Baugeschichte im Selbstversuch
Text: Friedrich, Jan, Berlin
Baugeschichte im Selbstversuch
Text: Friedrich, Jan, Berlin
Die Schweizer Stiftung Ferien im Baudenkmal renoviert gefährdete denkmalgeschützte Häuser und vermietet sie zu bezahlbaren Preisen an Urlauber. Eine Denkmalpflege-Initiative, die man sich auch anderorts wünscht.
Denkmalgeschützte Häuser, die leerstehen; die verfallen und vom Abriss bedroht sind. In der Schweiz? Ungläubiges Staunen schwappt dem Autor entgegen, als er berichtet, worauf er während der Urlaubsplanung gestoßen ist: die Stiftung Ferien im Baudenkmal. Die Eidgenossen, so unterstellt das Vorurteil, pflegten ihre Städte und Dörfer eher ein Quäntchen zu viel als zu wenig. Braucht es da eine Initiative, die Denkmäler zu retten versucht, indem sie sie als Ferienwohnung vermietet?
Durchaus – beweist ein Blick auf die Website des Schweizer Heimatschutzes: Knapp 170 Einträge führt die dort zusammengetragene rote Liste gefährdeter Gebäude; ein Kleinbauernhaus bei Basel aus dem 16. Jahrhundert findet sich ebenso wie die gründerzeitliche Station einer Standseilbahn in Lugano oder ein moderner Gewerbebau in Luzern von 1930. Als „führende Schweizer Non-Profit-Organisation im Bereich Baukultur“, bezeichnet sich der Schweizer Heimatschutz in seiner Selbstdarstellung. Auch wenn der Name des 1905 gegründeten Vereins ein wenig danach klingen mag – die heute 27.000 Mitglieder sind keine Heimat-Tümler: Sie setzen sich dafür ein, dass „Baudenkmäler aus verschiedenen Epochen vor dem Abbruch bewahrt werden und weiterleben“, verstehen sich gleichzeitig aber auch als „Förderer zeitgemäßer Architektur bei Neubauten“; seit 1972 verleiht der Verein jährlich einer Gemeinde in der Schweiz den renommierten Wakkerpreis für „vorbildliche Leistungen in der Siedlungsentwicklung“.
2005, anlässlich des 100-jährigen Jubiläums, gründete der Schweizer Heimatschutz die Stiftung Ferien im Baudenkmal. Deren Ziel ist es, gefährdete Denkmäler zu übernehmen, denkmalgerecht zu sanieren, wenn nötig – behutsam – so zu verändern, dass sie sich als Ferienunterkunft nutzen lassen, und an Urlauber zu vermieten. Inspirieren ließ man sich vom „Holiday Cottages“-Programm des britischen National Trust.
Die Idee, Tourismus und Denkmalpflege auf diese Weise zu verknüpfen, liegt im Grunde nahe, denn die Belange von Baudenkmälern lassen sich hervorragend in Einklang bringen mit dem Bedürfnis vieler Touristen nach dem, was sich – etwas abgegriffen, aber treffend – mit „Authentizität“ und „Entschleunigung“ bezeichnen lässt. Zum einen liegen leerstehende Häuser oft an abgelegenen Orten, die zwar wunderschön sind, aber den Einwohnern keine wirtschaftliche Lebensgrundlage mehr bieten. Das spricht dagegen, dauerhaft dort zu wohnen, aber ebenso dafür, dort Urlaub zu machen, um ab vom Schuss der Hektik des Alltags zu entfliehen. Zum anderen stehen alte Häuser bekanntlich meist deshalb leer, weil sie heutigen Wohnansprüchen nicht mehr genügen. Baut man sie aber entsprechend um, ist schnell ein Punkt erreicht, an dem die Eingriffe den Denkmalwert in Frage stellen. Für ein Ferienhaus ist eine so starke Veränderung der Substanz nicht zwingend: Im Urlaub, für ein, zwei Wochen, nimmt der sanfte Tourist auch mal Wohnräume in Kauf, die so niedrig sind, dass er eben noch darin stehen kann; auch irrwitzig steile Treppchen und winzige Fenster schrecken ihn nicht. Im Gegenteil – für begrenzte Zeit erfährt er gerne am eigenen Leib, wie es sich in einem Walliser Blockhaus aus dem 16. oder in einem typischen Tessiner Stadthaus aus dem 17. Jahrhundert lebt. Mit einer Einschränkung vielleicht: Ein ordentliches Bad sollte eingebaut worden sein.
