Griffige Collage
Research Nr. 20
Text: Klingbeil, Kirsten, Berlin
Griffige Collage
Research Nr. 20
Text: Klingbeil, Kirsten, Berlin
Die Berliner Set-Designerin Sarah Illenberger arrangiert Gegenstände des täglichen Gebrauchs zu gebauten Bildern und weist ihnen so neue Bedeutungen zu. Eine ihrer schönsten Arbeiten entstand jetzt mit Griffen und Klinken der Firma FSB, für die sie Stufen der Evolution nachgestellt hat.
In verschiedenen „Kollektionen“, nach Funktion geordnet, bekam Sarah Illenberger das Sortiment des Türbeschlagherstellers in ihr Berliner Studio geliefert. Die Aufgabe war anspruchsvoll: Sie sollte für eine Anzeigenserie untersuchen, inwieweit sich mit Türklinken und anderen Beschlägen auch Bildgeschichten erzählen lassen. Illenberger reizte die Herausforderung: ein narratives Setting finden, um den Begriff der Evolution nachzubilden. Die Berliner Agentur Realgestalt, die FSB in ihrer Markenstrategie betreut, hatte die Kampagne unter diesen Begriff gestellt. Es war die einzige Vorgabe für die Set-Designerin, der für ihr Thema alle Produktfamilien von FSB zur Verfügung standen. Insgesamt 20.000 verschiedene Produkte weist das zugehörige Handbuch auf.
Statt auf dem Bildschirm zu rendern und zu retuschieren, zerlegt Illenberger die Gebrauchsgegenstände, setzt diese neu zusammen und schafft so dreidimensionale Objekte mit künstlerischem Anspruch; im letzten Jahr hat sie als Gastprofessorin an der Universität der Künste in Berlin Studenten in ihrer Methode unterrichtet.
Beim Experimentieren mit den Beschlägen von FSB erkannte die Designerin die Möglichkeit, Strukturen der Evolution als eine Art Grundgerüst abzubilden – etwa so, wie das Rückgrat für den menschlichen Körper einsteht. Daraus entwickelte sie schließlich die Idee für ihr erstes Motiv: Mit den Griffen für barrierefreies Wohnen wurde das Skelett eines Wals nachgelegt. In zwei Jahren folgten in einer Reihe von Assemblagen neun weitere Motive. Für die verschiedenen Szenen der Evolution hat die Agentur Realgestalt Biologie- und Naturkundebücher durchforstet.
Ein schwarzer Schmetterling entsteht zum Beispiel aus der eloxierten Aluminiumkollektion, aus anderen Teilen des Programms wird eine Galaxie, das Abbild eines Gehirns oder eine Insektenfamilie. Und mit über achthundert Beschlägen setzt sie in einem großen Puzzle einen Kastanienbaum zusammen. Grundlage hierfür war ein Lageplan, den Illenberger zuvor 1:1 gezeichnet hat. Dieser bestimmte die Position und Ausrichtung jeder Türklinke. Bis das Foto gemacht werden konnte, vergingen im Atelier zwei Tage; alles ist real, nichts wurde retuschiert.
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