Landmarks
The Modern House in Denmark
Text: Höhns, Ulrich, Oldenbüttel
Landmarks
The Modern House in Denmark
Text: Höhns, Ulrich, Oldenbüttel
Wenn eine Architekturpublikation mit historischem Thema, von großer Begeisterung des Autors für sein Anliegen getragen, mit wissenschaftlicher Präzision sowie hoher Darstellungs- und Abbildungsqualität verbunden wird, dann entsteht ein gutes Buch. Auf Anhieb überzeugen Aufmachung und Darstellung, auch wenn sich die Struktur nicht sofort erschließt.
Im Zentrum stehen 14 kleine bis mittelgroße Einfamilienhäuser in Dänemark aus den 50er Jahren, dem „Goldenen Zeitalter“ der Architektur-Moderne dieses Landes. Die meisten bauten die Architektinnen und Architekten für sich und ihre Familien, es sind aber auch strukturalistische Kleinformen dabei, wie das scheinbar flach über dem Boden schwebende Gästehaus für den Physiker Niels Bohr. Gebaute Manifeste des – historisch gesehen – bereits zweiten Aufbruchs, nun in eine erstmals typisch dänische Moderne. Klar in der Aussage und im Layout, immer etwas „schräg“ und erfindungsreich in den Details, karg und mit den eigenen „Klassikern“ möbliert, optimiert in den Grundrissen, die stets dem Primat maximaler Bequemlichkeit dienen und die Nebenräume so klein wie möglich halten, um dann im Wohnbereich richtig Platz zu schaffen. Und immer mit grandiosen Ausblicken in eine weite Natur.
Gut, dass nicht nur die auch außerhalb Dänemarks geläufigen „großen“ Namen Erwähnung finden: Arne Jacobsen, Jørn Utzon, Vilhelm Wohlert und Jørgen Bo, Inger und Johannes Exner. Wer kennt hierzulande Eva und Nils Koppel, Karen und Ebbe Clemmensen, Erik Christian Sørensen, Knud Friis oder Hanne Kjærholm? Sie haben auf gleichem Niveau wie ihre bekannteren Kollegen Häuser von hoher Authentizität und Aussagekraft entworfen und erhalten jetzt den ihnen zustehenden Platz in der Architekturgeschichte.
Der dänische, von Frank Lloyd Wright und der deutschen Avantgarde der 20er Jahre inspirierte Sonderweg zur „ersten“, also klassischen Moderne vor dem Zweiten Weltkrieg wird erklärt und welche Folgen die Besetzung Dänemarks durch Nazi-Deutschland hatte. Führende Architekten gingen damals ins schwedische Exil, von Utzon, einem der ersten, bis zu Jacobsen 1943. Deren Erfahrungen hatten Einfluss auf die Nachkriegsarchitektur ihres Landes. Prägnante Schwarz-Weiß-Aufnahmen zeigen einige dieser Bauten, die in Dänemark damals sofort publiziert wurden. Das Buch führt sie jetzt ausführlich und in Farbe vor, so, wie sie heute aussehen, von außen und – fast noch wichtiger – von innen prä-zise und nostalgiefrei von Thomas Loof und Pernille Pedersen fotografiert. Diese Porträts geben die Architektur der Häuser und die ihnen eigene Atmosphäre einfühlsam wieder, und es ist faszinierend zu sehen, wie sie in den fünfzig, sechzig Jahren ihrer Existenz gealtert sind. Die Lektüre wird zur Zeitreise. Es ist genau ablesbar, welche hohe Wertschätzung die Häuser bei ihren Bewohnern genießen, welchen ebenso hohen Gebrauchswert sie haben, und wie sehr
sie sich der Musealisierung dank der nonchalanten Lässigkeit der Attitüde sowohl ihrer Entwerfer als auch ihrer Bewohner entziehen. Die Geschichten zu den Bauten, ihren Architekten, Bauherren und Orten sind fundiert und als lebendige Hintergrundinformationen willkommen. Jedem Architekten wird eine Doppelseite gewidmet, mit biografischen Angaben und Abbildungen weiterer Bauten, die das Bild ergänzen und die Entwicklung und oft auch Stringenz des jeweiligen Œuvres verdeutlichen.
sie sich der Musealisierung dank der nonchalanten Lässigkeit der Attitüde sowohl ihrer Entwerfer als auch ihrer Bewohner entziehen. Die Geschichten zu den Bauten, ihren Architekten, Bauherren und Orten sind fundiert und als lebendige Hintergrundinformationen willkommen. Jedem Architekten wird eine Doppelseite gewidmet, mit biografischen Angaben und Abbildungen weiterer Bauten, die das Bild ergänzen und die Entwicklung und oft auch Stringenz des jeweiligen Œuvres verdeutlichen.
Alle diese Wohnhäuser sind bedeutende Zeugnisse der jüngeren dänischen Architekturgeschichte. Die heute tonangebende, meist weniger leise auftretende und zudem eher international orientierte Gegenwartsarchitektur des Landes ist davon so weit entfernt, dass man von einem Traditionsbruch sprechen muss, in dem sich wohl auch ein Generationskonflikt spiegelt. Die beispielgebende künstlerische und intellektuelle Kraft der in diesem Buch klug versammelten und ästhetisch auf hohem Niveau vermittelten „gemütlichen“ Moderne in weiter Landschaft war gestern, so frisch und anmutig sie hier auch aufscheinen mag.
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