Bauwelt

Slow Urbanism

Een Nieuw Perspectief

Text: Borret, Kristiaan, Antwerpen

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Slow Urbanism

Een Nieuw Perspectief

Text: Borret, Kristiaan, Antwerpen

Während Rotterdam sich in der Krise neu ausrichten muss, hat sich Antwerpens System der Stadtentwicklung als ausgesprochen stabil gegen äußere Einflüsse erwiesen. Doch wer denkt, dass es deswegen schnell vorangeht, irrt. Die Stadt an der Schelde hat in den letzten Jahren einen „Slow Urbanism“ perfektioniert und verfolgt mit klein­maßstäblichen Eingriffen langsam, aber beharrlich ihr Ziel
Seit über einem Jahrzehnt lässt sich in Antwerpen eine bemerkenswerte Wiederauferstehung der Stadt beobachten. Wer Antwerpen von früher kennt und es heute besucht, kann die Veränderung von Gebäuden, Straßen und Parks nicht übersehen. Die Stadt erneuert sich grundlegend. Dieser Prozess fügt sich in den breiten Strom der Stadterneuerungen in Europa ein. In der Regel richtet sich deren Fokus auf ein „strategisches Projekt“, das über seinen Standort hinaus Multiplika­tionseffekte erzielen soll. Antwerpen unterscheidet sich jedoch wesentlich von anderen Städten. Das kann mit der Eigenart der räumlichen Rahmenbedingungen Flanderns erklärt werden.
Was im Vergleich mit anderen europäischen Projekten unmittelbar auffällt, ist das geringere Tempo, mit dem sich die Stadterneuerung in Flandern vollzieht. Wann immer ich früher zu den einstigen Vorzeigeprojekten pilgerte, zu den Docklands in London, dem Kop van Zuid in Rotterdam oder der Hamburger Hafencity, immer kehrte ich, genau wie andere flämische Planerkollegen, frustriert zurück. Wir schwankten zwischen Bewunderung und Neid angesichts der Tatkraft, mit der man alten Hafengebieten andernorts neues Leben gab. In Antwerpen ging es nicht voran. Inzwischen sind wir klüger, und ich wage zu behaupten: Die Vorgehensweise von Antwerpen erweist sich nicht als ein Mangel, sondern geradezu als Segen für eine gelingende Stadtentwicklung!
Strukturplan und Stadtentwurf
In den letzten zwanzig Jahren hat sich die Praxis der Raumplanung in Flandern tiefgreifend verändert. Zwei Entwurfsmethoden haben sich dabei besonders weiterentwickelt: die Strukturplanung und der sogenannte „Stadtentwurf“. Die Strukturplanung ist eine Reaktion auf das traditionelle Instrument des gesetzlich festgelegten Bebauungsplans, auf Dynamik ausgerichtet und eher anzusiedeln im Bereich des Flächennutzungsplans. Sie beschreibt die langfristige Entwicklung des räumlichen Gefüges einer Stadt. Um diesen Plan, und somit eine kohärente Sichtweise, zu erstellen, werden alle Akteure und Planungsbereiche einbezogen. Mit dem Raumordnungsgesetz aus dem Jahr 1999 wurde in Flandern die Strukturplanung zur offiziellen Planungsmethode.
Der Stadtentwurf ist in Flandern nicht verpflichtend und hat somit einen geringeren Verbreitungsgrad. Diese Disziplin hängt eng mit den Möglichkeiten zusammen, die sich im Rahmen der postindustriellen Stadterneuerung auftaten und nach einem Zwischenmaßstab verlangten: ein Entwerfen, das in der Lage ist, zwischen dem abstrakteren Niveau der Raumplanung und den konkreten Dimensionen der Architektur zu vermitteln. Stadtentwurf ist projektbezogen par excellence.
