Bauwelt

Herausforderung energetische Stadterneuerung

Schlüsse aus dem deutschen Forschungsfeld

Text: Koziol, Matthias, Cottbus

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    Ministerium für Wirtschaft und Technologie in der Invalidenstraße: Ein solide sanierter Altbau, nur die Verglasung über der Eingangstür ist mangelhaft isoliert.

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    Ministerium für Wirtschaft und Technologie in der Invalidenstraße: Ein solide sanierter Altbau, nur die Verglasung über der Eingangstür ist mangelhaft isoliert.

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    Ebenfalls mangelhaft: die Eingangstür des Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Schlecht isolierte Heizkörper bilden sich in dunklem Orange ab.

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    Ebenfalls mangelhaft: die Eingangstür des Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Schlecht isolierte Heizkörper bilden sich in dunklem Orange ab.

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    Ausgerechnet das Umweltministerium! Im Plattenbau an der Alexanderstraße wird zum Fenster hinausgeheizt.

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    Ausgerechnet das Umweltministerium! Im Plattenbau an der Alexanderstraße wird zum Fenster hinausgeheizt.

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    Wärmebrücken! Fensterrahmen aus Metall schwächen die ansonsten gute Energiebilanz des Gesundheitsministerium in der Friedrichstraße.

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    Wärmebrücken! Fensterrahmen aus Metall schwächen die ansonsten gute Energiebilanz des Gesundheitsministerium in der Friedrichstraße.

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    Und auch im Ministerium für Forschung und Bildung an der Hannoverschen Straße schneiden die Fensterrahmen nicht gut ab:

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    Und auch im Ministerium für Forschung und Bildung an der Hannoverschen Straße schneiden die Fensterrahmen nicht gut ab:

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    Zwar sind es nur kleine Flächen, doch der Wärmeverlust summiert sich.

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    Zwar sind es nur kleine Flächen, doch der Wärmeverlust summiert sich.

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    Das Bundeskanzleramt im Spreebogen steht dagegen glänzend da: energetisch jedenfalls keinerlei Schwachstellen.

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    Das Bundeskanzleramt im Spreebogen steht dagegen glänzend da: energetisch jedenfalls keinerlei Schwachstellen.

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    Weiter zum Minsterium für Arbeit und Soziales in der Wilhelmstraße: Der Wärmeverlust ist insgesamt nicht dramatisch, dennoch ...

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    Weiter zum Minsterium für Arbeit und Soziales in der Wilhelmstraße: Der Wärmeverlust ist insgesamt nicht dramatisch, dennoch ...

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    ... sollte man auch die leichte Gelbfärbung zwischen den Fenstern ernst nehmen. Heizungsrohre?

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    ... sollte man auch die leichte Gelbfärbung zwischen den Fenstern ernst nehmen. Heizungsrohre?

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    Was ist denn da los? Das Ministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung zeigt zwei rote Fenster zur Invalidenstraße. Mitarbeiterversammlung? Sauna?

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    Was ist denn da los? Das Ministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung zeigt zwei rote Fenster zur Invalidenstraße. Mitarbeiterversammlung? Sauna?

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Luftbild von Berlin-Prenzlauer Berg
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Luftbild von Berlin-Prenzlauer Berg

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Herausforderung energetische Stadterneuerung

