Plädoyer für Leichtigkeit
Viertagepavillon am Centre Pompidou Metz
Text: Escher, Gudrun, Xanten
Plädoyer für Leichtigkeit
Viertagepavillon am Centre Pompidou Metz
Text: Escher, Gudrun, Xanten
Das erste kleine Leuchtfeuer auf dem weiten Brachland, das sich östlich an das Glacis um das neue Centre Pompidou in Metz anschließt, war ein kubischer Pavillon – der zwar nur vier Tage lang stand, aber dennoch des Nachhalls würdig erscheint.
Den Rahmen bildete die Initiative des französischen Kulturministeriums „Imaginez maintenant“: die Aufforderung an die junge Generation, sich das „Jetzt“ anders vorzustellen, ein Festival der Ideen und der Kommunikation, das Anfang August in neun Städten Frankreichs an historisch geprägten Orten ausgetragen wurde. Selbst das ehemalige Güterbahnhofsgelände in Metz ist ein solcher historischer Ort, auch wenn man es dem Entwicklungsareal mit 50.000 Quadratmetern – ausreichend für ein ganzes Stadtviertel, das hier in den nächsten Jahren heranwachsen soll – auf den ersten Blick nicht ansieht. Dort stand seit dem zweiten nachchristlichen Jahrhundert eine der größten römischen Arenen. Die haben die Deutschen 1902–04 ergraben, als Metz mit Lothringen Teil des Deutschen Reiches war und die Stadt den prunkenden, deutsch-neuromanischen Bahnhof bekam. Dass seit 2007 der TGV hier hält, macht den Standort ökonomisch betrachtet wieder interessant. Jetzt haben neue Grabungen zusätzlich eine bisher nicht vermutete, dichte römische Besiedlung um die Arena nachgewiesen.
Als „Signal für das 21. Jahrhundert“ wollten atelier workshop (Thomas Jouffe, Emilie Marx, Paola Pfenninger, Sébastien Poupeau) ihren temporären Pavillon verstanden wissen; die Pariser Werkgemeinschaft war Anfang des Jahres in einem Wettbewerb unter der Schirmherrschaft von Shigeru Ban und Patrick Bouchain ausgewählt worden. Die Maßgabe, dass der Pavillon wiederverwendbar sein sollte, reduzierte sich dann mangels Geldmittel auf die Wiederverwertung von im Rohzustand belassenen Materialien: Ein stählernes Baugerüst bildete die orthogonale Tragstruktur über 157 Quadratmetern Grundfläche, innen bespannt mit einer weißen Textilmembran und außen umhüllt von einem Baustahlgitter. An dessen Querstäben waren mal dichter, mal spärlicher Alu-
miniumfähnchen montiert, wie man sie zum Vertreiben von diebischen Vögeln im Obstgarten kennt. Das vibrierte und flatterte im Wind, verschattete nach drinnen und glitzerte außen, schuf eine immer lebendige, immer changierende Atmosphäre. Rohe Pressholzplatten für Boden und Sitzbänke, mehr brauchte das bescheidene „Forum“ nicht (Herstellungskosten 30.000 Euro) – und war in seiner fragil erscheinenden Doppelhäutigkeit doch ein „kleiner Bruder“ des großen Centre Pompidou von Shigeru Ban und Jean de Gastines.
miniumfähnchen montiert, wie man sie zum Vertreiben von diebischen Vögeln im Obstgarten kennt. Das vibrierte und flatterte im Wind, verschattete nach drinnen und glitzerte außen, schuf eine immer lebendige, immer changierende Atmosphäre. Rohe Pressholzplatten für Boden und Sitzbänke, mehr brauchte das bescheidene „Forum“ nicht (Herstellungskosten 30.000 Euro) – und war in seiner fragil erscheinenden Doppelhäutigkeit doch ein „kleiner Bruder“ des großen Centre Pompidou von Shigeru Ban und Jean de Gastines.
Diese Leichtigkeit, die jetzt noch beim Blick aus den Ausstellungsetagen des Museums über das leere Areal vorstellbar erscheint, dürfte den Wünschen der Jugend weit mehr entsprechen als die städtebauliche Dichte, die der bereits aufgestellte Rahmenplan für das Gelände erwarten lässt. Immerhin setzt das Centre Pompidou – bei aller Kritik, die daran geübt wurde – über das Temporäre hinaus dauerhaft Maßstäbe, denen auch weniger ambitionierte Neubauten standhalten müssen.
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