ČSOB-Bank
Text: Okamura, Osamu, Brünn
ČSOB-Bank
Text: Okamura, Osamu, Brünn
Osamu Okamura hat als Aushängeschild der neuen tschechischen Architektur einen großen Bürobau parat, dessen Dach als grünes Gewächshaus gestaltet ist. Realisiert wurde ein teils verglaster, teils offener Urwald, ein durch und durch grünes Plateau, das mit den weiter entfernten, bewaldeten Hängen zu einer optischen Einheit verschmilzt.
Das große Niedrigenergie-Bürohaus der ČSOB, 2007 realisiert, setzte neue Standards für nachhaltiges Bauen in Tschechien, hat aber auch eine deutlich veränderte Ästhetik im architektonischen Umgang mit dieser Bauaufgabe zu bieten. Der Bauplatz im Radlice-Seitental liegt noch im Prager Innenstadtbereich, die Metro hält vor der Haustür. Wegen eines bereits ausgebauten Tunnels hatte die Metro allerdings die Nutzung des Bauplatzes über Jahre hinweg verhindert. Nur indem die Gebäudefundamente als ausgeklügelte Brückenkonstruktion realisiert wurden, konnte das brachliegende Gelände überhaupt Arbeitsplatz für 2400 Angestellte werden. Hinsichtlich Stadtnähe und Einbindung in die Natur bot der Standort ein Ausnahmegrundstück – diese beiden gegensätzlichen Paramter prägten auch das Entwurfskonzept des Architekten. Es sah einen kompakten, niedrigen Gebäuderiegel vor, der sich in flachen, unauffälligen Stufen den Hang hinabtreppt, so dass der schlichte und zurückhaltende Gebäudekorpus die Talsohle weitgehend ausfüllt. Das Gesamtvolumen ist durch Innenhöfe und Atrien in sechs Unterbereiche gegliedert. Der Architekt spricht in Bezug auf die Form von primär städtischen Strukturen, von „Straßen“, „Promenaden“ und „Plätzen“.
Aufgrund der Hanglage wurde das Dach schon von seiner städtebaulichen Funktion her zu einer „fünften Fassade“, die folgerichtig als Grünfläche bzw. Dachterrasse ausgestaltet wurde. Sie steht den Angestellten nicht nur als Pausenraum, sondern auch als Alternative zum eigenen Arbeitsplatz zur Verfügung. Auch kleine Konferenzräume sind hier eingerichtet. Die Bäume und Stauden kaschieren nicht nur die Aufbauten der Klimaanlage, de facto bilden sie ein wirksames Mimikry für das gesamte Gebäude. Je höher die Vegetation hier künftig wuchert, – der gesamte Unterbau ist so angelegt, dass hier urwaldähnliche Zustände möglich werden – desto gründlicher verschwindet der Bau darunter, die Architektur geht eine Symbiose mit der Natur ein.
Die gewohnte architektonische Rhetorik der Handelskontore ist bei diesem Bau mithin auf ein Minimum reduziert. Interessant war in Prag die Diskussion um die Qualitäten, die dieser Bau hat. Im Vordergrund steht die Ethik eines qualitativ hochwertigen Arbeitsumfelds, doch mit einer anderen Einstellung zur Technik. Ein in allen Details und auch mit einer bewussten Ästhetik „bescheiden“ auftretender Ansatz ersetzt das über Jahre hinweg übliche, auf Effekt abzielende Ambiente von Banken und Wirtschaftsinstitutionen mit technologisch durchdachten Lösungen. Auch dieser Bau bietet zwar den üblichen hohen Standard: große gläserne Fensterfronten, clever gesteuerte Sonnenschutzlamellen etc. Aber die Intention dieser aufwendigen Technik tritt in den Hintergrund, und das wilde Grün zeigt einen unkonventionellen Umgang mit den lange Zeit eher unbeweglichen architektonischen Ausdrucksformen der Corporate Culture. Man könnte es salopp so formulieren: Wenn wir nicht in Verantwortung für unsere Umwelt leben, kann alles Geld der Welt uns nicht retten.
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