Die Forscher am Bahnhof
Haus der Zukunft in Berlin
Text: Frank, Annette, Berlin
Die Forscher am Bahnhof
Haus der Zukunft in Berlin
Text: Frank, Annette, Berlin
In Berlin, in der Nähe des Hauptbahnhofs, plant das Bundesministerium für Bildung und Forschung direkt neben seinem Neubau ein „Haus der Zukunft“. Es soll den Besuchern neueste Entwicklungen aus Wissenschaft und Forschung nahebringen. In einem offenen Wettbewerb gewann das junge Berliner Büro Jan Musikowski Architekten.
Wer heute mit der S-Bahn zwischen Berliner Hauptbahnhof und Friedrichsstraße unterwegs ist, sieht keinen Bundespressestrand mehr, sondern Baukräne und Betonscheiben. Sie gehören zum Neubau für das Bundesministerium für Bildung und Forschung, der von Heinle, Wischer und Partner geplant wurde und 2014 fertig sein soll. Auf dem dreieckigen Grundstück westlich davon soll entsprechend eines Beschlusses im Koalitionsvertrag vom Oktober 2009 das „Haus der Zukunft“ entstehen. Was damit gemeint ist, formuliert die Auslobung eines zweiphasigen offenen Wettbewerbs: weder ein Museum, noch ein Science Center soll es sein, sondern vielmehr eine Plattform, wo Forscher und Wissenschaftsinteressierte sich austauschen und ihre Projekte präsentieren können. Rund 7000 m² umfasst das Raumprogramm, flexibel nutzbare Veranstaltungs- und Ausstellungsräume, Themengalerien und Themeninseln. Zugleich soll das Haus mit einem nachhaltigen Energiekonzept und durchgängiger Barrierefreiheit ein Vorbild für zukunftsweisendes Bauen darstellen. Das Besondere: Dieses Haus wird, wie auch der Ministeriumsneubau, als Öffentlich-Private Partnerschaft (ÖPP) geplant, gebaut, finanziert und betrieben werden – ein Novum für zivile Bundesbauten in Deutschland.
Tortenstücke und Spaceshuttle
Wie dieses Finanzierungsmodell, das Raumprogramm und der Titel „Haus der Zukunft“ architektonisch übersetzt werden können, damit hatten sich 162 Teilnehmer in der ersten offenen Phase des Wettbewerbs befasst. 21 Arbeiten wurden für die zweite Phase ausgewählt.
Das dreieckige Grundstück habe zahlreiche Teilnehmer dazu verleitet, Tortenstücke zu kreieren, sagte Jurymitglied Volker Staab bei der Ausstellungseröffnung. Vorschläge hingegen, die nicht die komplette Fläche einnehmen, sondern auch einen Platz ausbilden, seien wesentlich geeigneter. Jan Musikowski Architekten und die Landschaftsarchitek-
tin Judith Brücker sehen gleich zwei davon vor. Als einziger hat ihr Entwurf zwei Besuchereingänge – im Norden zum Humboldthafen und im Süden zur Spree. Zugleich gibt es Schaufenster in beide Richtungen, die sowohl Blicke ins Gebäude, als auch Ausblicke auf die Stadt erlauben und mit LED-Leuchten zu Bildschirmen werden können. Vor allem
diese Wechselwirkung und die städtebauliche Konstellation haben die Jury (Vorsitz: Jórunn Ragnasdóttir) überzeugt. Das „Forum“ im Erdgeschoss ist die Schnittstelle zwischen Veranstaltung (800 m² teilbare Fläche) und Stadtraum (Cafeteria mit Außenbereich). Im Obergeschoss sind die Ausstellungsflächen untergebracht, in den Zwischengeschossen die Büros, im Untergeschoss ist Platz für Sonderausstellungen und die technischen Anlagen.
Mit der Fassadenbekleidung wollen die Architekten den zukunftsweisenden Charakter des Hauses betonen. Rautenförmig angebrachte Fliesen mit unterschiedlichen Anteilen von Gussglas und Kera-mik erinnern an die hitzebeständige Keramikplatten-Hülle eines Spaceshuttle. Oder hat sich Jan Musikowski eher von der Fassade des Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrums in Bremen von KSG Architekten inspirieren lassen? Wegen des kompakten Baukörpers und der großen Photovoltaik- und Solarthermie-Anlage auf dem Dach stufte die Jury den Vorschlag als Plus-Energiegebäude ein. Das Energiekonzept soll auch für die Besucher sichtbar werden, in Form eines Zylinders im Foyer, der die solaren
Gewinne anzeigt.
Was heißt hier Zukunft?