Schlüsse aus dem deutschen Forschungsfeld

Text: Koziol, Matthias, Cottbus

Was verspricht Erfolg im Kampf um die energieeffiziente Stadt? Ist das Dämmen ganzer Viertel zwangsläufig ein Gewinn? Welche Strategie empfiehlt sich für den Rückbau? Bringen Einfamilienhausgebiete energetisch auch Vorteile? Ein kritischer Blick auf typische Maßnahmen und ihre Wirksamkeit.
Stadtsanierung, Wohnumfeldverbesserung, Stadtumbau, soziale Stadt und jetzt auch noch die energetische Stadterneuerung – viele Planer zucken mit den Achseln und ahnen: Das wird ja immer komplexer. Politische Zielvorgaben der Verringerung der CO2-Emissionen bis 2020 um 40 Prozent (sofern die EU 30 Prozent erreicht) werden zwar häufig zitiert, die Dimension an notwendigen Maßnahmen zur Umsetzung der gesteckten Ziele bleibt jedoch unklar.
Warum stehen Energieeffizienz und Energiesparen gerade jetzt an vorderer Stelle der energiepolitischen Diskussio­nen? Die Antwort ist vielschichtig: Der sich abzeichnende Klimawandel, beschlossene Klimaschutzziele und vor allem der in den kommenden Jahrzehnten weltweit stark ansteigende Energiebedarf sprechen für eine deutliche Erhöhung der Anstrengungen zur Reduzierung des (Primär-)Energieeinsatzes und damit auch zur Reduktion von Treibhausgas-Emissionen. Immerhin sind die privaten Haushalte mit einem Anteil von 27 Prozent zu einem gewichtigen Teil am Endenergieverbrauch beteiligt. Daneben bieten schon heute die in Deutschland entwickelten Technologien zur Energieeinsparung erheb­liche Wettbewerbsvorteile im globalisierten Welthandel.
Energieeffizienz in der Stadt
Das Thema Energieeffizienz ist für die Stadtentwicklung von zentraler Bedeutung. Ein Teil der im „Integrierten Energie- und Klimaprogramm“ der Bundesregierung formulierten Ziele sind vor allem im städtischen Kontext umzusetzen, so z.B. der (weitere) Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung (auf 25 Prozent Stromanteil), der Ausbau erneuerbarer Energien (bis 2020: 25–30 Prozent Stromanteil) und die Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien am Wärmemarkt (bis 2020: 14 Prozent). Auf stadtstrukturelle und stadtentwicklungsrelevante Fragestellungen zielen auch weitere Maßnahmen wie die Verschärfung der Energieeinsparverordnung EnEV (1. Stufe zum Oktober 2009, 2. Stufe 2012), die Novellierung der Heizkostenverordnung, die Verstetigung des CO2-Gebäudesanie-rungspro­gramms und ein Teil der Verstärkung der Energieforschung, wie beispielsweise das Forschungsfeld „Energetische Stadterneuerung“ des Forschungsprogramms „Experimenteller Wohnungs- und Städtebau“ (ExWoSt), der „Wettbewerb Energieeffiziente Stadt“ des BMBF und Programme des BMWi.
Die Effizienzsteigerungen im Bereich der Haushalte, auch im Gebäudesektor, sind bislang unter den notwendigen Raten zur Erfüllung der Einsparziele bis zum Jahr 2020 geblieben. Die derzeitige Sanierungsrate liegt bei etwas über einem Prozent des Gebäudebestandes pro Jahr – um die Sparziele zu erreichen, wären 2,5 bis 3 Prozent notwendig. Den Erfolgen der Energieeinsparverordnung, der Gebäudesanierung in den letzten 30 Jahren, der Sanierung und Verbesserung der Anlagentechnik, einem vermehrten Einsatz von regenerativen Energieträgern und der Verbesserung des Verbraucherverhaltens stehen die fortschreitende Zersiedelung, steigende spezifische Übertragungsverluste in zentralen Wärmeversorgungssystemen durch nachträglichen Wärmeschutz, Teil-Rückbau von Wohngebäuden und teilweise konkurrierende Versorgungssysteme gegenüber. Worin liegt diese Entwicklung begründet? Es fehlt vor allem an integrierter Stadtplanung!
