„Maximal zu einem Drittel!“
Interview mit Regula Lüscher zum Konjunkturpaket II
Text: Brinkmann, Ulrich, Berlin; Külbel, Dorothea, Berlin
„Maximal zu einem Drittel!“
Interview mit Regula Lüscher zum Konjunkturpaket II
Text: Brinkmann, Ulrich, Berlin; Külbel, Dorothea, Berlin
Senatsbaudirektorin Regula Lüscher blickt zufrieden auf die Wirkung des Konjunkturpakets II. Um aber den Sanierungsstau in Berlins öffentlichen Gebäuden endgültig aufzulösen, bräuchte es zwei weitere Programme dieser Art.
Frau Lüscher, Ende 2011 sollten die Projekte des Konjunkturpakets II abgeschlossen sein. Rund 680 Millionen Euro standen Berlin aus diesem Programm zur Verfügung. Was waren die offiziellen Ziele des Berliner Senats, die mit dieser Summe erreicht werden sollten?
Als wirtschaftspolitisches Programm ging es in erster Linie um Konjunkturförderung. Wir haben es als Chance gesehen, den Sanierungsstau abzubauen, der eine große Belastung für uns war. Außerdem war der umweltpolitische Aspekt sehr wichtig. Es ging einerseits um energetische Sanierungen, andererseits um die Förderung von Bildungseinrichtungen. Uns im Senat war auch der baukulturelle Aspekt sehr wichtig. Das Problem bei all dem war die kurze Zeit, die uns zu Verfügung stand. Der Planungsvorlauf war extrem knapp. Daher war es wenig bis gar nicht möglich, über Wettbewerbsverfahren zu arbeiten. Außerdem waren die Firmen in der kurzen Zeit extrem ausgelastet bis überlastet. In der Verwaltung haben wir es als Chance gesehen, befristete Einstellungen zu tätigen. Das war nur eine temporäre Sache, zugegeben, aber junge Leute haben einen Einblick in die Bauverwaltung bekommen.
Gab es Lerneffekte, die nachhaltig sind?
Zwei, drei junge Leute konnten wir nach Abschluss des Programms übernehmen. Außerdem konnten wir in diesem Rahmen neue Mitarbeiter testen, das ist natürlich viel effektiver als ein Bewerbungsgespräch. Schließlich entstand ein ganz neuer Gemeinschaftssinn durch die Herausforderung, das große Volumen des Konjunkturpakets mit den seit Jahren immer weiter reduzierten Ressourcen in der Verwaltung überhaupt zu bewältigen. Dieses gemeinsame Ziel hat im Senat wie in den Bezirken alle an einem Strang ziehen lassen.
Wie groß war der politische Handlungsspielraum des Senats beim Einsatz dieser Gelder? Mussten Sie die Verwendung gegenüber der Bundesregierung im Einzelfall nachweisen?
Seitens des Bundes gab es ein ganz klares Controlling. Bei der Abrechnung mussten alle Ausgaben nachgewiesen werden, sonst gab es keine Fördermittel. Aber das ist auch ein kommunikativer Prozess. Da ist es wichtig, sowohl mit der Controlling-Gruppe als auch mit den Nutzern und Bauträgern im Dialog zu stehen, um eventuell ein anderes Projekt nachrücken zu lassen.
Baukulturell hatten wir jedoch sehr wenig Handlungsspielraum. Es kamen nur wenige Neubauten zustande, meistens Sanierungen und vorrangig kleinere Bauprojekte. Bei den Sanierungen war uns wichtig, die Gebäude als architektonische Zeitzeugen zu respektieren. Nehmen Sie nur die vier Oberstufenzentren aus den 1970er Jahren – die prägen ganze Quartiere. Diese Sanierungen haben wir als VOF-Verfahren realisiert, und das Baukollegium hat die Planungen begleitet und gelegentlich auch kritisiert. Für den Neubau der Turnhalle in der Malmöer Straße konnten wir sogar ein kleines Wettbewerbsverfahren durchführen.
Gut ist an dem „Gießkannenprinzip“ der vielen kleineren Maßnahmen, dass wir lokale Firmen beteiligen konnten: 85 Prozent kamen aus Berlin oder Brandenburg! Die Vergabeplattform im Internet wurde ausgebaut und so gestaltet, dass alle Projektbeteiligten Zugriff hatten. Auf diese Weise ist eine bessere interne Kommunikation entstanden.
Welches Projekt liegt Ihnen besonders am Herzen?
