Auf den Sockel gehoben
Möbel von Ferdinand Kramer in Frankfurt am Main
Text: Santifaller, Enrico, Frankfurt am Main
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Ferdinand Kramer (1898-1985) war von 1952 bis 1964 Baudirektor der Frankfurter Universität.
Kramer Archiv, Frankfurt am Main
Ferdinand Kramer (1898-1985) war von 1952 bis 1964 Baudirektor der Frankfurter Universität.
Kramer Archiv, Frankfurt am Main
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Vor seiner Emigration in die USA (1938-52) arbeitete er gemeinsam mit Ernst May am Stadtplanungsprogramm "Neues Frankfurt".
Grete Leistikow
Vor seiner Emigration in die USA (1938-52) arbeitete er gemeinsam mit Ernst May am Stadtplanungsprogramm "Neues Frankfurt".
Grete Leistikow
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In dieser Zeit wurde Kramer unter dem Siedlungsdezernenten Ernst May der "Möblierer" des Neuen Frankfurt (Stuhl B 403 F, Thonet 1927).
Martin Pudenz
In dieser Zeit wurde Kramer unter dem Siedlungsdezernenten Ernst May der "Möblierer" des Neuen Frankfurt (Stuhl B 403 F, Thonet 1927).
Martin Pudenz
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Standardisierung, Materialgerechtigkeit, industrielle Massenproduktion und Zweckrationalität waren Kramers Prinzipien (Stuhl B 403, Thonet; 1927).
Daniel Hargesheimer; Designsammlung der Bergischen Universität Wuppertal
Standardisierung, Materialgerechtigkeit, industrielle Massenproduktion und Zweckrationalität waren Kramers Prinzipien (Stuhl B 403, Thonet; 1927).
Daniel Hargesheimer; Designsammlung der Bergischen Universität Wuppertal
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Liege aus Esche massiv/Lederriemen (1925)
Daniel Hargesheimer; Designsammlung der Bergischen Universität Wuppertal
Liege aus Esche massiv/Lederriemen (1925)
Daniel Hargesheimer; Designsammlung der Bergischen Universität Wuppertal
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Einrichtung des Kindergartens Hallgartenstraße mit Kramer-Möbeln (1925)
Kramer Archiv, Frankfurt am Main
Einrichtung des Kindergartens Hallgartenstraße mit Kramer-Möbeln (1925)
Kramer Archiv, Frankfurt am Main
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Einrichtung eines Wohnraums mit Möbeln von Ferdinand Kramer im Reihenhaus Nr. 9 von J.J.P. Oud in der Stuttgarter Weissenhof Siedlung (1927)
Kramer Archiv, Frankfurt am Main
Einrichtung eines Wohnraums mit Möbeln von Ferdinand Kramer im Reihenhaus Nr. 9 von J.J.P. Oud in der Stuttgarter Weissenhof Siedlung (1927)
Kramer Archiv, Frankfurt am Main
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Sofa mit Kramers erster Ehefrau Beate (1926) aus dem 1930 erschienenen Buch "Wie richte ich meine Wohnung ein?" von Wilhelm Lotz
Kramer Archiv, Frankfurt am Main
Sofa mit Kramers erster Ehefrau Beate (1926) aus dem 1930 erschienenen Buch "Wie richte ich meine Wohnung ein?" von Wilhelm Lotz
Kramer Archiv, Frankfurt am Main
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Ähnliche Pose, neuer Sessel (1926)
Kramer Archiv, Frankfurt am Main
Ähnliche Pose, neuer Sessel (1926)
Kramer Archiv, Frankfurt am Main
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Beeinflusst vom amerikanischen Lebensstil ...
Rudy Bleston
Beeinflusst vom amerikanischen Lebensstil ...
Rudy Bleston
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... in seinem New Yorker Exil demontierbare Do-it-yourself-Möbel (Knock-Down-Coffee-Table; 1942).
Rudy Bleston
... in seinem New Yorker Exil demontierbare Do-it-yourself-Möbel (Knock-Down-Coffee-Table; 1942).
Rudy Bleston
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Kramers "Knock-Down-Furniture" waren durch ihre Leichtigkeit sowie Klapp- und Zerlegbarkeit gut zu transportieren (Knock-Down-Couch; 1942).
Kramers "Knock-Down-Furniture" waren durch ihre Leichtigkeit sowie Klapp- und Zerlegbarkeit gut zu transportieren (Knock-Down-Couch; 1942).
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Mit diesem Prinzip der schnellen und leichten (De-)Montierbarkeit ...
Rudy Bleston
Mit diesem Prinzip der schnellen und leichten (De-)Montierbarkeit ...
