Bauwelt

Mensch, Raum, Apparat

Bühnen­experimente am Bauhaus Dessau

Text: Wieland, Kerstin, Berlin

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Ludwig Hirschfeld-Mack am Klavier während der Aufführung seiner Farbenlichtspiele (rechts: Marli Heimann, Mitte: F.W. Bogler), 1924

Foto: Bauhaus-Archiv Berlin © Kaj Delugan

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Ludwig Hirschfeld-Mack am Klavier während der Aufführung seiner Farbenlichtspiele (rechts: Marli Heimann, Mitte: F.W. Bogler), 1924

Foto: Bauhaus-Archiv Berlin © Kaj Delugan


Mensch, Raum, Apparat

Bühnen­experimente am Bauhaus Dessau

Text: Wieland, Kerstin, Berlin

Am Anfang sind Worte. Aus Lautsprechern, die um ein graues, quadratisches Podest gruppiert sind – es ist der Bauhausbühne nachempfunden – sind Gropius, Schlemmer und Moholy-Nagy zu hören. Sie führen ein fiktives Gespräch über Ideen ihrer Zeit, die auch das Bauhaus und seine Bühne bestimmten.
Bühne verstand man hier als Raum für Experimente, nicht nur für Theater oder Triadisches Ballett. Zur Bühne wurde die Aula ebenso, wie das Haus selbst. Schüler und Meister probierten gemeinsam aus, was zuvor durchdacht worden war, auch wie man gemeinschaftlich arbeiten kann, ohne Individualität zu verlieren.
Hinter dem Prolog öffnet sich der Ausstellungsraum. Er ist halbdunkel, von irgendwoher kommt Musik. Die rechten Winkel sind durch Stellwände gebrochen, man meint, sich in einer Ellipse zu bewegen. In der Mitte des Raums werden auf Bildschirmen Filme von Ballettinszenierungen gezeigt. Der erste Blick des Besuchers fällt auf eine eigentümliche Kiste mit Scheinwerfern und Kurbeln – ein Nachbau jenes Apparates, mit dem Ludwig Hirschfeld-Mack seine Farbenlichtspiele aufgeführt hat. Aus Kreis, Dreieck, Quadrat und den Farben Blau, Gelb und Rot verband er eine Abfolge bewegter Bilder mit eigens komponierter Musik zu Farbsonatinen. Am Apparat kann man es ausprobieren – die Neigung der Scheinwerfer ändern, die Farbe des Lichts, die Öffnungen der Filter.
Spiel als Weg, sich den Phänomenen der Welt zu nähern, sie darzustellen. Dem ging am Bauhaus ein gründliches Studium des menschlichen Wahrnehmungsvermögens voraus. Was uns heute die Digita­lisierung, war den Zwanzigern die Mechani­sierung. Unter der Überschrift „Konstruktivistische Figuration“ zeigen rechter Hand Fotos von Studenten bei sport­lichen Übungen, Zeichnungen, Skizzen und Körper- und Raumstudien wie sich die Bauhäusler mit dem Menschen, mit den Gesetzen seiner Bewegung, seinen Stimmungen und Gefühlen, mit Raumwirkung auseinandersetzten. Von den Originalen geht ein ganz eigener Reiz aus. Und man kann nachvollziehen, wie dieses Studium in jene Abstraktionen münden konnte, die auch Schlemmers Triadisches Ballett bevölkern. In einem Nebenraum der Ausstellung stehen Adaptionen seiner Figuren, die brasilianische Designstudenten in Originalgröße hergestellt haben.
Auf der linken Seite des Ausstellungsraums geht es „geordneter“ zu. Welche Rolle kommt dem Menschen zu, wenn man ihn als vom Mechanischen bestimmtes Wesen denkt? Wie viel Technisierung erträgt er, ohne als eigenständiger Akteur im Geschehen abhanden zu kommen? Wie lässt sich sein Wesen und das Wesen der Dinge darstellen? Alles sehr heutige Fragen. Die münden im Bauhaus dann wirklich auch im Theater: im Theater der Totalität. Eine Utopie, die Gropius zum Beispiel in einem nie gebauten Entwurf für ein Theater für Erwin Piscator umzusetzen versuchte. In der Ausstellung gibt es dazu ein schönes, bewegliches Modell. In diesem Theater wäre nicht nur die Bühne beleuchtet, es würde mit Film gearbeitet, Zuschauer- und Bühnenraum wären nicht statisch und ließen sich unterschiedlich zueinander positionieren. Nicht konsumieren, sondern agieren, nicht nur das Theater würde sich verändern, auch der Zuschauer müsste es. Utopisch?

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