Bauwelt

Meister des Weglassens

John-Pawson-Werkschau in München

Text: Paul, Jochen, München

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    John Pawson, Jahrgang 1949, Architekturstudium abgebrochen. In den 90er Jahren wird er mit der Gestaltung von Calvin Klein-Shops bekannt. Von seinen zahlreichen Entwürfen für Privathäuser wurden nicht alle gebaut.
    © Orla Connolly

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    John Pawson, Jahrgang 1949, Architekturstudium abgebrochen. In den 90er Jahren wird er mit der Gestaltung von Calvin Klein-Shops bekannt. Von seinen zahlreichen Entwürfen für Privathäuser wurden nicht alle gebaut.

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© Jens Weber

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Meister des Weglassens

John-Pawson-Werkschau in München

Text: Paul, Jochen, München

Bereits zwei „EL croquis“-Ausgaben widmeten sich John Pawson – nun die Ausstellung in der Pinakothek der Moderne: Minimalismus hat wieder Konjunktur, und dessen Großmeister ist gefragt dieser Tage.
Das Architekturmuseum der TU München richtet dem 1949 in Halifax/Yorkshire geborenen Architekten die erste große Werkschau in Deutschland aus. Das Spektrum reicht dabei von Inneneinrichtungen der frühen 80er Jahre über Landmarken wie die Sackler Crossing Brigde in den Kew Gardens bis zu aktuellen Projekten wie dem neuen Zisterzienserkloster von Nový Dvůr in Böhmen, der Neugestaltung der Kirche St. Moritz in Augsburg oder jüngst dem Umbau des Commonwealth Institute in London zum weltgrößten Designmuseum.
Dass die Schau auch John Pawsons Motiv der Leere aufgreift, überrascht nicht: Räumlicher und thematischer Mittelpunkt ist eine von ihm entworfene begehbare Rotunde, in der die Besucher seine Architektur unmittelbar erleben sollen – und die trotz perfekter Proportionen und Lichtführung an die Grenzen dessen stößt, was Ausstellungsarchitektur zu leisten vermag. Überraschend jedoch: wie sinnlich Minimalismus sein kann.
Das wird gleich im ersten Ausstellungsraum deutlich: Die 1,80 x 3 Meter großen Farbfotografien von Jens Weber sind, zusammengesetzt aus bis zu 92 Einzelaufnahmen, nicht nur unglaublich tiefenscharf, sondern wirken auf den steingrauen Wänden noch wesentlich farbiger; die Materialproben, die gemeinsam mit wenigen Modellen in dem Raum die Akzente setzen, dürfen sogar angefasst (!) werden. Hinter der erwähnten Rotunde, die ein raumhoher Vorhang aus dunkelgrauem Wollfilz vom ersten Saal trennt, betritt man ein Kabinett – dort ist eine Anthologie von Pawsons eigenen Fotos zu sehen. Für den Entwurfsprozess spielen sie neben Modellen die entscheidende Rolle. Da Pawson, wie er selbst sagt, „kein guter Zeichner“ ist, arbeitet er kaum mit Skizzen, fotografiert dafür aber exzessiv mit der stets präsenten Digitalkamera: Um die Eigenschaften eines Raums zu untersuchen, um ein Gefühl zu entwickeln, wie die Verbindungen und Proportionen wirken werden und welche Qualität das Licht haben wird. So ist über die Jahre ein Bildtagebuch von mehr als 230.000 Aufnahmen zusammengekommen. 136 sorgfältig ausgewählte Bildpaare – links John Pawsons Schnappschüsse, rechts die Umsetzung in seine Architektur –, projiziert ein Beamer als Endlosschleife: Sie vermitteln einen beeindruckenden Einblick in Sehen und Denken des Architekten.
Im Tageslichtsaal schließlich illustrieren von Pawson gestaltete Gebrauchsgegenstände und zahlreiche Modelle von Wohnhäusern, Kirchen und Kapellen die Bandbreite seines Schaffens und seine Entwurfsphilosophie. Mit seiner Haltung, dass alles Architektur sei und es keinen Unterschied zwischen dem Bau eines Hauses, dem Entwurf einer Gabel oder eines Bühnenbilds gebe, steht Pawson in einer Kontinuität, die vom Werkbund über das Bauhaus bis zur Ulmer Hochschule reicht; mit seiner Reduktion auf das Wesentliche in der Tradition von Zisterziensern und Shakern, von Zen-Buddhismus und minimal art.
Ganz und gar nicht minimalistisch ist die Anzahl der Begleitpublikationen: Neben dem Ausstellungskatalog werden die Phaidon-Press-Bände „A Visual Inventory. John Pawson“ mit Fotos aus seinem eigenen Archiv und „John Pawson. Plain Space“ (Bauwelt 11.12) angeboten.
Fakten
Architekten Pawson, John, London
aus Bauwelt 12.2012
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