Diese beiden Entwurfsmethoden werden oft gegeneinander abgesetzt, obwohl sie sich durchaus ergänzen können. In der Antwerpener Stadtentwicklung ist die Verbindung von Strukturplanung und Stadtentwurf außergewöhnlich gut organisiert. Das ist unter anderem den Mailänder Stadtplanern Bernardo Secchi und Paola Viganò zu danken, die als Sieger aus einem Bewerbungsverfahren für die Leitung der Antwerpener Strukturplanung von 2003 bis 2006 hervorgingen. Sie vertreten den Standpunkt, dass das Entwerfen in der Stadtentwicklung eine fundamentale Rolle spielen muss. Antwerpen wurde in ihrem Strukturplan nicht mehr als eine konzen­trisch wachsende Stadt betrachtet, sondern als eine offene und lineare Struktur, die sich in Nord-Süd-Richtung entlang der Schelde erstreckt, mit einer engen Verbindung von Stadt und Wasser. Secchi und Viganò arbeiteten auch nicht mit einem festgelegten Bild für das Ergebnis der Entwicklung. So funktioniert der Strukturplan noch heute als Rahmen für strategische Stadtprojekte und Modernisierungsvorhaben. Herausragende städtische Entwicklungsgebiete am Wasser wie das historische Hafenareal Eilandje (Inselchen), die Uferdämme, Scheldekaaien, oder das Gebiet Nieuw Zuid sind Elemente des Strukturplans, ohne ihre Dynamik und Auto­nomie als eigenständige Stadtentwürfe einzubüßen. Darüber hin­aus tragen zahlreiche Projekte kleineren Maßstabs wie das Wohnungsbauprogramm des städtischen Immobilienunternehmens Vespa oder Projekte im privaten Sektor wie das Groen Kwartier („Grünes Viertel“), zur Richtungsbestimmung des Strukturplans bei.
Diese harmonische Wechselwirkung zwischen Strukturplanung und Stadtentwurf nährt beide stadtplanerischen Herangehensweisen. Die Wechselwirkung zwischen Groß- und Kleinmaßstäblichkeit, zwischen top-down und bottom-up, zwischen dem Ganzen und seinen Teilen ist innerhalb der Tätigkeitsbereiche der städtischen Behörden intensiv und zielgerichtet organisiert. Nur so ist es trotz der Vielzahl von Projekten möglich, Flexibilität zu garantieren. Und alles zusammen leistet im Rahmen ein und derselben kohärenten raumplanerischen Zielsetzung einen Beitrag zum Transformationsprozess der Stadt. Die Antwerpener Vorgehensweise verhindert einerseits, dass der Strukturplan nur für die Schublade erarbeitet wurde und andererseits, dass sich Stadterneuerungsprojekte wie Wildwuchs entwickeln.
Kleinteilige Eigentumsverhältnisse
Der Strukturplan von Antwerpen ist ein strategischer Plan. Die Stadtverwaltung verfügt jedoch nur über sehr begrenzte finanzielle Mittel und lediglich über einen bescheidenen Anteil des Grundeigentums des Stadtgebiets. Die Möglichkeiten, direkt in Stadtentwicklung zu investieren, sind also wesentlich kleiner als in Rotterdam. Dieser nicht zu unterschätzende Unterschied in den Rahmenbedingungen der Stadtentwicklungspolitik der beiden Städte ergibt sich aus der Struktur des Grundeigentums beider Länder. Historisch betrachtet handelt es sich in Flandern um durchweg zersplitterte Eigentumsverhältnisse: Über siebzig Prozent der Flamen sind Eigentümer der Wohnung, in der sie wohnen. Der Wohnungsbestand der öffentlichen Hand richtet sich an den Antwerpener im untersten Einkommensbereich und macht maximal zehn Prozent des Wohnungsmarktes aus. Mit anderen Worten: Lediglich zwanzig Prozent des Wohnungsbestandes von Flandern steht dem freien Mietwohnungsmarkt zur Verfügung.
Die kleinteiligen Eigentumsverhältnisse erschweren großmaßstäbliche Eingriffe. Die verfügbaren großflächigen Areale nehmen zudem kontinuierlich ab. Initiativen wie die „Grundstücksbanken“, zu denen sich Eigentümer zusammenschließen, um die Entwicklung oder den Verkauf zu vereinfachen, sind eher selten, genauso wie Enteignungen durch die öffentliche Hand. Im Gegensatz zur durchaus gängigen Praxis der Stadterneuerung in den Niederlanden, ist der Abriss eines kompletten Häuserblocks in Flandern ausgeschlossen. Die flämische Stadterneuerung arbeitet sich, den Gegebenheiten entsprechend, Grundstück für Grundstück, Gebäude für Gebäude, Stück für Stück voran.