Mir lagen die kulturellen Objekte besonders am Herzen, die Baudenkmäler, die wir hatten. Die Schaubühne, die Amerika-Gedenk-Bibliothek, das Bauhaus-Archiv, um nur einige zu nennen. Diese Institutionen haben sich sehr über das Konjunkturpaket gefreut, weil ihre Vorhaben oft schon jahrelang geplant waren. In diesem Rahmen konnten wir viele kleine Dinge umsetzen. In der Deutschen Oper gibt es zum Beispiel eine komplett neue, nach den neuesten Umweltstandards ausgestattete Lichtgestaltung im Inneren, die auch im Rahmen eines Wettbewerbsverfahrens ausgewählt wurde.
Wie haben Sie die unterschiedlichen Interessen der Nutzer und die des Landes Berlin verhandelt?
Es gab keine Probleme zwischen den Nutzern und dem Land Berlin, sondern mehr in Bezug auf die Aufsetzung des Programms durch den Bund. Aufgrund der strengen Regularien konnten nicht alle baulich notwendigen Maßnahmen umgesetzt werden. Es gab beispielsweise häufig nur eine Außensanierung, und innen blieb alles beim Alten. Wir hatten da nicht viel Spielraum, da eine Kofinanzierung über den Senat nicht möglich war, also die Förderung einer Teilmaßnahme über das KP II und anderer Teilmaßnahmen durch den Senat. Das ging nicht. Das haben die Nutzer anfangs nicht verstanden, es dann aber irgendwann akzeptiert. Das waren die Nachteile der Förderkriterien.
Inwieweit gab es Konflikte bei klimatischen Sanierungen und beim Erhalt der historischen Bausubstanz?
Teilweise waren Sanierungen unter den Förderbedingungen gar nicht möglich, weil die Planungszeit aufgrund baudenkmalpflegerischer Anforderungen zu lang oder zu komplex war und es auch keine Zeit gab, Sonderlösungen zu erarbeiten. Da mussten wir einige Projekte außer Acht lassen. Die Konzentration auf die Projektauswahl war eigentlich das zentrale Thema.
Wie wurden die Projekte ausgewählt, die mit den Mitteln des Konjunkturpakets finanziert werden sollten?
Die Bezirke haben ihre eigenen Projekte vorgeschlagen. Auf Senatsebene waren die jeweiligen Aufgaben- und Zuständigkeitsbereiche verschiedenen Portfolien mit entsprechenden Mitteln zugeordnet. Innerhalb der Portfolien haben die zuständigen Verwaltungen ihre Projekte ausgewählt. Dann haben wir einfach die Projektliste abgearbeitet, in Abstimmung mit den Nutzern. Theater zum Beispiel haben ihre Spielzeiten, in denen gar nichts geht.
Und wie erfolgte die planerische Umsetzung? Wurden die Planungsaufträge überwiegend direkt vergeben oder über Bewerbungsverfahren?
Nahezu alle Projekte befanden sich unterhalb des Schwellenwertes, über dem EU-Vergabeverfahren zwingend durchzuführen sind. Dadurch konnten alle Vergabeverfahren national und freihändig, aber nicht direkt vergeben werden. Entscheidend für die Auswahl der Planer war oftmals aufgrund des extremen Zeitdrucks Orts- und Fachkompetenz bezüglich der Liegenschaft.
Inwieweit konnte der Sanierungsstau im öffentlichen Baubestand mit dem KP II abgebaut werden?
Maximal zu einem Drittel!
Die nächste Krise kommt bestimmt. Welche Wünsche würden Sie an ein kommendes Konjunkturpaket richten?
Wir brauchen einen längeren Vorlauf, um auch Innovationen und die Baukultur zu fördern. Das hat einerseits mit der Planung zu tun, andererseits geht es dabei auch um die Auslastung der Firmen. Wenn sie nur kurze Zeit überlastet sind, werden sie ihre Kapazitäten nicht auf lange Sicht ausbauen. Das ist eine ungesunde Struktur, ein kurzfristiges Aufblasen, dem die Nachhaltigkeit fehlt. Auf der Planungsseite ermöglicht ein längerer Vorlauf natürlich mehr Wettbewerbe. Es gab schon das eine oder andere Projekt, bei dem ich mir das gewünscht hätte, bei den vier Oberstufenzentren etwa hätten wir auch gerne einen Wettbewerb gehabt. Es gibt dann einfach mehr Alternativen, als nur zwischen totaler Überformung und Identitätswahrung zu entscheiden.
