Bauwelt

Doch immer wieder was Neues

Entdeckungen auf der Kölner Möbelmesse

Text: Kasiske, Michael, Berlin

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Foto: Mirjam Frucella/Kölnmesse

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Doch immer wieder was Neues

Entdeckungen auf der Kölner Möbelmesse

Text: Kasiske, Michael, Berlin

War da was? Der jahrelange Unmut über die imm cologne hat sich in einträchtiges Wohlgefallen aufgelöst. Vom 16. bis 22. Januar verbreiteten Hersteller, Designer und Händler auf der Kölner Möbelmesse vor allem eines: gute Laune.
Volle Auftragsbücher im vergangenen Jahr, eine gute Prognose für das kommende und die wirtschaftliche Schwäche des ewigen Konkurrenten Italien sorgten für Optimismus in der heimischen Branche. Beunruhigen kann freilich, wie wenig gestalterische Impulse Köln aussandte, denn deren Stärke wird auch in Zukunft über die Relevanz der Möbelmesse bestimmen. „Uns geht es um Interior Design, das unserer Zeit voraus ist“, gibt die Geschäftsführerin der Kölnmesse den Kurs vor – um dann einzuschränken, „jedoch nur so weit, dass es auch noch verstanden wird.“ Immerhin, einige bemerkenswerte Neuvorstellungen gab es.

Auf dem Stand von Richard Lampert, der sich um die Neuauflage zahlreicher Möbel von Egon Eiermann und Herbert Hirche verdient gemacht hat, war die Messestimmung kongenial zu genießen: Im Outdoor-Sessel „Tie-Break“ des niederländischen Designers Bertjan Pot konnte man sich lässig und bequem in einem aufgespannten Tennisnetz räkeln. Es wird getragen von einem Gestell aus Flachstahl, geschickt ausgesteift ohne Traversen unter dem Sitz.

Die Renaissance eines Möbels namens „Sekretär“ lässt sich wohl aus der fortschreitenden Verkleinerung unserer Kommunikationsgerätschaften erklären. Laptops benötigen wenig Arbeitsfläche, und so ist es folgerichtig, kleine Schreibtische mit Vorrichtungen für Kabelführungen zu entwickeln.

Der Schweizer Hersteller Wogg hat sich von Christoph Marchand als Ergänzung zu einem bestehenden Regalprogramm einen filigranen, scharfkan­tigen Schreibtisch entwerfen lassen, den Wogg 54. Der Korpus besteht aus High Pressure Laminate, kurz HPL, einem Verbundwerkstoff aus Papier und Kunstharz, das Gestell aus dünnen Stahlprofilen mit qua­dratischem Querschnitt.

Der Sekretär aus der Serie Plane, entworfen von Felix Stark, ist materiell bodenständiger. Der Hersteller Müller Möbelwerkstätten aus Bockhorn setzt als traditionelle Möbeltischlerei auf Holz, in diesem Fall auf beschichtete Multiplexplatten aus Birkensperrholz, die dem Sekretär ein solides Erscheinungsbild verleihen.

Aus Blech gefertigt, äußerlich einem Koffer ähnlich: der Sekretär PS 08, den Lippert Studios für Müller Möbelfabrikation aus Augsburg entwickelt ha­ben. Wie beim historischen Vorbild lässt sich eine Klappe öffnen, statt nach vorne jedoch nach oben; der Schreibende erhält eine Ablage für Unterlagen und gleichzeitig eine integrierte Beleuchtung. Den PS 08 gibt es auch als Schminktisch. Eine Anspielung an den einstigen „Damenschreibtisch“?

Nicht mit dem Tisch, sondern mit dem Sitzmöbel davor hat sich Konstantin Grcic in den vergangenen drei Jahren im Auftrag von Flötotto beschäftigt. Die Firma wünschte sich einen Nachfolger für ihr vor dreißig Jahren besonders in der Schule erfolgreiches Stuhlprogramm. Dessen markante Sitze aus Phenol-getränktem Pressholz wären für die aktuellen Anforderungen jedoch nicht geeignet gewesen: Holz lässt sich nämlich lediglich in zwei Dimensionen verformen, gewünscht war aber die Ausbildung einer Schale. Das Ergebnis ist der Stuhl PRO mit einem Sitz aus Polypropylen. Vom Vorläufer hat Grcic die ausgeprägte Wölbung der Lehne in Höhe des Gesäßes übernommen, die erst ausgefüllt wird, wenn man seitlich auf dem Stuhl sitzt. Auch rittlings, abgestützt auf der Rückenlehne zu sitzen, ist auf dem PRO eine bequeme Alternative zur konventionellen Geradeaushaltung. Grcic hat verschiedene Gestelle entwickelt, je nach Anwendung variieren Material und Komfort. In seiner schlichten, alltäglichen Ästhetik: ein sympathisches Möbel.
Fakten
Architekten Lippert Studios, Berlin; Marchand, Christophe, Küsnacht (Schweiz); Stark, Felix, Köln; Pot, Bertjan, Schiedam (Niederlande); Grcic, Konstantin, München
aus Bauwelt 7.2012
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