Die drei wichtigen Erfolgsfaktoren zur Erhöhung der Energieeffizienz sind: Energie sparen – durch adäquates Verbraucherverhalten und Einsatz sparsamer (Haus-)Gerätetechnik –, Ene­rgieverluste vermeiden – durch kompakte Bauweisen, Verbesserung des Wärmeschutzes und effizienten Energietransport (Wärme und Strom) – sowie Energie effizienter bereitstellen – durch Verbesserung der Anlagentechnik, Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung und vermehrten Einsatz regenerativer Energieträger. Bei der Stadt- und Quartiersentwicklung werden diese Faktoren selten systematisch einbezogen und als Gesamtsystem behandelt. Vor allem fehlt die Betrachtung der Wechselwirkungen zwischen Einzelmaßnahmen. Die Nachrüstung mit Photovoltaikanlagen kompensiert häufig nicht einen parallel ablaufenden energetisch ungünstigen Stadtumbau in Form des sogenannten „dispersen“ Rückbaus von Gebäuden (hierzu später mehr). Ebenso besteht die Gefahr, dass bei einer unsystematischen Weiterentwicklung bestehender Versorgungssysteme, z.B. der Nachrüstung mit Kleinst-Blockheizkraftwerken (BHKW) in fernwärmeversorgten Stadtquartieren, mögliche energetische Effizienzgewinne auf der Gebäudeebene durch Effizienzverluste in einem „ausgedünnten“ Netz geschmälert werden.
Bestimmte Themen, wie die Erhöhung der „Stand-by-Verluste“ durch eine immer größer werdende Anzahl „stromsparender“ Einzelgeräte in den Haushalten – Altgeräte werden beim Kauf eines neuen, energieeffizienten Apparates leider oft nicht außer Betrieb genommen, sondern weiterbetrieben – und die mangelnde Abstimmung, Regulierung und Wartung von Heizungsanlagen und Verteilsystemen in Gebäuden, werden in der Debatte um die Erhöhung der energetischen Ef­fizienz fast ganz ausgespart, ebenso wie der ungebrochene Trend verkehrserzeugender Siedlungs- bzw. Flächennutzungskonzepte.
Zusammenhänge zwischen Gebäude und Quartier
Energetisch effiziente Siedlungsstrukturen zeichnen sich durch eine optimale Abstimmung zwischen der Gebäudehülle, -geometrie und -ausrichtung und einer angepassten Versorgungsstruktur aus. Dies lässt sich durch eine integrierte Planung und Realisierung von Gebäuden und Versorgungsanlagen erreichen. Dabei spielen eine Reihe „energierelevanter“ Faktoren in einem Quartier eine entscheidende Rolle: die Kompaktheit und Ausrichtung der Gebäude, die Anordnung transparenter Fassadenelemente, die Speicherfähigkeit des Baukörpers und sein Wärmeschutzstandard, der Primärenergieträger, die Zentralität der Energieversorgung und deren Komplexität, d.h. die Verknüpfung von verschiedenen technischen Systembausteinen (wie z.B. bei der Kraft-Wärme-Kopplung oder der Einbindung von Solarwärme in Fernwärmesysteme).
Die energetische Effizienz kann nur bewertet werden, wenn alle genannten Faktoren im Zusammenhang betrachtet werden. So weist ein weniger kompaktes Quartier mit vorwiegender Einfamilienhausbebauung zwar ein eher ungüns­tiges Oberflächen/Volumen-Verhältnis im Vergleich zu einer kompakten gründerzeitlichen Blockrandbebauung auf, dafür bietet diese Siedlungsstruktur ein relativ zur Wohnfläche höheres Potenzial für die aktive Solarenergienutzung. Dies liegt u.a. an der geringeren Gefahr von Verschattung und den vergleichsweise großen Dachflächenanteilen pro Wohnfläche, die für eine Solarnutzung zur Verfügung stehen. Im Gegensatz dazu bietet die baulich dichte gründerzeitliche Blockrandbebauung aufgrund ihrer kompakten Bauweise bessere Voraussetzungen für effiziente zentrale Versorgungssysteme, wie z.B. für eine Kraft-Wärme-Kopplung (BHKW), als eine weniger dicht bebaute Einfamilienhaussiedlung in einem Niedrigenergie- oder gar Passivhausstandard. Allein an diesen beiden Beispielen wird deutlich, dass eine differenzierte Betrachtung lohnt. Vor allem, wenn sich Stadtstrukturen verändern und in der Folge ihre energetische Effizienz durch unabgestimmte Maßnahmen sinkt.
