Gartenhügel aus Glas
Research Nr. 15
Text: Haberle, Heiko, Berlin
Gartenhügel aus Glas
Research Nr. 15
Text: Haberle, Heiko, Berlin
Die Erweiterung des Frankfurter Städelmuseums durch Schneider+Schumacher liegt unter dem Museumsgarten. Für die wie ein Hügel gewölbte Decke des Ausstellungsraums stellte die Firma Sedak sphärisch gekrümmte Oberlichter her. Gerade die schwache Krümmung erwies sich als Herausforderung.
Den Wettbewerb für die Städel-Erweiterung hatten die Frankfurter Architekten 2007 mit einem unter dem Museumsgarten eingegrabenen Ausstellungssaal gewonnen. In dessen Deckenschale, die als begrünter Hügel ausgebildet ist, sind 195 runde Oberlichter eingelassen. Die unterschiedlich großen Scheiben sollten – so die Idee der Architekten – leicht gewölbt sein, in etwa so wie das Glas einer Armbanduhr. Für diese Idee gab es allerdings kein passendes Produkt. Das Problem bei der Glasherstellung war folgendes: Für stärkere Krümmungen von Glasscheiben, wie sie zur Zeit an der Fassade der Elbphilharmonie (Heft 35.10) ausgeführt werden, bietet sich das Biegen beim Erhitzen der Glasscheiben an. Bloß schwach aber kontinuierlich geformte Krümmungen sind hingegen schwierig zu bewerkstelligen, da beim Warmbiegen über einen größeren Radius hinweg keine gleichbleibende Oberflächenqualität gewährleistet ist, sich z.B. Wellen bilden können.
Auf der Suche nach einer Lösung stießen die Architekten auf die Firma Sedak, die am Prototyp eines doppelt ge- krümmten Isolierglases arbeitete. Sie hatte ein neues Ver-bundsicherheitsglas entwickelt, das durch seine Laminierung als nahezu monolithisch zu betrachten ist. Die Entdeckung: Dieser Verbund ist so steif, dass sich darin auch Krümmungen „einfrieren“ lassen – rein mechanisch, ohne Wärmezufuhr. Der Vorteil dieses Kaltbiegens bzw. Laminationsbiegens, dessen genauer Ablauf geheim gehalten wird, liegt darin, dass keine hitzebedingten Schäden entstehen. Außerdem gibt es keine Größenbeschränkung durch den Biegeofen. Theoretisch lassen sich Scheiben von 3,20 x 15 Metern Größe mit beliebig vielen Krümmungsachsen herstellen.
Obwohl die Krümmung bei den zur Zeit eingesetzten Gläsern nur 1% beträgt, ist der Stich zu erkennen. Beim größten Oberlicht macht er mehr als 20 Zentimeter aus. Die Glä-ser bieten auch praktische Vorteile: Eine plane Scheibe dieser Größe hätte bei der Entwässerung Probleme bereitet. Und weil die sphärisch gekrümmte Scheibe wie eine Kuppel an Steifigkeit gewinnt, ist siedünner als die ebene Variante. Nicht zuletzt wirken die Oberlichter besonders solide. Die Architekten sagen, erst durch die Krümmung würden die Gläser „Stärke“ ausstrahlen.
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