Bauwelt

Modern avant la Lettre

Das Bau­­haus-Archiv zeigt Ishimoto Yasuhiros Fotos der Villa Katsura

Text: Friedrich, Jan, Berlin

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    Villa Katsura: zentraler Raum des Hauptgebäudes. Gebaut wurde die Anlage ab 1620 von Prinz Toshihito, einem jüngeren Bruder des Kaisers Goyozei, am Katsura‐Fluß westlich von Kyoto.
    Ishimoto Yasuhiro (Aufnahme: 1981/82)

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    Villa Katsura: zentraler Raum des Hauptgebäudes. Gebaut wurde die Anlage ab 1620 von Prinz Toshihito, einem jüngeren Bruder des Kaisers Goyozei, am Katsura‐Fluß westlich von Kyoto.

    Ishimoto Yasuhiro (Aufnahme: 1981/82)

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© Ishimoto Yasuhiro

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© Ishimoto Yasuhiro


Modern avant la Lettre

Das Bau­­haus-Archiv zeigt Ishimoto Yasuhiros Fotos der Villa Katsura

Text: Friedrich, Jan, Berlin

Sechzehnhundertzwanzig. Sechzehnhundertzwanzig? Wer zum ersten Mal Ishimoto Yasuhiros Schwarz-Weiß-Aufnahmen der Villa Katsura sieht, wird einen Zahlendreher vermuten, wenn er liest, dass das kaiserliche Landhaus in Kyoto zwischen 1620 und 1650 entstanden ist. 1920, ja vielleicht. Aber 1620?
Ishimoto, 1921 als Sohn japanischer Eltern in San Francicso geboren, studierte ab 1948 Fotografie am Institute of Design in Chicago, der Nachfolge­institution von Moholy-Nagys New Bauhaus. Seine mehrere hundert Fotos umfassenden Serien zur Villa Katsura fertigte er 1953/54 und 1981/82 an. Sie inszenieren das Anwesen als „modernen“ Bau: Die Bildkomposition betont die Einfachheit des Gebäudes, seine rektanguläre Struktur, die schlichten Details; alles, was die gewünschte Wirkung stören könnte, blendet Ishimoto durch die Wahl des Bildausschnittes aus. Von Leuten, die die Villa besucht ha­ben, hört man immer wieder, dass das Haus in Wirk­lichkeit weit weniger reduziert erscheine.
An der Herausbildung des Mythos von der Villa Katsura als moderne Architektur avant la Lettre waren viele beteiligt – auch wenn Ishimotos Bilder sicher den wirkungsvollsten Anteil daran haben. Bruno Taut war 1933 in Japan und „entdeckte“ das Anwesen, in dem westliche Architekten durchaus Prinzipien ihrer Auffassung von modernem Bauen vorweggenommen sehen konnten; Gropius besuchte Katsura 1954, Tauts Text zur Villa las er während der Reise; schließlich Kenzo Tange: Mit seinem 1960 erschienen Fotobuch „Katsura“ wollte er den Japa­­-nern zeigen, wie modern ihre historische Architektur sei. Das Buch enthielt die Aufnahmen von Ishimoto und einen Text von Gropius; für die Gestaltung zeichnete der Bauhäusler Herbert Bayer verantwortlich.
Im Bauhaus-Archiv in Berlin sind jetzt 80 Schwarz-Weiß-Aufnahmen von Ishimoto zu sehen – die bislang umfangreichste Ausstellung; kürzlich hat der 90-Jährige dem Museum 55 Fotos geschenkt. Das erlaubt einen ausgedehnten Rundgang durch das Haus und den Garten. Wie sehr die Fotos das Bild von Katsura tatsächlich prägen, lässt sich anschließend im Selbstversuch testen: Man nehme ein Exem­plar von Arata Isozakis Buch „Katsura. Raum und Form“ zur Hand; Isozaki versuchte 1983 Villa und Garten neu zu interpretieren – als Vorbild postmoderner Architektur. Er verwendete Farbfotos, die auch von Ishimoto stammen. Seltsamerweise geht es einem mit diesen Bildern wie mit Gebäuden der klassi­-schen Moderne, die man das erste Mal in Farbe sieht: Irgendetwas scheint nicht zu stimmen.
Fakten
Architekten Yasuhiro, Ishimoto, Tokio
aus Bauwelt 5.2012
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