Typische Maßnahmen – und ihre Wirkung auf die Energieeffizienz
Flächendeckende energetische Sanierung der Gebäudesubstanz, vor allem Verbesserung des Wärmeschutzes
Die energetische Sanierung lässt zusammen mit einer zentralen Wärmeversorgung die Wärmeabnahme zurückgehen. Das Versorgungssystem ist mit fortschreitender energetischer Gebäudesanierung demnach zunehmend überdimensioniert, was zu Effizienzeinbußen führt. Anpassungsmaßnahmen können im einfachsten Fall die Absenkung von Vorlauftemperaturen oder, als aufwendigste Maßnahme, die Transformation des Gesamtsystems sein. Oberflächlich betrachtet, ist die energetische Sanierung der Gebäudesubstanz eher nachteilig für die Effizienz zentraler Fern- oder Nahwärmesysteme. Bei genauerem Hinsehen schafft sie ggf. aber verbesserte Voraussetzungen für die Einbindung regenerativer Energien. Infolge flächendeckend durchgeführter Wärmeschutzmaßnahmen können z.B. in einem Nahwärmesystem die Vorlauftemperaturen abgesenkt werden, so dass sich die Voraussetzungen für die Einspeisung von Solar- oder Erdwärme verbessern. In jedem Fall müssen die dezentralen Heiz- oder zentralen Wärmeversorgungsanlagen angepasst werden, um die Effizienz zu erhalten. Dies betrifft vor allem die Wärmeverteilung (Heizkörper) und -regelung, die Warmwasserbereitung sowie eine Leistungsanpassung der Wärmeerzeuger. Ohne Anpassung verschlechtern sich in der Regel die Anlagenwirkungsgrade.
Ausbau von Solarsystemen zur Wärmebereitstellung
Solarsysteme lassen sich bei Neubauten einfach einbinden. Schwieriger ist es, sie nachträglich in die Wärmeversorgung zu integrieren. Die notwendigen Vorlauftemperaturen für die Heizung und ggf. auch für die Warmwasserbereitung sind häufig relativ hoch. Im Zusammenhang mit umfassenden Wärmeschutzmaßnahmen ergeben sich jedoch bessere Chancen zur Integration, da die Vorlauftemperaturen ggf. deutlich vermindert werden können.
Dezentralisierung der Wärmeversorgung auf der Gebäude- oder Blockebene
Anlass für eine nachträgliche Dezentralisierung der Nah- oder Fernwärmeversorgung kann der Abriss von Gebäuden im Rahmen des Stadtumbaus sein, aber auch die beabsichtigte Inte­gration regenerativer Energieträger. Den dadurch erreichbaren Effizienzgewinnen stehen in einer Gesamtbilanz Effizienzverluste im verbleibenden Netz gegenüber. Insbesondere, wenn im Zuge von Abrissen erhebliche Kosten zu erwarten sind, um eine zentrale Nah- oder Fernwärmeversorgung durch die Anpassung von Leitungstrassen oder im weiteren Betrieb aufrechtzuerhalten, kann die Dezentralisierung sowohl energetisch als auch ökonomisch sinnvoll sein. Ein weiterer Grund ist die erhebliche Reduktion des Wärmebedarfes durch umfassende energetische Sanierungen von Gebäuden, z.B. in Richtung einer Passivhaussiedlung. Hier kann im Ergebnis ggf. ganz auf ein Heizsystem verzichtet werden.
Nachverdichtung hin zu einer kompakten Bebauung
Bauliche Nachverdichtung ist energetisch sinnvoll. Sie führt häufig zur Verringerung der Wärme abgebenden Oberflächen, z.B. bei Lückenschlüssen innerhalb einer Blockrandbebauung. Darüber hinaus kann Nachverdichtung die energetische Effizienz und Wirtschaftlichkeit von Nah- und Fernwärmenetzen erhöhen, wenn diese Gebäude ebenfalls an das vorhandene Netz angeschlossen werden, sowie den Energieverbrauch im Verkehr durch eine kompaktere Siedlungsstruktur senken.
Stadtumbau – Rückbau
