Bauwelt

„Reporting heißt für uns: rausgehen und Fragen stellen“

Text: Kleilein, Doris, Berlin; Meyer, Friederike, Berlin

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    Doris Kleilein, Oliver Elser, Friederike Meyer
    Foto: Florian Thein

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    Fahrradwerkstatt für Asylbewerber, Karlsruhe
    Foto: Tobias Fleiter

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    Fahrradwerkstatt für Asylbewerber, Karlsruhe

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    Wohnungen für Flüchtlinge und Obdachlose, Ostfildern
    Foto: Markus Guhl

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    Wohnungen für Flüchtlinge und Obdachlose, Ostfildern

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    Wohn- und Gemeinschaftsgebäude, Hünefeld
    Foto: Dr. Michael Fladung

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    Wohn- und Gemeinschaftsgebäude, Hünefeld

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    Leichtbauhalle für Flüchtlinge auf dem Tempelhofer Feld, Berlin
    Foto: Hanns Joosten, Berlin/Gorenflos Architekten

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    Leichtbauhalle für Flüchtlinge auf dem Tempelhofer Feld, Berlin

    Foto: Hanns Joosten, Berlin/Gorenflos Architekten

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    Umbau Bürohaus in Wohnungen für Flüchtlinge, München
    Foto: Johannes Talhof

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    Umbau Bürohaus in Wohnungen für Flüchtlinge, München

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    Unterkünfte für Asylbewerber aus der Feldfabrik der Firma LiWooD in München
    Foto: Michael Heinrich

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    Unterkünfte für Asylbewerber aus der Feldfabrik der Firma LiWooD in München

    Foto: Michael Heinrich

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„Reporting heißt für uns: rausgehen und Fragen stellen“

Text: Kleilein, Doris, Berlin; Meyer, Friederike, Berlin

„Reporting from the Front“ ist das Thema der Architekturbiennale 2016. Wie verläuft die Front im deutschen Pavillon?
Oliver Elser: „Front“ klingt mir zu kriegerisch. Doch jeder außerhalb Europas würde im Moment an den EU-Außengrenzen eine Art Front erkennen. Zugleich steht Deutschland an vorderster Front, was die Aufnahme von Flüchtlingen in Europa betrifft. „Reporting“ gefällt mir besser. Für uns heißt das: rausgehen und Fragen stellen. Wir zeigen also keine Bauten oder Städte, die das mit der Integration wahnsinnig gut hinbekommen, sondern ermöglichen Reportagen.
Ihr zeigt, in Kooperation mit uns, der Bauwelt, Projekte zur Unterbringung von Flüchtlingen. Sie stehen seit März als Datenbank im Netz und haben bereits Kritik provoziert. Von der Biennale erwarten viele Orientierung. Unsere Datenbank erfüllt diese Erwartung nicht, wir treffen keine qualitative Auswahl. War das aus heutiger Sicht eine gute Entscheidung?
Es war gut, keinen Wettbewerb zu machen. Wir wollen die Realität abbilden und gleichzeitig Visionen zulassen. Im Pavillon allerdings zeigen wir neun ausgewählte Projekte mit großen Fotos an der Wand. Es sind nicht die besten, sondern ein Querschnitt dessen, was passiert. So kann man in die Diskussion einsteigen.
Das war auch unser Ansatz. Einerseits ist Auswahl und Wertung die Aufgabe von Redakteuren und Kuratoren. Andererseits hat sich die Architektenwelt bisher kaum mit Flüchtlingsunterkünften beschäftigt. Was in kurzer Zeit in Deutschland gebaut wurde, ist für andere Länder sicher interessant. Und die Datenbank legt auch einen selbstkritischen Finger in die Wunde, indem sie zeigt, was Kommunen so entscheiden. Da gibt es nicht nur den „kitchen hub“, wo alle miteinander kochen, es werden auch Betonkäfige auf der grünen Wiese gebaut wie im Beispiel Ahrweiler: städtebaulich eine Katastrophe, architektonisch uninteressant.
Oder diese Erstaufnahmeeinrichtung in Essen für 800 Leute. Wenn ich diese Zeilenbauten sehe, bekomme ich einen Schrecken.
Bleibt die Frage, was ein Bürgermeister mit
der Datenbank anfangen kann, wenn ihm solch
eine Wertung vorenthalten bleibt?
Die Beispiele stellen Fragen wie: Wie flexibel sind modulare Bauten? Wie hoch sind die Baukosten? Muss ich zweigeschossig bauen? Doch der deutsche Pavillon wäre missinterpretiert, wenn man seine Aufgabe darin sähe, eine Entscheidungshilfe für Bürgermeister zu sein. Für solche Debatten könnten wir uns auch in Pforzheim treffen.
Sendet die Datenbank also die Botschaft: Die gut organisierten, effizienten, technologi­sierten Deutschen sind noch auf der Suche?
Das wäre absolut in unserem Sinn. Doch bevor die Ausstellung im Februar 2017 nach Frankfurt ins DAM kommt, müssen wir uns die Projekte noch mal anschauen. Viele sind sehr neu oder gar nicht fertiggebaut.
Vielleicht sollte die Ausstellung im nächsten Jahr schon ganz andere Fragen stellen. Zum Beispiel, was mit dem städtebaulichen Schrott passiert, der übrig bleibt. Und wie wir Flüchtlingsunterkünfte nachnutzen können. Lassen sich dahingehend Tendenzen erkennen?
Vielleicht ist das zu euphorisch, aber sie lassen eine Stadterweiterungswelle vermuten. An Stellen, wo man das nie für möglich gehalten hätte, wurde Baurecht geschaffen. Plötzlich geht Wohnen im Gewerbegebiet. Zugleich traut man sich noch nicht, dicht oder in die Höhe zu bauen. Und es scheint, als werde die ganze Energie, neue Flächen zu erschließen, durch den politischen Willen gebremst, die Bauten nicht zu massiv wirken zu lassen. Es gibt eine regelrechte Anti-Modulbau-Haltung. Da stellt sich die Frage, wie den Zeitgenossen im Jahr 1925 so eine Ernst-May-Stadterweiterung erschienen ist, die auch industriell produziert war. Heute steht sie unter Denkmalschutz.
Welche Rolle spielen die Bauten für Flüchtlinge im Gesamtkonzept des Pavillons?
Unser Beitrag hat drei Teile. Da sind erstens die Bauten für die Flüchtlingsunterbringung, da ist zweitens das Prinzip der „Arrival City“, verbunden mit der Frage, was passiert, wenn die Flüchtlinge zu Einwanderern werden, und drittens das räumliche Konzept des Pavillons.
Über welche der Projekte werden wir 2017 noch sprechen?
An den aktuellen Pragmatismus im Holzbau werden wir uns sicher erinnern. Aber eher nicht daran, welche Projekte wir ausgestellt haben. Nicht, weil sie nicht interessant wären. Aber ich denke, das Gesamtkonzept von Something Fantastic für den Pavillon ist das, was bleibt.

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