Ineinander verzahnt
Text: Gabler, Christiane, Basel
Ineinander verzahnt
Text: Gabler, Christiane, Basel
Das Büro 2b architectes hat das konzeptionell sonderbare Gebäude selbst realisiert. Es besteht aus vier Wohnungen auf jeweils drei Ebenen, die in alle Himmelrichtungen weisen und sich zu einer zentralen Treppenhalle öffnen. Jede Wohneinheit zeigt bei den Fassaden eine eigene Betonstruktur
Im September 2008 wurde in Lausanne eine zweite, fast sechs Kilometer lange Metrolinie eröffnet. Dafür wurde eine bestehende Zahnradbahn umgebaut und verlängert, ein Mammutprojekt, allein schon deshalb, weil die fast vollständig im Tunnel verlaufende Strecke den größten Höhenunterschied aller U-Bahnen weltweit aufweist. Stadtgebiete im Nordosten, die vorher abseits lagen, sind nun optimal an das Zentrum angebunden.
So ist auch das weiträumige Gelände des Universitätsspitals hoch oben über der Stadt innerhalb einer Viertelstunde vom Bahnhof aus erreichbar. Mit der neuen Linie erwacht nun auch die ruhige Wohngegend rund um die „Spitalstadt“ aus ihrem Dornröschenschlaf. Viele der gründerzeitlichen Stadtvillen werden renoviert, doch auch neue Häuser werden gebaut, denn die Stadt setzt aufgrund der Wohnungsknappheit und der seit Jahren stärker werdenden Zersiedlungstendenz in der Agglomeration stark auf die Verdichtung der vorhandenen Bebauung.
Für die jungen Architekten 2b architectes ergab sich die Gelegenheit, im ehemaligen Garten einer Villa ein von ihnen maßgeschneidertes Haus zu realisieren. Das Grundstück wird durch eine mannshohe Gartenmauer aus rötlichbraunem Naturstein zur Straße abgegrenzt. Darüber erhebt sich nun ein rauer, kantiger Sichtbeton-Monolith. Die Idee war, dass der Block, braun pigmentiert, „organisch“ aus der Mauer „herauswachsen“ sollte. Seine Skulpturhaftigkeit und die geschickte Einbettung in das Gelände lassen ihn mal wuchtig und schwer, aus einer anderen Perspektive aber auch fein und elegant erscheinen. Die Form des Gebäudes entwickelte sich aus den nachbarschaftlichen Vorgaben heraus: möglichst geringe Verschattung und Freihalten der Ausblicke bei gleichzeitiger maximaler Ausnutzung des Grundstücks – ein Resultat ohne zwanghafte Suche nach einer Gestalt.
Drei verschiedene Fenstertypen sind wie zufällig in den Block eingeschnitten und über die Fassaden verteilt. Dabei unterstreicht der Gegensatz zwischen großmaßstäblichen fassadenbündigen Fenstern und tief in der Fassade liegenden Öffnungen die monolithische Wirkung des Baukörpers. Die Sichtbetonoberfläche der Fassade ist unterschiedlich behandelt. Scheinbar ohne Ordnung auf der Oberfläche verteilt, wechseln sich sandgestrahlte, glatte Strukturen mit rohen oder bronzefarben pigmentierten Brettschalungsstrukturen ab. Zufällig sind diese Muster nicht, denn jede Oberfläche zeigt die Lage jeweils einer der vier Wohnungen des Hauses an. Die Muster sind Abbild der außergewöhnlichen inneren Typologie des Hauses, mit der die Architekten die Vorteile eines Einfamilien- in ein Mehrfamilienhaus übertragen wollten: Jede Wohnung sollte in alle Himmelsrichtungen orientiert sein, mehrere Geschosse umfassen, einen eigenen Garten und einen separaten direkten Zugang von der Tiefgarage erhalten. Gleichzeitig war es den Architekten wichtig, das nachbarschaftliche Wohnen im gemeinsamen Haus zu unterstreichen. Dieser Anspruch führte zu einer komplizierten Grundrisslösung.