Von entscheidender Bedeutung für die Veränderung der Energieeffizienz ist die gewählte Stadtumbaustrategie, insbesondere wenn diese mit Abrissen in größerem Umfang verbunden ist. Dabei gibt es zwei im Grundsatz unterschiedliche Ansätze: den konzentrierten flächigen Rückbau, möglichst vom Rand zur Mitte, und den „dispersen“ (Teil-)Rückbau von einzelnen Gebäuden oder Etagen über ein größeres Stadtgebiet verteilt. Die beiden Ansätze haben langfristig gesehen sehr unterschiedliche Wirkungen auf die energetische Effizienz eines Quartiers. Beim dispersen Rückbau (hierzu zählen sowohl der geschossweise Abriss als auch der vereinzelte Abriss ganzer Gebäude), sind die negativen Wirkungen erheblich größer als beim flächigen Rückbau. Entstehen beim dispersen Rückbau Baulücken, so erhöht sich in der Regel die Wärme abgebende Gebäudeoberfläche. Darüber hinaus verringert sich fast im­mer die Effizienz von Nah- oder Fernwärmesystemen, vor allem von den zentralen Anlagen und vom Wärmeverteilsystem. Da das Leitungsnetz zunächst in seiner Struktur und Länge unverändert bleibt, sind steigende spezifische Verluste der Wärmeverteilung und steigende Kosten durch die Umlage der Fixkosten auf eine geringere Anzahl von Verbrauchern zu erwarten. Beim flächenhaften, systematischen Abriss sind dagegen im Verteilnetz nur geringe Effizienzeinbußen zu erwarten. Betroffen sind „nur“ zentrale Anlagen, wie z.B. Heizkraftwerke oder Blockheizkraftwerke. Positiver Nebeneffekt ist der Erhalt kompakter städtebaulicher Strukturen, die Auswirkungen auf das Stadtbild sind in den verbleibenden Strukturen gering.
Ausbau von zentralen Wärmeversorgungssystemen, um den Anteil der Kraft-Wärme-Kopplung zu steigern
Zentrale Wärmeversorgungssysteme in Form von Nah- und Fernwärme sind die Voraussetzung für einen Einsatz der Kraft-Wärme-Kopplung, mit der die Effizienz der Stromerzeugung gesteigert werden kann. Nah- und Fernwärmesysteme benötigen für einen wirtschaftlichen Betrieb eine Abnehmerstruktur mit hoher Anschluss- oder Wärmebezugsdichte, d.h. eine hohe Wärmeabnahme bei möglichst geringen Leitungslängen. Die Eignung von Siedlungsstrukturen für diese Systemtechnik ist, vor allem wegen der Langlebigkeit der Netze und Anlagen, nicht nur vor dem Hintergrund der gegenwärtigen, sondern auch der zukünftig zu erwartenden Wärmeabnahme zu bewerten. Je geringer diese ist, desto größer ist der spezifische energetische und ökonomische Aufwand. Als grobe Richtwerte für einen ganzjährigen wirtschaftlichen Betrieb einer Fernwärmeversorgung können unter den gegenwärtigen Randbedingungen zwei Kennzahlen gelten: Die Anschlussdichte sollte größer als 1,2 MWh/a pro Trassenmeter sein (möglichst sogar größer als 1,8 MWh/a), und die Wärmebezugsdichte größer als 50 kWh/mµa Siedlungsfläche (möglichst größer als 70 kWh/mµa).
Setzt man diese Kennzahlen in Bezug zu den heutigen Siedlungsstrukturen, so sind vor allem die verdichteten innerstädtischen Quartiere der gründerzeitlichen Blockrandbebauungen, die Zeilenbauten der zwanziger, fünfziger und sechziger Jahre, aber auch die Plattenbauten der siebziger und achtziger Jahre in Ost- und Westdeutschland aufgrund ihrer hohen Wärmebezugsdichten für dieses Wärmeversorgungssystem gut geeignet. Neue Einfamilienhausgebiete hingegen, die überwiegend im Passivhausstandard errichtet worden sind, stellen keine Basis für den wirtschaftlichen Betrieb eines Fernwärmenetzes dar. In derartigen Siedlungsstrukturen reduziert sich die Wärmenachfrage im Wesentlichen auf die Warmwasserbereitung, die alternativ über Solaranlagen und dezentrale Wärmeerzeuger erfolgen kann. Beim Neubau von Systemen der Nah- oder Fernwärme können derartige Parameter als Entscheidungsgrundlage weiterhelfen. Schwieriger ist die Situation, wenn die Entwicklung der Wärmedichte durch nachträgliche Maßnahmen an den Gebäuden oder der Stadt-/Quartiersstruktur verändert wird. Beispiele hierfür sind die schon angesprochenen nachträglichen Wärmeschutzmaßnah­men oder der disperse Abriss von Gebäuden.
