Der Inszenierer
Carlo-Mollino-Retrospektive im Münchner Haus der Kunst
Text: Kasiske, Michael, Berlin
Der Inszenierer
Carlo-Mollino-Retrospektive im Münchner Haus der Kunst
Text: Kasiske, Michael, Berlin
Das Ausstellungsplakat zeigt Carlo Mollino im Alter von etwa 45 Jahren. Er trägt einen schwarzen Anzug mit einer weich gebundenen Fliege über dem weißen Hemd, hat das linke Bein lässig über das rechte gelegt, die linke Hand auf die rechte gepresst, seine Mimik wirkt gleichzeitig distanziert und entschlossen.
Das Münchner Haus der Kunst zeigt das schwer einzuordnende Werk des Turiner Architekten – Bauten, Interieurs, Möbel und Fotografien aus der Zeit von Mitte der 30er bis Mitte der 60er Jahre – unter dem Titel „Maniera Moderna.“ Die Ausstellung beginnt mit dem Rennwagen Bisiluro („Doppeltorpedo“), den Mollino 1955 zusammen mit dem Ingenieur Enrico Nardi und dem Rennfahrer Mario Damonte entwickelte. Auffallend sind die asymmetrische Anordnung von Motor und Fahrer innerhalb der aerodynamisch geformten Karosserie. Dass der Prototyp Geschwindigkeitsrekorde aufstellte, wegen seines geringen Gewichts von gerade 450 Kilogramm aber vom Fahrtwind der schnelleren Rennwagen in Le Mans von der Piste geschleudert und deshalb nicht weiterentwickelt wurde, bleibt in der Schau unerwähnt. Ebenso der Umstand, dass Autos in der Folge zu einem integralen Element in Mollinos Architektur wurden: In der Tradition von Lingotto, dem legendären Turiner FIAT-Werk, entwarf er befahrbare Theater und Banken, den Sitz der örtlichen Handelskammer realisierte als über einer Parkpalette schwebendes Gebäude. Die Kuratoren der Ausstellung, der Architekt Wilfried Kühn und der Künstler Armin Linke, präsentieren den Bisiluro wie auch die vielen anderen Objekte zu den Themen „alpine und theatralische Architekturen“, „Fotografie und Inszenierungen“, „Möbel und Interieurs“ ganz bewusst als Kunstgegenstände.
Das Primat des wirkungsvollen Arrangements
Mollinos langjährige zeichnerische Analysen traditioneller Bauten im Aostatal münden noch in originär architektonische und konstruktive Lösungen: die Casa del Sole in Cervinia (1955), eine feingliedrige Wohnanlage ganz im Stil der Zeit, und die Casa Garelli in Champoluc (1965), deren Korpus aus einem demontierten Heuschober in Blockhausbauweise besteht. Das bizarr-verspielte Interieur des Ballsaals Lutrario (1959/60) oder das Turiner Nuovo Teatro Regio (1965–73) in seiner in grelles Rot getauchten, organisch geformten Prächtigkeit hingegen wirken, als seien sie allein auf das Ziel einer anschließenden fotografischen Inszenierung durch die Hand des leidenschaftlichen Fotografen Mollino hin arrangiert. Eine Auswahl seiner Fotos wird in der Schau chronologisch präsentiert, von den frühen atmosphärischen Interieurfotografien bis zu den späten erotischen Polaroids. Dass es Mollino neben dem realen Raum tatsächlich mindestens ebenso um dessen zweidimensionale Visualisierung gegangen ist, legen auch die Fotomontagen seiner bereits fertiggestellten Bauten bzw. die Retuschen an deren Fotos nahe.
Aus wohlhabender Familie stammend, war Carlo Mollino finanziell unabhängig. Zielstrebig hat er sich ausschließlich mit dem beschäftigt, was ihn interessierte. Das Extrakt dieser Leidenschaften ist wohl seine in den letzten Lebensjahren eingerichtete Wohnung, das heutige Museo Casa Mollino (Bauwelt 9.2011). In einer Art Fotohomestory stellt Fulvio Ferrari, der das Museum mit seinem Sohn Napoleone unterhält, den Ausstellungsbesuchern das Arrangement kurioser Dinge wie den Kamin in einer Spiegelwand oder das Riesenmuschelschalen-Paar vor. Es anzuschauen, ob als Diaschau in München oder in realiter in Turin, ist höchst unterhaltsam und anregend.
Das Primat des wirkungsvollen Arrangements
Mollinos langjährige zeichnerische Analysen traditioneller Bauten im Aostatal münden noch in originär architektonische und konstruktive Lösungen: die Casa del Sole in Cervinia (1955), eine feingliedrige Wohnanlage ganz im Stil der Zeit, und die Casa Garelli in Champoluc (1965), deren Korpus aus einem demontierten Heuschober in Blockhausbauweise besteht. Das bizarr-verspielte Interieur des Ballsaals Lutrario (1959/60) oder das Turiner Nuovo Teatro Regio (1965–73) in seiner in grelles Rot getauchten, organisch geformten Prächtigkeit hingegen wirken, als seien sie allein auf das Ziel einer anschließenden fotografischen Inszenierung durch die Hand des leidenschaftlichen Fotografen Mollino hin arrangiert. Eine Auswahl seiner Fotos wird in der Schau chronologisch präsentiert, von den frühen atmosphärischen Interieurfotografien bis zu den späten erotischen Polaroids. Dass es Mollino neben dem realen Raum tatsächlich mindestens ebenso um dessen zweidimensionale Visualisierung gegangen ist, legen auch die Fotomontagen seiner bereits fertiggestellten Bauten bzw. die Retuschen an deren Fotos nahe.
Aus wohlhabender Familie stammend, war Carlo Mollino finanziell unabhängig. Zielstrebig hat er sich ausschließlich mit dem beschäftigt, was ihn interessierte. Das Extrakt dieser Leidenschaften ist wohl seine in den letzten Lebensjahren eingerichtete Wohnung, das heutige Museo Casa Mollino (Bauwelt 9.2011). In einer Art Fotohomestory stellt Fulvio Ferrari, der das Museum mit seinem Sohn Napoleone unterhält, den Ausstellungsbesuchern das Arrangement kurioser Dinge wie den Kamin in einer Spiegelwand oder das Riesenmuschelschalen-Paar vor. Es anzuschauen, ob als Diaschau in München oder in realiter in Turin, ist höchst unterhaltsam und anregend.
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