Bauwelt

Karl Junker: Junkerhaus

Position Nr. 02

Text: Geipel, Kaye, Berlin

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    Karl Junker (1850-1912) in seinem Atelier

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    Gerhard Milting

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    Vestibül mit Treppenaufgang
    Gerhard Milting

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    Atelier im EG
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Gerhard Milting

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Karl Junker: Junkerhaus

Position Nr. 02

Text: Geipel, Kaye, Berlin

Ein bizarrer Bau in Lemgo vertritt seit hundert Jahren eine exotische Po­sition: Weder die Bezeichnung Wohnhaus noch die Etiketten „art brut“ oder „outsider art“ werden ihm gerecht.
Die These, dass das einfache Wohnhaus die Architekturform per se sei, veredelt noch das schäbigste Fertighaus. Aber verwundern muss es dann doch, warum gerade in solch banalen Modellen die Wünsche Hunderttausender aufgehen. Auf der anderen Seite stehen die Unikate, sogenannte Künstlerhäuser. Diese lassen – obwohl sie vielleicht auch wie jedes gewöhnliche Wohnhaus Küche, Wohn- und Arbeitszimmer, Treppe nach oben und Schlafzimmer aufweisen – die Vorstellung von der Banalität des Wohnens hinter sich, um einer fixen Idee hinterherzujagen und manchmal einen traumähnlichen Kosmos zustande zu bringen.
Das Junkerhaus in Lemgo, mit seinen Abertausenden von bemalten und geschnitzten Latten, deren diaphane Konstruktion an Beinhäuser erinnert, zeigt solch einen Kosmos. Es ist gleichzeitig so nah und so weit weg von jeder Normalvorstellung des Wohnens, dass man als Besucher einfach dasteht und sich wundert. Mit gutem Gespür für solche subliminalen Vorgänge hat die Firma fsb aus Brakel im Rahmen einer von ihr gesponserten Vortragsreihe kürzlich auf die überregionale Bedeutung des Hauses hin­gewiesen. Die eingeladene Kunsthistorikerin Bettina Rudhoff sieht in ihm eine Urhütte und stellt es in eine Reihe mit wichtigen Künstlerhäusern des 20. Jahrhunderts. Junkers Bedeutung liegt vor allem darin, dass er ein einfaches Wohnhaus – Gebäudeform, Grundrisse und Disposition sind herkömmlich – allein durch die dreidimensionale Dekoration, die beim Treppenhaus da und dort auch strukturelle Eigenschaf­ten annimmt, in einen faszinierenden Albtraum verwandelt.
23 Jahre, zwischen 1889 und 1912, hat der Architekt und Künstler Karl Junker (1850–1912) an seinem Haus gehobelt, geschnitzt und geklopft. Wie durch ein Wunder hat der Bau die Diffamierung als „Haus eines Verrückten“ und zwei Weltkriege überlebt. Vor einigen Jahren wurde es saniert und um ein Museum ergänzt (www.junkerhaus.de). Eine fast brutale Aktua­lität erhält dieses Haus heute, weil die halbdunklen Räume – elektrisches Licht gab es hier nie – auch aus der 3D-Welt eines Horrorfilms stammen könnten.
Fakten
Architekten Junker, Karl (1850–1912)
aus Bauwelt 37.2010
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