Integrierte Stadtentwicklungsplanung vor neuen Herausforderungen
Die Zusammenhänge zwischen städtebaulichen Veränderungen wie dem Stadtumbau oder einer energetischen Sanierung legen eine systematische Betrachtung der Wechsel- und Folgewirkungen nahe. Schon in den achtziger Jahren wurden in vielen Kommunen deshalb Energie- bzw. Energieversorgungskonzepte aufgestellt und erprobt, wobei in der Regel von relativ konstanten Siedlungsdichten und (Wärme-)Nachfragen ausgegangen wurde. Heute sind die Bedingungen der energetischen Stadterneuerung komplexer und dynamischer. Theoretisch ist es denkbar, dass durch umfassende Wärmeschutzmaßnahmen an den Gebäuden eine bisher energetisch und wirtschaftlich günstige Fernwärmeversorgung unsinnig wird. Auch stehen eine Reihe marktreifer Verfahren und Anlagentechniken zur Nutzung alternativer Energieträger zur Verfügung, deren Einbindung in vorhandene Strukturen energetisch, ökonomisch und umweltpolitisch interessant ist.
Es erscheint deshalb fast unausweichlich, den Prozess der energetischen Stadterneuerung auf der Grundlage von übergreifenden Konzepten zu organisieren. In dem vom BMVBS geförderten, vom BBSR, von Brandenburg und Sachsen-Anhalt begleiteten und am Lehrstuhl Stadttechnik der BTU Cottbus bearbeiteten Forschungsprojekt „Energetische Stadterneuerung“ wurden seit 2007 die zwei Ansätze „Top Down“ und „Bottom Up“ verfolgt und analysiert. Gemeinsam ist ihnen die enge Verzahnung mit Akteuren der Stadtplanung. Die Umsetzung unterscheidet sich jedoch gravierend. Über die Hälfte der beteiligten 16 Städte setzt auf eine „Top Down“-Strategie als klassische Planungsvariante (Schlagwort „vom Gesamtkonzept zur Maßnahme“). Im Gegensatz dazu verfolgen Modellstädte aus dem Land Brandenburg eine projektorientierte dreiphasige „Bottom Up“-Strategie, bei der das umgesetzte „vorbildliche“ Projekt als „Initial“ bzw. Einstieg in den Prozess der energetischen Stadterneuerung im Vordergrund steht. Aus den Erfahrungen mit Einzelprojekten werden Handlungsstrategien für weitere Maßnahmen einer quartiersbezogenen oder gesamtstädtischen energetisch orientierten Stadtentwicklungspolitik abgeleitet.
Auch wenn der „Top Down“-Ansatz vom Grundsatz her ein systematischeres Vorgehen impliziert und grundsätzlich die Voraussetzung für eine schlüssige Gesamtstrategie ist, zeigt sich, dass der „Bottom Up“-Ansatz mindestens für die Einstiegsphase in einen längeren Prozess der energetischen Stadterneuerung interessant ist. Durch die Beschäftigung mit Pilotprojekten, die rasche Erfolge versprechen sowie Motivation und Erfahrungen der Akteure fördern, kann eine solide Basis für die inhaltliche und strategische Ausrichtung späterer Gesamtkonzepte gelegt werden.
Wichtige Erfahrungen und Erkenntnisse
Ökonomische und finanzielle Aspekte | Die Nachfrage nach günstigem Wohnraum mit geringer Kaltmiete kann durch energetisch sanierten Bestand nicht gedeckt werden. Die Kaltmiete energetisch sanierter Immobilien liegt häufig über dem Nachfrageniveau von gering Verdienenden oder auf Sozialleistungen angewiesenen Personen. Die Struktur des Sozialsystems schafft kaum Anreize für sie, nach Wohnraum mit geringeren Betriebskosten und damit geringeren Heizkosten zu fragen.