Treppen über Treppen
Aus der schmalen Nebenstraße erreicht man den Haupteingang und die Zufahrtsrampe zu den Garagen, die die gesamte Breite des Gebäudes einnehmen. Das Gebäude ist hier dreiseitig ins Gelände eingegraben und öffnet sich zum betonierten Vorplatz mit einem sich spiegelnden Fassadenband. Der Eingang führt in einen Patio, einen viergeschossigen Innenraum mit leichter Dachverglasung in der Mitte des Hauses. Windmühlenartig versetzt liegen auf dieser Zugangsebene die vier Eingangstüren. Jede Wohnung hat hier eine kleine Garderobe und einen direkten Zugang zur jeweiligen Garage und zum Keller im zweiten Untergeschoss. Die Wohnungen haben eine Größe zwischen 165 und 175 Quadratmetern, eine davon nutzen die Architekten derzeit als Büro.
Das Besondere ist die Anordnung: Alle vier Wohnungen winden sich um den Patio herum wie ineinander verschlungene Spiralen. Übereinanderliegende einläufige Treppen verbinden die unterschiedlichen Niveaus innerhalb der Wohnungen. Vom Eingang aus führen die Treppen zu den Wohnebenen im Erdgeschoss. Eine gedeckte Loggia verbindet diese Ebene mit dem jeweiligen Gartenbereich. In den Geschossen darüber gibt es flexible Räume, die als Schlaf- oder Arbeitszimmer oder als Kinderzimmer nutzbar sind. Jede Wohnung hat ihren eigenen Zuschnitt, kein Raum gleicht dem einer anderen Wohnung.
Die Ausstattung ist angenehm zurückhaltend: Türen, Fenster und Einbaumöbel sind schlicht weiß, der Parkettboden ist in jedem Raum gleich, auch die allgemeine Beleuchtung ist überall einheitlich. Dadurch wirken die Wohnungen, trotz ihrer Individualität, wie selbstverständliche Teile eines Ensembles. Dieser Eindruck wird verstärkt durch die Orientierung der Wohnungen in den gemeinschaftlichen Innenraum. Den Treppenläufen folgend, ermöglichen Fensterbänder den Blick in den Patio und sogar auf die gegenüberliegenden Treppenräume. Das Spiel bei den Innenwänden von gläsernen und verspiegelten Flächen erzeugt die Wirkung eines Spiegelkabinetts. Dabei verwischt die Grenze von Privatheit und Öffentlichkeit. Im Winter dient der Patio als Temperaturpuffer, im Sommer der Kühlung. Die Wände zwischen den Wohnungen und dem Patio sind bewusst als Innenwand konstruiert, eine Wärmeabgabe in den Patio ist erwünscht. Ein Fenster sorgt dafür, dass auch ein Luftaustausch zwischen Wohnung und Patio stattfinden kann. Das Dachoberlicht dient zur Durchlüftung. Ein riesiges Mobile hängt im Patio. Die Riesenletter „ROOM“ aus akustisch wirksamem Schaumstoff, spiegeln sich in den Innenwänden und unterstreichen die Eigenheit dieses fast schon surrealen Raums.
So ist auch das weiträumige Gelände des Universitätsspitals hoch oben über der Stadt innerhalb einer Viertelstunde vom Bahnhof aus erreichbar. Mit der neuen Linie erwacht nun auch die ruhige Wohngegend rund um die „Spitalstadt“ aus ihrem Dornröschenschlaf. Viele der gründerzeitlichen Stadtvillen werden renoviert, doch auch neue Häuser werden gebaut, denn die Stadt setzt aufgrund der Wohnungsknappheit und der seit Jahren stärker werdenden Zersiedlungstendenz in der Agglomeration stark auf die Verdichtung der vorhandenen Bebauung.
Für die jungen Architekten 2b architectes ergab sich die Gelegenheit, im ehemaligen Garten einer Villa ein von ihnen maßgeschneidertes Haus zu realisieren. Das Grundstück wird durch eine mannshohe Gartenmauer aus rötlichbraunem Naturstein zur Straße abgegrenzt. Darüber erhebt sich nun ein rauer, kantiger Sichtbeton-Monolith. Die Idee war, dass der Block, braun pigmentiert, „organisch“ aus der Mauer „herauswachsen“ sollte. Seine Skulpturhaftigkeit und die geschickte Einbettung in das Gelände lassen ihn mal wuchtig und schwer, aus einer anderen Perspektive aber auch fein und elegant erscheinen. Die Form des Gebäudes entwickelte sich aus den nachbarschaftlichen Vorgaben heraus: möglichst geringe Verschattung und Freihalten der Ausblicke bei gleichzeitiger maximaler Ausnutzung des Grundstücks – ein Resultat ohne zwanghafte Suche nach einer Gestalt.