Was sagen Sie zur Nachhaltigkeit?
Ziel war es, die EnEV 2009 um 3o Prozent zu unterbieten. Das kleine architektonische Plus war aber oft schwierig umzusetzen. Und junge Büros kann man mit solch einem Programm nicht fördern. Die wissen noch nicht, wie Verwaltung funktioniert, und diese Sicherheit auf der Planerseite war
für uns bei den engen Zeit- und Kostenrahmen ganz wichtig. Bauen für Private funktioniert einfach anders.
Als wirtschaftspolitisches Programm ging es in erster Linie um Konjunkturförderung. Wir haben es als Chance gesehen, den Sanierungsstau abzubauen, der eine große Belastung für uns war. Außerdem war der umweltpolitische Aspekt sehr wichtig. Es ging einerseits um energetische Sanierungen, andererseits um die Förderung von Bildungseinrichtungen. Uns im Senat war auch der baukulturelle Aspekt sehr wichtig. Das Problem bei all dem war die kurze Zeit, die uns zu Verfügung stand. Der Planungsvorlauf war extrem knapp. Daher war es wenig bis gar nicht möglich, über Wettbewerbsverfahren zu arbeiten. Außerdem waren die Firmen in der kurzen Zeit extrem ausgelastet bis überlastet. In der Verwaltung haben wir es als Chance gesehen, befristete Einstellungen zu tätigen. Das war nur eine temporäre Sache, zugegeben, aber junge Leute haben einen Einblick in die Bauverwaltung bekommen.
Gab es Lerneffekte, die nachhaltig sind?
Zwei, drei junge Leute konnten wir nach Abschluss des Programms übernehmen. Außerdem konnten wir in diesem Rahmen neue Mitarbeiter testen, das ist natürlich viel effektiver als ein Bewerbungsgespräch. Schließlich entstand ein ganz neuer Gemeinschaftssinn durch die Herausforderung, das große Volumen des Konjunkturpakets mit den seit Jahren immer weiter reduzierten Ressourcen in der Verwaltung überhaupt zu bewältigen. Dieses gemeinsame Ziel hat im Senat wie in den Bezirken alle an einem Strang ziehen lassen.
Wie groß war der politische Handlungsspielraum des Senats beim Einsatz dieser Gelder? Mussten Sie die Verwendung gegenüber der Bundesregierung im Einzelfall nachweisen?
Seitens des Bundes gab es ein ganz klares Controlling. Bei der Abrechnung mussten alle Ausgaben nachgewiesen werden, sonst gab es keine Fördermittel. Aber das ist auch ein kommunikativer Prozess. Da ist es wichtig, sowohl mit der Controlling-Gruppe als auch mit den Nutzern und Bauträgern im Dialog zu stehen, um eventuell ein anderes Projekt nachrücken zu lassen.
Baukulturell hatten wir jedoch sehr wenig Handlungsspielraum. Es kamen nur wenige Neubauten zustande, meistens Sanierungen und vorrangig kleinere Bauprojekte. Bei den Sanierungen war uns wichtig, die Gebäude als architektonische Zeitzeugen zu respektieren. Nehmen Sie nur die vier Oberstufenzentren aus den 1970er Jahren – die prägen ganze Quartiere. Diese Sanierungen haben wir als VOF-Verfahren realisiert, und das Baukollegium hat die Planungen begleitet und gelegentlich auch kritisiert. Für den Neubau der Turnhalle in der Malmöer Straße konnten wir sogar ein kleines Wettbewerbsverfahren durchführen.
Gut ist an dem „Gießkannenprinzip“ der vielen kleineren Maßnahmen, dass wir lokale Firmen beteiligen konnten: 85 Prozent kamen aus Berlin oder Brandenburg! Die Vergabeplattform im Internet wurde ausgebaut und so gestaltet, dass alle Projektbeteiligten Zugriff hatten. Auf diese Weise ist eine bessere interne Kommunikation entstanden.
Welches Projekt liegt Ihnen besonders am Herzen?
Mir lagen die kulturellen Objekte besonders am Herzen, die Baudenkmäler, die wir hatten. Die Schaubühne, die Amerika-Gedenk-Bibliothek, das Bauhaus-Archiv, um nur einige zu nennen. Diese Institutionen haben sich sehr über das Konjunkturpaket gefreut, weil ihre Vorhaben oft schon jahrelang geplant waren. In diesem Rahmen konnten wir viele kleine Dinge umsetzen. In der Deutschen Oper gibt es zum Beispiel eine komplett neue, nach den neuesten Umweltstandards ausgestattete Lichtgestaltung im Inneren, die auch im Rahmen eines Wettbewerbsverfahrens ausgewählt wurde.