Rudy Bleston
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... gründete Ingvar Kamprad Jahre später den Weltkonzern IKEA (Sessel aus der Knock-Down-Serie, 1942)
Rudy Bleston
... gründete Ingvar Kamprad Jahre später den Weltkonzern IKEA (Sessel aus der Knock-Down-Serie, 1942)
Rudy Bleston
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Aufgebauter Sessel aus der "Knock-Down-Serie" (1942)
Rudy Bleston
Aufgebauter Sessel aus der "Knock-Down-Serie" (1942)
Rudy Bleston
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Werbung für "Plank and Pegs" (1943)
Rudy Bleston
Werbung für "Plank and Pegs" (1943)
Rudy Bleston
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Put-Away-Garderobe (1943/44)
Kramer Archiv, Frankfurt am Main
Put-Away-Garderobe (1943/44)
Kramer Archiv, Frankfurt am Main
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Würfelelement (1945)
Martin Pudenz; Kramer Archiv Frankfurt am Main
Würfelelement (1945)
Martin Pudenz; Kramer Archiv Frankfurt am Main
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Zeichnung von Ferdinand Kramer für eine "Folding Bar" (1946)
Kramer Archiv, Frankfurt am Main
Zeichnung von Ferdinand Kramer für eine "Folding Bar" (1946)
Kramer Archiv, Frankfurt am Main
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Zeichnung für die Patentanmeldung des Wegwerfschirms aus Papier "Rainbelle" (1948-51)
Zeichnung für die Patentanmeldung des Wegwerfschirms aus Papier "Rainbelle" (1948-51)
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Nachbau eines "Package-Coffee-Table" (1950)
Martin Pudenz; Kramer Archiv Frankfurt am Main
Nachbau eines "Package-Coffee-Table" (1950)
Martin Pudenz; Kramer Archiv Frankfurt am Main
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Arbeits- und Konferenztisch aus dem kd-Programm mit Eron-Stühlen (1959/60)
Universitätsarchiv Frankfurt
Arbeits- und Konferenztisch aus dem kd-Programm mit Eron-Stühlen (1959/60)
Universitätsarchiv Frankfurt
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Tische aus dem kd-Programm (1953/54)
Marc Schwarzer
Tische aus dem kd-Programm (1953/54)
Marc Schwarzer
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Tisch aus dem kd-Programm (um 1959)
Christof Becker; Designsammlung der Bergischen Universität Wuppertal
Tisch aus dem kd-Programm (um 1959)
Christof Becker; Designsammlung der Bergischen Universität Wuppertal
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Der lesenswerte Katalog zur Austellung mit Beiträgen u.a. von Gerda Breuer, Thilo Hilpert sowie Ferdinand und Lore Kramer ist im Wasmuth Verlag erschienen.
LINK
Trebor (1970)/Wasmuth Verlag
Der lesenswerte Katalog zur Austellung mit Beiträgen u.a. von Gerda Breuer, Thilo Hilpert sowie Ferdinand und Lore Kramer ist im Wasmuth Verlag erschienen.
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Trebor (1970)/Wasmuth Verlag
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"Das Prinzip Kramer. Design für den variablen Gebrauch" läuft bis 7. September im Frankfurter
Museum Angewandte Kunst
Kramer Archiv, Frankfurt am Main
"Das Prinzip Kramer. Design für den variablen Gebrauch" läuft bis 7. September im Frankfurter
Museum Angewandte Kunst
Kramer Archiv, Frankfurt am Main
Einrichtung eines Wohnraums mit Möbeln von Kramer im Haus von J.J.P. Oud in der Stuttgarter Weißenhof-Siedlung, 1927
Foto: Kramer Archiv, Frankfurt am Main
Einrichtung eines Wohnraums mit Möbeln von Kramer im Haus von J.J.P. Oud in der Stuttgarter Weißenhof-Siedlung, 1927
Foto: Kramer Archiv, Frankfurt am Main
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Möbel von Ferdinand Kramer in Frankfurt am Main
Text: Santifaller, Enrico, Frankfurt am Main
Der Zeitpunkt ist perfekt. Unmittelbar nachdem sich die Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt am Main mit einem live im Fernsehen übertragenen großen Knall von ihrem alten Campus verabschiedet hat, lädt das dortige Museum Angewandte Kunst zu einer Ausstellung über Ferdinand Kramer (1898–1985) ein, den Erbauer eben dieses Campus.
Während heute, von einem hohen Zaun umschlossen, im neuen „Campus Westend“ hinter den schicken Natursteintapeten einer Stiftungshochschule studiert wird, erinnert die Schau an den bescheidenen Charme der Wiederaufbauepoche. Gezeigt wird nicht der Architekt Kramer, nach dessen Plänen allein für die Universität 23 Gebäude errichtet wurden, sondern der Designer von Möbeln und Interieurs. Das Museum möchte das Werk von einem „der wichtigsten Architekten und Designer der deutschen Gestaltungsmoderne“ präsentieren – ein Anliegen, das drei raumgreifende Podeste unterstützen, auf die die Exponate gehoben wurden.