So sehr man den jungen Preisträgern die Realisierung ihres gelungenen Entwurfes wünscht, so deutlich macht das Wettbewerbsergebnis auch, dass Bildung und Forschung für das Haus der Zukunft selbst offenbar keine Rolle spielen. Den Auslobern geht es nicht, wie der Name suggerieren könnte, um ein architektonisches Experiment, um Räume oder Fassaden vielleicht, die sich entsprechend neuester Forschungserkenntnisse wandeln können. Das Haus der Zukunft ist ein weiterer Veranstaltungsraum für Berlin, der nach bewährtem Schema funktioniert und energetisch optimal betrieben werden kann. In Bezug auf das Morgen war der Entwurf von Ludwig.Schoenle aus Stuttgart (3. Preis) wesentlich mutiger. Mit einer baumbewachsenen Fassade versuchen die Architekten die „Zukunft architektonisch zu thematisieren“. Die Jury bemängelte die Ungewissheit der Erscheinung, der Umsetzung und vor allem der Instandhaltung. Doch ist die Zukunft selbst nicht auch ungewiss?
1. Preis Jan Musikowski Architekten, Berlin; Judith Brücker Landschaftsarchitektur, Berlin
2. Preis Dürig AG, Zürich; Topotek 1, Berlin
3. Preis Ludwig.Schoenle, Stuttgart
4. Preis Lankes Koengeter Architekten, Berlin
Anerkennung Glass Kramer Löbbert Architekten, Berlin; BZ Berlin
Tortenstücke und Spaceshuttle
Wie dieses Finanzierungsmodell, das Raumprogramm und der Titel „Haus der Zukunft“ architektonisch übersetzt werden können, damit hatten sich 162 Teilnehmer in der ersten offenen Phase des Wettbewerbs befasst. 21 Arbeiten wurden für die zweite Phase ausgewählt.
Das dreieckige Grundstück habe zahlreiche Teilnehmer dazu verleitet, Tortenstücke zu kreieren, sagte Jurymitglied Volker Staab bei der Ausstellungseröffnung. Vorschläge hingegen, die nicht die komplette Fläche einnehmen, sondern auch einen Platz ausbilden, seien wesentlich geeigneter. Jan Musikowski Architekten und die Landschaftsarchitek-
tin Judith Brücker sehen gleich zwei davon vor. Als einziger hat ihr Entwurf zwei Besuchereingänge – im Norden zum Humboldthafen und im Süden zur Spree. Zugleich gibt es Schaufenster in beide Richtungen, die sowohl Blicke ins Gebäude, als auch Ausblicke auf die Stadt erlauben und mit LED-Leuchten zu Bildschirmen werden können. Vor allem
diese Wechselwirkung und die städtebauliche Konstellation haben die Jury (Vorsitz: Jórunn Ragnasdóttir) überzeugt. Das „Forum“ im Erdgeschoss ist die Schnittstelle zwischen Veranstaltung (800 m² teilbare Fläche) und Stadtraum (Cafeteria mit Außenbereich). Im Obergeschoss sind die Ausstellungsflächen untergebracht, in den Zwischengeschossen die Büros, im Untergeschoss ist Platz für Sonderausstellungen und die technischen Anlagen.
Mit der Fassadenbekleidung wollen die Architekten den zukunftsweisenden Charakter des Hauses betonen. Rautenförmig angebrachte Fliesen mit unterschiedlichen Anteilen von Gussglas und Kera-mik erinnern an die hitzebeständige Keramikplatten-Hülle eines Spaceshuttle. Oder hat sich Jan Musikowski eher von der Fassade des Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrums in Bremen von KSG Architekten inspirieren lassen? Wegen des kompakten Baukörpers und der großen Photovoltaik- und Solarthermie-Anlage auf dem Dach stufte die Jury den Vorschlag als Plus-Energiegebäude ein. Das Energiekonzept soll auch für die Besucher sichtbar werden, in Form eines Zylinders im Foyer, der die solaren
Gewinne anzeigt.
Was heißt hier Zukunft?
So sehr man den jungen Preisträgern die Realisierung ihres gelungenen Entwurfes wünscht, so deutlich macht das Wettbewerbsergebnis auch, dass Bildung und Forschung für das Haus der Zukunft selbst offenbar keine Rolle spielen. Den Auslobern geht es nicht, wie der Name suggerieren könnte, um ein architektonisches Experiment, um Räume oder Fassaden vielleicht, die sich entsprechend neuester Forschungserkenntnisse wandeln können. Das Haus der Zukunft ist ein weiterer Veranstaltungsraum für Berlin, der nach bewährtem Schema funktioniert und energetisch optimal betrieben werden kann. In Bezug auf das Morgen war der Entwurf von Ludwig.Schoenle aus Stuttgart (3. Preis) wesentlich mutiger. Mit einer baumbewachsenen Fassade versuchen die Architekten die „Zukunft architektonisch zu thematisieren“. Die Jury bemängelte die Ungewissheit der Erscheinung, der Umsetzung und vor allem der Instandhaltung. Doch ist die Zukunft selbst nicht auch ungewiss?
1. Preis Jan Musikowski Architekten, Berlin; Judith Brücker Landschaftsarchitektur, Berlin
2. Preis Dürig AG, Zürich; Topotek 1, Berlin
3. Preis Ludwig.Schoenle, Stuttgart
4. Preis Lankes Koengeter Architekten, Berlin
Anerkennung Glass Kramer Löbbert Architekten, Berlin; BZ Berlin
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