Die Eigentumsverhältnisse bestimmen auch die Struktur des Immobiliensektors. In Flandern sind verhältnismäßig we­nig große Akteure aktiv. Der private Sektor hat deswegen nie Ehrgeiz gezeigt oder Erfahrung gesammelt, um bei der Entwicklung eines Stadtteils die Regie zu übernehmen. Stattdessen gibt es eine Vielzahl kleinerer Investoren und Projektentwickler, die oft aus dem Umfeld der Immobilienmakler oder Bauunternehmer hervorgegangen sind. So werden städtebauliche Planungen in Flandern größtenteils von umfangreichen und divers zusammengestellten Initiativen des privaten Sektors umgesetzt.
Die Rahmenbedingungen der flämischen und niederländischen Stadterneuerung offenbaren zwei unterschiedliche Welten. Die Niederlande sind für ihre starken Stadtplanungsbehörden bekannt. Darüber hinaus gibt es eine enge Zusammenarbeit zwischen der öffentlichen Hand und institutio­nellen Projektentwicklern. Dieses gut eingespielte öffentlich-private Tandem hat jahrelang nicht nur ein erfolgreiches finanzielles Modell generiert, sondern auch hervorragende Beispiele integraler Gebietsentwicklung zuwege gebracht. Es ist offensichtlich, dass der Nährboden für derlei Projekte in Antwerpen fehlt. Weniger offensichtlich ist, ob das ein Problem darstellt.
Ein langsamer Urbanismus
Die großmaßstäbliche Gebietsentwicklung hat sich als viel anfälliger für die negativen Effekte der aktuellen Wirtschaftskrise erwiesen als ein kleinteiliges Vorgehen. Während in Europa einige große Stadtprojekte abrupt zum Erliegen kamen, scheint der flämische Immobilienmarkt relativ stabil zu bleiben. Liegt das vielleicht daran, dass die Höhenflüge weniger ausgeprägt waren und die Falltiefe nun auch geringer ist? Oder daran, dass ein überwiegend lokaler Markt kleiner und mittelgroßer Unternehmen besser in der Lage ist, Veränderungen abzufangen? Hinzu kommt, dass die beeindruckende Maschinerie der großmaßstäblichen Gebietsentwicklung mit der Sicherheit eines zunächst erfolgreichen Modells dazu verleitete, immer wieder die gleichen Rezepte anzuwenden. Die so entstehende städtische Wirklichkeit begann – offen gesagt – unter dem normativen Denken und der austauschbaren Formgebung zu leiden.
Aus diesem Grund wächst nun das Bewusstsein, dass kleiner und langsamer vielleicht gar nicht so schlecht ist. In Analogie zum Slow Food steht Slow Urbanism für ein Vorgehen, das im lokalen Kontext wurzelt und sich die Zeit nimmt, gute Qualität in den Vordergrund zu stellen. Langsamer Städtebau vereint Zeit und Variation auf natürliche Art und Weise. Durch das Aufgreifen der kleinteiligen Struktur – sowohl der Eigentumsverhältnisse als auch des Immobilienmarktes – kommen unterschiedliche Architektursprachen, Nutzungen und Wohnformen zu ihrem Recht. Slow Urbanism steht Veränderungen während des Prozesses aufgeschlossen gegenüber. Wenn sich die erste Vorgehensweise nicht als erfolgreich erweist, hat man Zeit für eine Korrektur. Man hat die Möglichkeit zu lernen, auch aus den eigenen Fehlern. Lieber zehn Jahre länger benötigen, als sich für hundert Jahre ein falsch geplantes Projekt aufbürden.
Darüber hinaus wandeln sich gesellschaftliche Ideen, verschieben sich politische Akzente, verändern sich Marktbedingungen. All dies stellt kein Problem dar. Man muss es nicht als Abweichung vom ursprünglichen Plan betrachten, sondern kann es vielmehr als Bereicherung verstehen. Weil man auf Entwicklungen eingehen kann, bekommt die Planung neue Dimensionen – vielschichtige Urbanität wird möglich. Allerdings funktioniert dies nur, wenn die Ausgangsplanung tragfähig und von hoher Qualität ist, sodass sie sich als Leitplan eignet und die Kontinuität in der Verfolgung des Ziels garantieren kann. Wenn das gelingt, kann man in Antwerpen erneut von einer fruchtbaren Wechselwirkung zwischen den sich in der Praxis ändernden Projekten und dem Kurs des Strukturplans sprechen.
Das Eilandje
