Bauwelt

Katastrophe oder nicht?

Ariel Schlesinger in Braunschweig

Text: Brosowsky, Bettina Maria, Braunschweig

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Untitled (empty room Braunschweig), 2011
Courtesy Galerija Gregor Podnar; Foto: Kunstverein Braunschweig

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Untitled (empty room Braunschweig), 2011

Courtesy Galerija Gregor Podnar; Foto: Kunstverein Braunschweig


Katastrophe oder nicht?

Ariel Schlesinger in Braunschweig

Text: Brosowsky, Bettina Maria, Braunschweig

Wenn ein junger israelischer Künstler das Element Gas und die zugehörigen Stahlflaschen als seinen künstlerischen Werkstoff nimmt, schnürt sich einer deutschen Betrachterin erst einmal der Hals zu.
Aber Ariel Schlesinger, 1980 in Jerusalem geboren, in Israel und den USA ausgebildet und derzeit in Berlin lebend, will mit dem assoziationsreichen Material nicht vordergründig auf die deutsche Fundamentalschuld anspielen. Gleichwohl thematisiert er existentielle Gefahren, schafft er zumindest gefährlich anmutende Situationen.
Mit seiner ersten institutionellen Einzelausstellung in Deutschland ist Ariel Schlesinger nun in der Remise des Kunstvereins Braunschweig vertreten. Er hat den großen Ausstellungsraum zum Eingangsflur hin mit einer Glastür verschlossen, die nicht geöffnet werden kann. In dem ansonsten leeren Raum stehen sechs rote Gasflaschen, die auch durch die Fenster vom Hof her in ihrem ganzen Gefahrenpotenzial wahrgenommen werden können. Auf der Glasfläche der Tür züngelt eine winzige Flamme aus einer Metalldüse. Natürlich vertraut man darauf, dass einem die Remise nicht im nächsten Augenblick um die Ohren fliegt, aber sicher ist man sich da keineswegs. Schlesinger reizt die Verunsicherung, die Fragilität dieser Situation vollkommen aus.
Im Garten liegt eine weitere Gasflasche. Sie speist einen kleinen Schweißbrenner, der wiederum seinen Feuerstrahl auf den Stahlmantel der Gasflasche richtet. „Gas loop“ heißt die Arbeit lapidar, und Ariel Schlesinger lässt einen mit wortreichen Beschreibungen und ansteckendem Lachen erneut im Unklaren ob der realen Gefahr, die von dem Objekt ausgehen könnte. Als dritte Arbeit läuft in dem Videoraum eine zwei-Minuten-Schleife. Eine zarte aber energische Hand entzündet abgebrannte Streichhölzer an einer Streichholzschachtel. Hier erklärt der Künstler nun, dass er einen alten Trick aus den 1920er Jahren aufgegriffen habe. Es gäbe eine spezielle Flüssigkeit, die verkohlte Streichholz-Enden durch Reibung wieder entflammbar machen würde. Ein ganz spezieller, surrealer Humor liegt in dieser Arbeit, denn scheinbar Wertloses wird hier wieder zu Wertvollem oder zumindest gegen den üblichen Gebrauch benutzt. Mit seiner inversen Ingenieurskunst konstruiert Schlesinger auch magische Maschinen. Seine „Bubble Machine“ etwa produziert gasgefüllte Seifenblasen, die sich beim Herabfallen an einer elektrischen Ladung entzünden und geräuschvoll zerplatzen. Das Gerät ist leider nicht in Braunschweig zu bestaunen, sondern auf Schlesingers derzeitiger Ausstellung in New York.
So ist man schlussendlich doch ziemlich sicher, dass es sich bei den beiden gefahrverheißenden Flammen-Installationen wohl ebenfalls um einen subtilen, bestens verborgenen Trick handelt. Eine aufziehende Katastrophe sieht bekanntlich ja nur der, der darauf besteht, eine Katastrophe sehen zu wollen.

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