Die Stiftung Ferien im Baudenkmal vermietet inzwischen 17 Ferienwohnungen in dreizehn Häusern. Das Angebot reicht von einer zum „Loft“ für zwei Personen umgebauten 200 Jahre alten Scheune oberhalb des Thuner Sees mit grandiosem Blick auf die Viertausender Jungfrau, Mönch und Eiger (vom Autor im Selbstversuch überprüft) über ein Fachwerkhaus am Zürichsee aus dem 18. Jahrhundert für sechs Personen bis zum traditionellen Blockhaus im Wallis aus dem 16. Jahrhundert, in dem bis zu zehn Personen Platz finden. Nicht alle diese Häuser sind Eigentum der Stiftung, zum Teil gehören sie Privatleuten oder regionalen Organisationen, die sich um den Erhalt von Denkmälern kümmern; doch sofern die Gebäude den Denkmalschutz-Kriterien der Stiftung entsprechen, nimmt sie sie in ihr Programm auf.
Mit den Mieteinnahmen erwirtschaftet die Stiftung Ferien im Baudenkmal allein die Betriebskosten. Im vergangenen Jahr lag die durchschnittliche Auslastung bei 53 Prozent; für Ferienwohnungen ist das nicht schlecht. Um in ihre Denkmäler zu investieren, ist die Stiftung auf Spenden angewiesen. Und die fließen, auch im neuntreichsten Land der Welt, nicht allzu üppig. Da ist Kreativität bei der Geldbeschaffung gefragt. Etwa beim „Türalihus“, einem barocken Bürgerhaus in Valendas/Graubünden, das die Stiftung vor fünf Jahren vom Architekten Valerio Olgiati gekauft hat. Um nach der Fassade endlich auch die Innenräume renovieren zu können – es fehlt gut eine halbe Million Schweizer Franken – wurde ein Darlehensaufruf gestartet: Mit einem zweckgebundenen Darlehen ab 5000 Franken über mindestens fünf Jahre Laufzeit kann jeder mithelfen, das Türalihus zu renovieren. Wenn es fertig ist, gibt es zum Dank eine Erwähnung auf der Gönnertafel im Haus und einen Nachlass auf die Miete in den Häusern der Stiftung.
Durchaus – beweist ein Blick auf die Website des Schweizer Heimatschutzes: Knapp 170 Einträge führt die dort zusammengetragene rote Liste gefährdeter Gebäude; ein Kleinbauernhaus bei Basel aus dem 16. Jahrhundert findet sich ebenso wie die gründerzeitliche Station einer Standseilbahn in Lugano oder ein moderner Gewerbebau in Luzern von 1930. Als „führende Schweizer Non-Profit-Organisation im Bereich Baukultur“, bezeichnet sich der Schweizer Heimatschutz in seiner Selbstdarstellung. Auch wenn der Name des 1905 gegründeten Vereins ein wenig danach klingen mag – die heute 27.000 Mitglieder sind keine Heimat-Tümler: Sie setzen sich dafür ein, dass „Baudenkmäler aus verschiedenen Epochen vor dem Abbruch bewahrt werden und weiterleben“, verstehen sich gleichzeitig aber auch als „Förderer zeitgemäßer Architektur bei Neubauten“; seit 1972 verleiht der Verein jährlich einer Gemeinde in der Schweiz den renommierten Wakkerpreis für „vorbildliche Leistungen in der Siedlungsentwicklung“.
2005, anlässlich des 100-jährigen Jubiläums, gründete der Schweizer Heimatschutz die Stiftung Ferien im Baudenkmal. Deren Ziel ist es, gefährdete Denkmäler zu übernehmen, denkmalgerecht zu sanieren, wenn nötig – behutsam – so zu verändern, dass sie sich als Ferienunterkunft nutzen lassen, und an Urlauber zu vermieten. Inspirieren ließ man sich vom „Holiday Cottages“-Programm des britischen National Trust.