Drei verschiedene Fenstertypen sind wie zufällig in den Block eingeschnitten und über die Fassaden verteilt. Dabei unterstreicht der Gegensatz zwischen großmaßstäblichen fassadenbündigen Fenstern und tief in der Fassade liegenden Öffnungen die monolithische Wirkung des Baukörpers. Die Sichtbetonoberfläche der Fassade ist unterschiedlich behandelt. Scheinbar ohne Ordnung auf der Oberfläche verteilt, wechseln sich sandgestrahlte, glatte Strukturen mit rohen oder bronzefarben pigmentierten Brettschalungsstrukturen ab. Zufällig sind diese Muster nicht, denn jede Oberfläche zeigt die Lage jeweils einer der vier Wohnungen des Hauses an. Die Muster sind Abbild der außergewöhnlichen inneren Typologie des Hauses, mit der die Architekten die Vorteile eines Einfamilien- in ein Mehrfamilienhaus übertragen wollten: Jede Wohnung sollte in alle Himmelsrichtungen orientiert sein, mehrere Geschosse umfassen, einen eigenen Garten und einen separaten direkten Zugang von der Tiefgarage erhalten. Gleichzeitig war es den Architekten wichtig, das nachbarschaftliche Wohnen im gemeinsamen Haus zu unterstreichen. Dieser Anspruch führte zu einer komplizierten Grundrisslösung.
Treppen über Treppen
Aus der schmalen Nebenstraße erreicht man den Haupteingang und die Zufahrtsrampe zu den Garagen, die die gesamte Breite des Gebäudes einnehmen. Das Gebäude ist hier dreiseitig ins Gelände eingegraben und öffnet sich zum betonierten Vorplatz mit einem sich spiegelnden Fassadenband. Der Eingang führt in einen Patio, einen viergeschossigen Innenraum mit leichter Dachverglasung in der Mitte des Hauses. Windmühlenartig versetzt liegen auf dieser Zugangsebene die vier Eingangstüren. Jede Wohnung hat hier eine kleine Garderobe und einen direkten Zugang zur jeweiligen Garage und zum Keller im zweiten Untergeschoss. Die Wohnungen haben eine Größe zwischen 165 und 175 Quadratmetern, eine davon nutzen die Architekten derzeit als Büro.
Das Besondere ist die Anordnung: Alle vier Wohnungen winden sich um den Patio herum wie ineinander verschlungene Spiralen. Übereinanderliegende einläufige Treppen verbinden die unterschiedlichen Niveaus innerhalb der Wohnungen. Vom Eingang aus führen die Treppen zu den Wohnebenen im Erdgeschoss. Eine gedeckte Loggia verbindet diese Ebene mit dem jeweiligen Gartenbereich. In den Geschossen darüber gibt es flexible Räume, die als Schlaf- oder Arbeitszimmer oder als Kinderzimmer nutzbar sind. Jede Wohnung hat ihren eigenen Zuschnitt, kein Raum gleicht dem einer anderen Wohnung.
Die Ausstattung ist angenehm zurückhaltend: Türen, Fenster und Einbaumöbel sind schlicht weiß, der Parkettboden ist in jedem Raum gleich, auch die allgemeine Beleuchtung ist überall einheitlich. Dadurch wirken die Wohnungen, trotz ihrer Individualität, wie selbstverständliche Teile eines Ensembles. Dieser Eindruck wird verstärkt durch die Orientierung der Wohnungen in den gemeinschaftlichen Innenraum. Den Treppenläufen folgend, ermöglichen Fensterbänder den Blick in den Patio und sogar auf die gegenüberliegenden Treppenräume. Das Spiel bei den Innenwänden von gläsernen und verspiegelten Flächen erzeugt die Wirkung eines Spiegelkabinetts. Dabei verwischt die Grenze von Privatheit und Öffentlichkeit. Im Winter dient der Patio als Temperaturpuffer, im Sommer der Kühlung. Die Wände zwischen den Wohnungen und dem Patio sind bewusst als Innenwand konstruiert, eine Wärmeabgabe in den Patio ist erwünscht. Ein Fenster sorgt dafür, dass auch ein Luftaustausch zwischen Wohnung und Patio stattfinden kann. Das Dachoberlicht dient zur Durchlüftung. Ein riesiges Mobile hängt im Patio. Die Riesenletter „ROOM“ aus akustisch wirksamem Schaumstoff, spiegeln sich in den Innenwänden und unterstreichen die Eigenheit dieses fast schon surrealen Raums.
0 Kommentare