Aufwendige energetische Sanierungen stehen oft nicht im Verhältnis zum anschließend erreichbaren (kostendeckenden) Kaltmietniveau. Der Anreiz, energetische Sanierun­gen im Bestand umzusetzen, ist für Vermieter damit begrenzt. Die für die Finanzierung der energetischen Sanierung von Gebäuden notwendigen Sicherheiten können durch das zu sanierende Gebäude nicht im ausreichenden Maß abgedeckt werden. Das liegt darin begründet, dass der zu erwartende Verkaufswert des Gebäudes (Grundlage für die Bemessung der Fremdfinanzierungssicherheit) nach der Sanierung angesichts eines in vielen Regionen der neuen Bundesländer sehr entspannten Wohnungsmarktes deutlich unterhalb des eigentlichen Verkehrswertes liegt. Insbesondere für private Einzeleigentümer ist eine energetische Sanierung wirtschaftlich weder attraktiv, noch ist sie ohne überdurchschnittlichen Eigenkapitaleinsatz zu leisten. Wohnungsunternehmen können durch die Beleihung anderer Bestände Sicherungslücken schließen, werden dies aber nur bei Gebäuden zur Anwendung bringen, die städtebaulich oder ideell von besonderem Wert sind.
Der Finanzierung von Modellvorhaben und integrierten Konzepten kommt deshalb eine Schlüsselrolle zu. Ohne Förderung durch die Bundesländer wären in Deutschland bis auf eine Modellstadt die Arbeiten an den Projekten und Konzepten der „Energetischen Stadterneuerung“ nicht begonnen worden.
Methodische Aspekte | Die zeitlichen und personellen Ressourcen in den kommunalen Verwaltungen sind begrenzt. Der Prozess der energetischen Stadterneuerung muss deshalb einfach gestaltet sein und Synergien zu anderen Projekten erlauben. Ein interdisziplinärer, gesamtstädtischer Ansatz deckt Potenziale zur Energieeinsparung auf.
Strukturelle Aspekte | Unterschiedliche Eigentümerstrukturen erschweren die Einführung effizienterer zentraler Versorgungssysteme, z.B. eines Nahwärmenetzes auf BHKW-Basis. Diese Problematik entsteht ggf. bereits bei mehreren öffentlichen Trägern von Gebäuden.
Diese Erkenntnisse geben nur einen kleinen Einblick in die Bandbreite der Problemlagen und Lösungen. Die derzeitige Arbeit im Forschungsfeld der energetischen Stadterneuerung konzentriert sich darauf, die Vielzahl an Erkenntnissen strukturiert aufzubereiten. Ziel ist es, für den Bund und die Länder konkrete Handlungsempfehlungen auszusprechen, wie die administrativen Rahmenbedingungen verbessert werden können. Die Städte und Gemeinden erhalten einen Handlungskatalog, der bei der unumgänglichen Umsetzung der energetischen Stadterneuerung Hilfestellung liefern wird.
Kosten und Nutzen
Die Betrachtung der Wirtschaftlichkeit ist eine der zentralen Fragen für die Umsetzung von Maßnahmen. Dabei reicht es nicht, Gesamtkosten und -nutzen zu vergleichen. Ebenso wichtig ist die Betrachtung der ggf. recht unterschiedlichen wirtschaftlichen Vor- oder auch Nachteile für einzelne Beteiligte. Die Motivation zur energetischen Stadterneuerung ist auf der Investorenseite nur gegeben, wenn eine Refinanzierung möglich ist. Diese setzt voraus, dass sich auch für die Nutzerseite im Kontext zum Angebot auf dem Wohnungsmarkt Vorteile ergeben. In schrumpfenden Städten kommt deshalb dem Stadtumbau mit seiner wohnungsmarktregulierenden Funktion eine herausragende Bedeutung zu.
Die staatliche Förderung sollte sich zukünftig auch an der erreichbaren Gesamteffizienz im Quartier orientieren, nicht nur am Einzelgebäude. Dazu ist die Sicherung des Wissenstransfers für relevante Akteure wichtig. Nur so wird es gelingen, den Prozess der energetischen Stadterneuerung anzustoßen und volkswirtschaftlich, umwelt- und sozialpolitisch dauerhaft zu etablieren.

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