Wie haben Sie die unterschiedlichen Interessen der Nutzer und die des Landes Berlin verhandelt?
Es gab keine Probleme zwischen den Nutzern und dem Land Berlin, sondern mehr in Bezug auf die Aufsetzung des Programms durch den Bund. Aufgrund der strengen Regularien konnten nicht alle baulich notwendigen Maßnahmen umgesetzt werden. Es gab beispielsweise häufig nur eine Außensanierung, und innen blieb alles beim Alten. Wir hatten da nicht viel Spielraum, da eine Kofinanzierung über den Senat nicht möglich war, also die Förderung einer Teilmaßnahme über das KP II und anderer Teilmaßnahmen durch den Senat. Das ging nicht. Das haben die Nutzer anfangs nicht verstanden, es dann aber irgendwann akzeptiert. Das waren die Nachteile der Förderkriterien.
Inwieweit gab es Konflikte bei klimatischen Sanierungen und beim Erhalt der historischen Bausubstanz?
Teilweise waren Sanierungen unter den Förderbedingungen gar nicht möglich, weil die Planungszeit aufgrund baudenkmalpflegerischer Anforderungen zu lang oder zu komplex war und es auch keine Zeit gab, Sonderlösungen zu erarbeiten. Da mussten wir einige Projekte außer Acht lassen. Die Konzentration auf die Projektauswahl war eigentlich das zentrale Thema.
Wie wurden die Projekte ausgewählt, die mit den Mitteln des Konjunkturpakets finanziert werden sollten?
Die Bezirke haben ihre eigenen Projekte vorgeschlagen. Auf Senatsebene waren die jeweiligen Aufgaben- und Zuständigkeitsbereiche verschiedenen Portfolien mit entsprechenden Mitteln zugeordnet. Innerhalb der Portfolien haben die zuständigen Verwaltungen ihre Projekte ausgewählt. Dann haben wir einfach die Projektliste abgearbeitet, in Abstimmung mit den Nutzern. Theater zum Beispiel haben ihre Spielzeiten, in denen gar nichts geht.
Und wie erfolgte die planerische Umsetzung? Wurden die Planungsaufträge überwiegend direkt vergeben oder über Bewerbungsverfahren?
Nahezu alle Projekte befanden sich unterhalb des Schwellenwertes, über dem EU-Vergabeverfahren zwingend durchzuführen sind. Dadurch konnten alle Vergabeverfahren national und freihändig, aber nicht direkt vergeben werden. Entscheidend für die Auswahl der Planer war oftmals aufgrund des extremen Zeitdrucks Orts- und Fachkompetenz bezüglich der Liegenschaft.
Inwieweit konnte der Sanierungsstau im öffentlichen Baubestand mit dem KP II abgebaut werden?
Maximal zu einem Drittel!
Die nächste Krise kommt bestimmt. Welche Wünsche würden Sie an ein kommendes Konjunkturpaket richten?
Wir brauchen einen längeren Vorlauf, um auch Innovationen und die Baukultur zu fördern. Das hat einerseits mit der Planung zu tun, andererseits geht es dabei auch um die Auslastung der Firmen. Wenn sie nur kurze Zeit überlastet sind, werden sie ihre Kapazitäten nicht auf lange Sicht ausbauen. Das ist eine ungesunde Struktur, ein kurzfristiges Aufblasen, dem die Nachhaltigkeit fehlt. Auf der Planungsseite ermöglicht ein längerer Vorlauf natürlich mehr Wettbewerbe. Es gab schon das eine oder andere Projekt, bei dem ich mir das gewünscht hätte, bei den vier Oberstufenzentren etwa hätten wir auch gerne einen Wettbewerb gehabt. Es gibt dann einfach mehr Alternativen, als nur zwischen totaler Überformung und Identitätswahrung zu entscheiden.
Was sagen Sie zur Nachhaltigkeit?
Ziel war es, die EnEV 2009 um 3o Prozent zu unterbieten. Das kleine architektonische Plus war aber oft schwierig umzusetzen. Und junge Büros kann man mit solch einem Programm nicht fördern. Die wissen noch nicht, wie Verwaltung funktioniert, und diese Sicherheit auf der Planerseite war
für uns bei den engen Zeit- und Kostenrahmen ganz wichtig. Bauen für Private funktioniert einfach anders.
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