche Antwort sein.
Im Fokus der 25 Projekte von „Testify!“ steht das Zusammenspiel von Architektur und sozialem Engagement, durch das eine positive Entwicklung für das Umfeld angestoßen wurde. Kurator Lukas Feireiss kritisiert, Architekten legten zu viel Wert auf den „Money-Shot“, das Hochglanzfoto, ihrer Bauten und blendeten die Bedürfnisse der Nutzer oft aus. Außerdem kehrten sie nach Fertigstellung selten zurück, um zu überprüfen, wie ihre Gebäude angenommen werden – um aus eventuellen Fehlern zu lernen.
Die Ausstellung erinnert an die Dokumentation einer Weltreise: Realisierte Projekte aus aller Herren Ländern sind versammelt – Projekte, bei denen der Fokus auf die Nutzer gerichtet war. Daher sieht man beim Betreten des Ausstellungsraums zuerst Fo­tos und Videos von Menschen. In Interviews berichten Nutzer von der Alltagstauglichkeit der Projekte und von ihrer persönlichen Wahrnehmung. Die Architektur-Zeichnungen und -Fotos liegen auf Tischen und treten damit visuell in die zweiten Reihe. Der Ausstellungsarchitektur, mit dem Berliner Büro nOffice entwickelt, liegt ein cleveres System zugrunde: Tische, Tafeln, Foto- und Videokästen passen zusammengeschoben und -gefaltet in einen Container. Das ist praktisch, da die Ausstellung bereits ihre erste (und hoffentlich nicht letzte) Reise hinter sich hat. Ursprünglich wurde sie für die Wiedereröffnung des sanierten NAi in Rotterdam 2011 konzipiert. Im Taut- Saal des DAZ lässt sich das umfangreiche Ma­terial schwer unterbringen: Die Exponate stehen eng beieinander, manches tief hängende Bild verschwindet aus dem Sichtfeld.
Die Darstellung der Projekte vermittelt dem Betrachter das positive Gefühl, in einer glücklichen Welt zu leben, obwohl Projekte aus Slums, kriegszerstörten Städten, verarmten und verwaisten Orten porträtiert werden. Das Titelfoto des Katalogs zeigt Wohnungen in einer Favela in Rio de Janeiro, die die Künstler Haas & Hahn gemeinsam mit Bewohnern bemalt haben. Mit einem eigenfinanzierten Vorgängerprojekt hatten die Künstler um Spenden für dieses zweite geworben. So konnten sie die Teilneh­mer anlernen und bezahlen. Zudem hatte die Medienaufmerksamkeit dafür gesorgt, dass der zuvor ne­gativ konnotierte Ort positiv wahrgenommen wurde.
Ein Projekt in Timbuktu verdeutlicht, dass die vom Kurator geäußerte Kritik an den Architekten nicht immer auf sie selbst oder ihre Architektur zurückfallen muss. Das Ahmed Baba Centre ist ein Archiv, das historische afrikanische Schriften vor dem Zerfall schützen soll. Lange stand das Archiv leer, ehe es den politisch Verantwortlichen endlich gelang, es an qualifizierte Nutzer zu übergeben.
Im DAZ wird offenkundig: Architekten und Nutzer müssen gemeinsam sicherstellen, dass der Unterhalt des Gebäudes auch künftig gestemmt werden kann. Dazu können Architekten einen Beitrag leisten, so wie es Raumlabor bei ihrer „Eichbaumoper“ (Bauwelt 9.09) getan haben. Die Berliner haben die U-Bahnstation Eichbaum in Mühlheim/Ruhr bei laufendem Betrieb in eine Oper umfunktioniert, in der unterschiedlichste Veranstaltungen stattfinden. Bei ihrem Rückzug aus dem Projekt wurde ein örtlicher Verein etabliert, der die Eichbaumoper auch ohne die Architekten weiterführen kann.

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