Der Bauch von München
Hundert Jahre Großmarkthalle
Text: Paul, Jochen, München
Der Bauch von München
Hundert Jahre Großmarkthalle
Text: Paul, Jochen, München
Das 31 Hektar große Areal an der Thalkirchner Straße ist den Münchnern, die selbst nicht dort arbeiten, weitgehend unbekannt: Der Großmarkt – bei einem Jahresumschlag von 700.000 Tonnen nach Paris-Rungis und der Unidad Agroalimentaria in Barcelona der drittgrößte Handelsplatz für Lebensmittel und Blumen in Europa – ist für die Öffentlichkeit nicht zugänglich.
Zur Einweihung am 14. Februar 1912 waren die vier von Richard Schachner (1873–1936) errichteten Markthallen nicht nur Deutschlands größter Eisenbetonbau, sondern als Ikone einer funktionalistischen Industriearchitektur durchaus vergleichbar mit Peter Behrens’ AEG Turbinenhalle. Im Zweiten Weltkrieg wurde der Großmarkt zu 80 Prozent zerstört. Von den markanten Spitzbogendächern der vier Hallen ist nur eines erhalten, die drei anderen Hallen wurden vereinfacht wieder aufgebaut.
Als die Direktion der Münchner Markthallen das Münchner Stadtmuseum wegen der Ausstellung kontaktierte, mussten die Kuratorinnen, Ursula Eymold und Nana Koschnick, feststellen, dass sich das Projekt nur eingeschränkt aus der eigenen Sammlung realisieren ließ: Bis in die jüngste Vergangenheit klammerte das Münchner Selbstbild die Themen Industrie und Wirtschaft weitgehend aus. Zur Basis ihrer Recherche wurde deshalb die wirtschaftshistorische Dissertation eines Großmarkthändlers, Hans Widmann, über seinen „Arbeitsplatz“. Das Problem der fehlenden Exponate lösten Eymold und Koschnick, indem sie die Sonderausstellungsfläche im Stadtmuseum in ein begehbares Diorama um die Themen Masse, Frische und Bewegung verwandelten – unter Rückgriff auf eine Vielzahl von Obstkisten und sämtliche Dokumentarfilme, die seit 1958 über den „Bauch von München“ gedreht wurden.
Zudem stellen sie das Thema Großmarkt in den stadtentwicklungsgeschichtlichen Kontext: die fundamentale Veränderung der Lebensmittelversorgung vor dem Hintergrund von Münchens Entwicklung zur Großstadt in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Von 1851 bis 1912 war die Bevölkerung von 90.000 auf 615.000 Einwohner gewachsen, zwischen 1870 und 1890 hatte sie sich verdoppelt – was die bestehenden Marktplätze Viktualienmarkt und Schrannenhalle zunehmend überforderte.
Ein Jahrhundert nach der Inbetriebnahme steht der Großmarkt trotz zahlreicher Erweiterungen vor einer grundlegenden Sanierung oder einem Neubau; bis 2016 soll das Projekt abgeschlossen sein. In der Ausstellung heißt es dazu: „Die aktuelle politische Diskussion in den städtischen Gremien lässt derzeit die Präsentation des Planungsstands nicht zu. Neue Beschlüsse und Ergebnisse sollen während der Laufzeit der Ausstellung ergänzt werden.“ Damit ist trotz einer Verlängerung um sechs Wochen nicht mehr zu rechnen – immerhin sind Diplomarbeiten zu sehen, die sich 2010 an der TU München mit dem Großmarkt beschäftigten. Aber auch das Zaudern hat Tradition: Der Gründung des Großmarkts 1912 gingen zwei Jahrzehnte des Abwägens voraus.
Als die Direktion der Münchner Markthallen das Münchner Stadtmuseum wegen der Ausstellung kontaktierte, mussten die Kuratorinnen, Ursula Eymold und Nana Koschnick, feststellen, dass sich das Projekt nur eingeschränkt aus der eigenen Sammlung realisieren ließ: Bis in die jüngste Vergangenheit klammerte das Münchner Selbstbild die Themen Industrie und Wirtschaft weitgehend aus. Zur Basis ihrer Recherche wurde deshalb die wirtschaftshistorische Dissertation eines Großmarkthändlers, Hans Widmann, über seinen „Arbeitsplatz“. Das Problem der fehlenden Exponate lösten Eymold und Koschnick, indem sie die Sonderausstellungsfläche im Stadtmuseum in ein begehbares Diorama um die Themen Masse, Frische und Bewegung verwandelten – unter Rückgriff auf eine Vielzahl von Obstkisten und sämtliche Dokumentarfilme, die seit 1958 über den „Bauch von München“ gedreht wurden.
Zudem stellen sie das Thema Großmarkt in den stadtentwicklungsgeschichtlichen Kontext: die fundamentale Veränderung der Lebensmittelversorgung vor dem Hintergrund von Münchens Entwicklung zur Großstadt in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Von 1851 bis 1912 war die Bevölkerung von 90.000 auf 615.000 Einwohner gewachsen, zwischen 1870 und 1890 hatte sie sich verdoppelt – was die bestehenden Marktplätze Viktualienmarkt und Schrannenhalle zunehmend überforderte.
Ein Jahrhundert nach der Inbetriebnahme steht der Großmarkt trotz zahlreicher Erweiterungen vor einer grundlegenden Sanierung oder einem Neubau; bis 2016 soll das Projekt abgeschlossen sein. In der Ausstellung heißt es dazu: „Die aktuelle politische Diskussion in den städtischen Gremien lässt derzeit die Präsentation des Planungsstands nicht zu. Neue Beschlüsse und Ergebnisse sollen während der Laufzeit der Ausstellung ergänzt werden.“ Damit ist trotz einer Verlängerung um sechs Wochen nicht mehr zu rechnen – immerhin sind Diplomarbeiten zu sehen, die sich 2010 an der TU München mit dem Großmarkt beschäftigten. Aber auch das Zaudern hat Tradition: Der Gründung des Großmarkts 1912 gingen zwei Jahrzehnte des Abwägens voraus.
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