Die Idee, Tourismus und Denkmalpflege auf diese Weise zu verknüpfen, liegt im Grunde nahe, denn die Belange von Baudenkmälern lassen sich hervorragend in Einklang bringen mit dem Bedürfnis vieler Touristen nach dem, was sich – etwas abgegriffen, aber treffend – mit „Authentizität“ und „Entschleunigung“ bezeichnen lässt. Zum einen liegen leerstehende Häuser oft an abgelegenen Orten, die zwar wunderschön sind, aber den Einwohnern keine wirtschaftliche Lebensgrundlage mehr bieten. Das spricht dagegen, dauerhaft dort zu wohnen, aber ebenso dafür, dort Urlaub zu machen, um ab vom Schuss der Hektik des Alltags zu entfliehen. Zum anderen stehen alte Häuser bekanntlich meist deshalb leer, weil sie heutigen Wohnansprüchen nicht mehr genügen. Baut man sie aber entsprechend um, ist schnell ein Punkt erreicht, an dem die Eingriffe den Denkmalwert in Frage stellen. Für ein Ferienhaus ist eine so starke Veränderung der Substanz nicht zwingend: Im Urlaub, für ein, zwei Wochen, nimmt der sanfte Tourist auch mal Wohnräume in Kauf, die so niedrig sind, dass er eben noch darin stehen kann; auch irrwitzig steile Treppchen und winzige Fenster schrecken ihn nicht. Im Gegenteil – für begrenzte Zeit erfährt er gerne am eigenen Leib, wie es sich in einem Walliser Blockhaus aus dem 16. oder in einem typischen Tessiner Stadthaus aus dem 17. Jahrhundert lebt. Mit einer Einschränkung vielleicht: Ein ordentliches Bad sollte eingebaut worden sein.
Die Stiftung Ferien im Baudenkmal vermietet inzwischen 17 Ferienwohnungen in dreizehn Häusern. Das Angebot reicht von einer zum „Loft“ für zwei Personen umgebauten 200 Jahre alten Scheune oberhalb des Thuner Sees mit grandiosem Blick auf die Viertausender Jungfrau, Mönch und Eiger (vom Autor im Selbstversuch überprüft) über ein Fachwerkhaus am Zürichsee aus dem 18. Jahrhundert für sechs Personen bis zum traditionellen Blockhaus im Wallis aus dem 16. Jahrhundert, in dem bis zu zehn Personen Platz finden. Nicht alle diese Häuser sind Eigentum der Stiftung, zum Teil gehören sie Privatleuten oder regionalen Organisationen, die sich um den Erhalt von Denkmälern kümmern; doch sofern die Gebäude den Denkmalschutz-Kriterien der Stiftung entsprechen, nimmt sie sie in ihr Programm auf.
Mit den Mieteinnahmen erwirtschaftet die Stiftung Ferien im Baudenkmal allein die Betriebskosten. Im vergangenen Jahr lag die durchschnittliche Auslastung bei 53 Prozent; für Ferienwohnungen ist das nicht schlecht. Um in ihre Denkmäler zu investieren, ist die Stiftung auf Spenden angewiesen. Und die fließen, auch im neuntreichsten Land der Welt, nicht allzu üppig. Da ist Kreativität bei der Geldbeschaffung gefragt. Etwa beim „Türalihus“, einem barocken Bürgerhaus in Valendas/Graubünden, das die Stiftung vor fünf Jahren vom Architekten Valerio Olgiati gekauft hat. Um nach der Fassade endlich auch die Innenräume renovieren zu können – es fehlt gut eine halbe Million Schweizer Franken – wurde ein Darlehensaufruf gestartet: Mit einem zweckgebundenen Darlehen ab 5000 Franken über mindestens fünf Jahre Laufzeit kann jeder mithelfen, das Türalihus zu renovieren. Wenn es fertig ist, gibt es zum Dank eine Erwähnung auf der Gönnertafel im Haus und einen Nachlass auf die Miete in den Häusern der Stiftung.
0 Kommentare