Bauwelt

Flüsse zu Schwimmbädern, Fabriken zu Rathäusern, Brücken zu Hochhäusern

Holcim Awards 2011 Europe

Text: Friedrich, Jan, Berlin

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    Gold: Mit dem Projekt „Flussbad“, dass Berlinern seit 1998 bekannt ist, möchte das Büro realities:united ...
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Flüsse zu Schwimmbädern, Fabriken zu Rathäusern, Brücken zu Hochhäusern

Holcim Awards 2011 Europe

Text: Friedrich, Jan, Berlin

Wintersonnen-Hungrige kolonisieren eine stillgelegte Autobahnbrücke in Kalabrien. Das Bürgeramt einer flämischen Kleinstadt zieht in eine aufgegebene Coca-Cola-Produktionshalle. Ein „nutzloser“ Seitenarm der Spree wird aktiviert und zur innerstädtischen Badewanne Berlins. Die Holcim Awards Europe 2011 sind vergeben.
Die Hauptpreise der 3. Holcim Awards for Sustainable Construction für die Region Europa, die Mitte September in Mailand verliehen wurden, implizieren, dass sich das Thema nachhaltiges Bauen in unserer weitgehend fertig gebauten Gegend der Welt vor allem in plakativen Umnutzungskonzepten niederschlägt. Da ist die spektakuläre Brückenbebauung des Teams um Philippe Rizzotti, Paris (Bronze Award), das Rathaus in der Fabrikhalle von Carlos Arroyo, Madrid (Silver Award), und das Flussbad an der Berliner Museumsinsel von realities:united, Berlin (Gold Award). Die Jury unter Vorsitz von Jürgen Mayer H. (u.a. Jean-Philippe Vassal, Winy Maas und Kai-Uwe Bergmann) hatte aus 572 Projekteinreichungen diejenigen herauszufinden, die den sogenannten „target issues“ am besten entsprechen. Die 2003 gegründete Holcim Stiftung, die vom gleichnamigen Schweizer Baustoffkonzern getragen wird, hatte diese „Zielaspekte“ vor Beginn des ersten Wettbewerbszyklus 2005 von einer Wissenschaftler-Kommission definieren lassen. Denn nachhaltiges Bauen bedeutet eben nicht allein „grünes“ Bauen. Ein nachhaltiges Projekt muss demnach 1. einen innovativen Ansatz verfolgen, der auf andere Projekte übertragbar ist, 2. eine Antwort auf ethische und soziale Fragestellungen anbieten, 3. effizient mit natürlichen Ressourcen umgehen, 4. wirtschaftlich sein und 5. hohe architektonische Qualität aufweisen.
Der Eindruck, dass sich die Preisrichter einseitig für Umnutzungsprojekte stark gemacht haben, relativiert sich beim Blick auf die ebenfalls vergebenen Auszeichnungen. Da finden sich ein rundherum mit Nutzpflanzen bewachsenes Gartenhaus in den Niederlanden, Wohnungsbau aus wärmedämmendem In­fraleichtbeton in Hamburg, ein vollständig aus Holz konstruiertes 6-geschossiges Bürohaus in Helsinki ebenso wie eine Technologie zum Gießen gekrümmter Betonelemente in immer wieder verwendbaren Sand- und Wachsformen. Ähnlich breit gefächert: die mit einem „Next Generation Award“ prämierten Forschungsarbeiten. Die reichen vom Experiment mit selbstleuchtenden Algen und Bakterien über die detaillierte Anleitung zum In-situ-Recycling eines kompletten Hafengebiets bis zu einem Fabrikationssystem für geometrisch komplexe Betonelemente, die so gefertigt werden sollen, dass sie stapelbar sind.
„Nachhaltig“ – dieser Eindruck bestätigt sich bei der dritten Runde der Holcim Awards – sind Projekte, die sich möglichst ganzheitlich mit den vielgestaltigen Auswirkungen beschäftigen, die sie auf den unterschiedlichsten Maßstabsebenen hervor­rufen. Gute Architektur eben.
alle Preisträger:
Gold Award Flussbad, Berlin; realities:united, Berlin
Silber Award Rathaus in einer ehemaligen Fabrik, Oostkamp/Belgien; Carlos Arroyo, Madrid
Bronze Award Wohnungen auf ehemaligen Autobahnbrücken, Kalabrien/Italien; Philippe Rizzotti Architects, Paris
Anerkennungen Eathouse, Appeltern/Niederlande; Marijke Bruinsma, De Stuurlui Stedenbouw, Amsterdam | Schalungsverfahren für Betonelemente; Gramazio & Kohler, Zürich | Smart Material House, Hamburg; Barkow Leibinger Architekten, Berlin | Bürohaus aus Holz, Helsinki; Sauerbruch Hutton Architekten, Berlin
Next Generation 1. Preis Herstellungsverfahren für geometrisch komplexe Bauelemente; Povilas Cepaitis, AA School of Architecture, London
Next Generation 2. Preis
Recycling- und Umnutzungskonzept, Gijón/Spanien; Elisa de los Reyes Garcia, Universidad Politécnica de Madrid
Next Generation 3. Preis
Selbstleuchtende Algen und Bakterien als Null-Energie-Beleuchtung, Sevilla; Eduardo Mayoral, Universidad de Sevilla
Weitere Informationen:  www.holcimfoundation.org
Fakten
Architekten realities:united, Berlin; Arroyo, Carlos, Madrid; Rizzotti, Philippe, Paris
aus Bauwelt 37.2011
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