Die Ausstellung ist chronologisch gegliedert. Die erste Abteilung dokumentiert Kramers Arbeiten, als er von 1925 an in der Abteilung Typisierung des Frankfurter Hochbauamtes arbeitete. Mit seinem Beitrag zur Werkbundausstellung „Die Form“ im Jahr zuvor in Stuttgart war Kramer dem zwölf Jahre älteren Ernst May aufgefallen – auch er Frankfurter und Theodor-Fischer-Schüler. Als May am Main Siedlungsdezernent wurde, stieg Kramer zum Möblierer des Neuen Frankfurt auf. Er stattete die Siedlungen mit Öfen aus, mit Türdrückern, Fensteroliven und Leuchten, Tischen und Stühlen. Immer orientiert an Prinzipien, die in den 20er Jahren diskutiert wurden: Standardisierung, Materialgerechtigkeit, industrielle Massenproduktion, Zweckrationalität usw. Im Vergleich zum frühen Bauhaus waren Kramers Möbel reduzierter und aus weniger exklusiven Materialien hergestellt.
Adolf Loos war Kramer Freund und Vorbild zugleich. Wie dieser respektierte Kramer anonyme Handwerkstraditionen, übernahm Existierendes und adaptierte es nach seinen Vorstellungen. Dieser unprätentiöse Zug verhalf Kramer in den USA, wohin er 1938 seiner jüdischen Frau folgte, rasch zu Erfolg und Ansehen. Vor allem der mobile Lebensstil der Amerikaner beeinflusste ihn: Zur Klarheit und Rationalität seiner Möbel kam nun die rasche (De-)Montierbarkeit und eine Do-it-yourself-Komponente. Seine „knock-down-furniture“ waren nicht nur leicht, sondern auch klapp- und zusammenlegbar und damit gut zu transportieren. Ein Prinzip, mit dem ein schwedischer Unternehmer namens Ingvar Kamprad Jahre später einen Weltkonzern aufbauen sollte.
Ferdinand Kramer, der im Exil eine steile Karriere machte, kam auf Bitten von Max Horkheimer und Theodor W. Adorno 1952 in seine Heimatstadt zurück. Dort avancierte er zum Leiter des Universitätsbauamts. Auch wenn sich sein Traum eines am Stadtrand gelegenen Campus im Grünen nicht erfüllte, so schuf Kramer doch im Stadtteil Bockenheim eine „Insel der Moderne“ (Astrid Hansen). Seine Gebäude brachten mit sichtbaren Stahlskeletten, unverkleideten Außenstützen und Gefachen aus Glas, meist beigen Klinkern oder wie im Philosophicum aus Sichtbeton einen ganz neuen – bis heute kaum verstandenen – Ton in das Frankfurter Baugeschehen ein. Und Kramer konnte seine Gebäude auch möblieren. Dazu griff er auf Serien zurück, die er schon fürs Neue Frankfurt und in den USA entwickelt hatte, übernahm aber auch Möbel von Charles und Ray Eames sowie von Egon Eiermann und von anonymen Möbelherstellern. Um der Brauchbarkeit, Flexibilität und eines günstigen Preises willen verzichtete Kramer einmal mehr auf den umfassenden Autorenanspruch, vom Sofakissen bis zum Städtebau alles selbst gestalten zu wollen.
Gebrauchswert versus Status
Die Gastkuratorin der Ausstellung Gerda Breuer, Professorin für Designgeschichte in Wuppertal, arbeitet die „Statusindifferenz“ von Kramers Design heraus. Ob Hörsaal oder Rektoratszimmer, ob Studentenwohnheim, das eigene Haus oder eine edle Bankiers-Villa im Vordertaunus (die er für seinen Jugendfreund Albert von Metzler baute), Kramer richtete seine Gebäude immer mit dem gleichen Mobiliar ein. Gebrauchswert galt ihm mehr als sozialer Status – was nicht jedem gefiel. Horkheimer etwa lies Kramers Möbel wieder entfernen und kehrte zum Neo-Biedermeier zurück. Was der überaus gelungenen Ausstellung leider fehlt, ist der späte Kramer. Dass er kein Freund der Postmoderne war, geht aus einer 1980 erschienenen Schrift hervor. Ob und wie er beispielsweise auf die Funktionalismus-Kritik seines Jugendfreundes Adorno reagiert hat, würde man denn doch gerne wissen. Dass es mit der Ausstellung gelingen könnte, Kramer in den Rang einer internationalen Design-Ikone zu erheben, ist eher unwahrscheinlich: Seine Möbel sind letztlich zu nüchtern und unspektakulär. Reichen würde es schon, wann man in Frankfurt seinen Gebäuden etwas mehr Respekt entgegenbrächte. Dann könnten vielleicht einige, die dem Abriss geweiht sind, gerettet werden.
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