Eine konkrete Anwendung des Slow Urbanism stellt die Entwicklung des Eilandje dar. Wie in anderen bedeutenden Hafenstädten Europas auch, verlagerte sich mit immer größer werdenden Schiffen der Hafen in Antwerpen stromabwärts, in entlegene, monofunktionelle Gebiete. In der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts drohte der Norden Antwerpens zu verfallen. Die Docks des Eilandje warteten auf eine neue Berufung. Diese wurde zu Beginn der neunziger Jahre, während der Pionierarbeiten am städtebaulichen Wettbewerb „Stad aan de Stroom“ erstmals deutlich. Das preisgekrönte Projekt von Manuel de Solà-Morales erweckte eine fast vergessene Nord-Süd-Achse im Stadtgrundriss zum Leben. Nach Ansicht von De Solà-Morales verdient die Route entlang der Schelde eine Hauptrolle in der Stadtstruktur, indem sie als öffentlicher Raum gestaltet und von entsprechenden Funktionen und Wohntürmen flankiert wird. Diese Leitstruktur ist ausschlaggebend sowohl für das räumliche Konzept des Eilandje als auch für die räumliche Gesamtkonzeption der Stadt Antwerpen. Doch als 2006 der Strukturplan Antwerpens verabschiedet wurde, war die Neuentwicklung des Eilandje schon im Gange. Secchi und Viganò akzeptierten die bereits existierenden Ideen für das Eilandje und integrierten sie in den Struk­turplan. Die Achse von De Solà-Morales ist eigentlich das Urbild der nord-süd-gerichteten Struktur des zukünftigen Stadtwachstums entlang der Schelde. Diese Wechselwirkung illustriert, wie der Strukturplan als Top-down-Rahmen funktionieren kann, wenn er in ausreichendem Maße für Bottom-up-Einflüsse offen steht.
Die weiteren Pläne für das Eilandje halten mit den Auf-und-ab-Bewegungen innerhalb der Stadtverwaltung Schritt. Der Masterplan von 2002 wurde einerseits in einem großen Modell festgelegt, andererseits in sogenannten „Bildqualitätsplänen“, die detailliert gestalterische und räumliche Ziele benennen, unter anderem für die Architektur und die Grün- und Wasserplanung. Außerdem wurde er in einem herkömmlichen Bebauungsplan ausgearbeitet. Das Modell wurde mittlerweile mehrmals überarbeitet und der Bebauungsplan erneuert. Aber die Bildqualitätspläne existieren immer noch und werden regelmäßig herangezogen, um Baugenehmigungen in die richtige Richtung zu lenken. Zur Zeit ihrer Verabschiedung wurden sie als argumentative Basis und inspirierende Richtlinien betrachtet. Heutzutage erweisen sie sich in der Praxis als beständiger als die offiziell verabschiedeten Planungen, die sich im Modell manifestieren und im Flächennutzungsplan durchscheinen. Die Bildqualitätspläne erläutern, welche räumlichen Qualitäten von Bedeutung sind und wa­rum und stellen so einen ebenso tragfähigen wie flexiblen Rahmen für alle aufeinanderfolgenden Bauprojekte in den letzten zehn Jahren dar.
Heutzutage wird Slow Urbanism für die weitere Entwicklung des Eilandje eingesetzt. Wir arbeiten mit einer gewissen Gelassenheit, aber zielgerichtet. Kultivierung von Komplexität ist das zentrale Instrument für eine vielschichtige Qualität in der Stadterneuerung. Auf dem Eilandje mischen sich die Neubauten mit der charakteristischen Architektur ehemaliger Lagerhäuser; die große Zahl von Projektentwicklern und Initiatoren, die innerhalb der kleinteiligen Eigentumsverhältnisse aktiv sind, sorgt für architektonische und soziale Diversität.
Die Realisierung der sechs Wohntürme entlang der Nord-Süd-Achse des Eilandje benötigt mehr Zeit als ursprünglich geplant. Dies führte zu einer neuen Vorgehensweise, die zeigt, dass sich die Wirkung des Slow Urbanism bis in den Bereich der Architektur zieht. Vor Beginn der Arbeiten an den ersten beiden Türmen sollte der räumliche Zusammenhang der gesamten Reihe in einem Konzept festgelegt werden. Im weiteren Verlauf entschied man sich für eine flexiblere Vorgehensweise. Es wurden nacheinander drei Architekten beauftragt: Roger Diener, David Chipperfield und Tony Fretton. Von je­dem wurde erwartet, dass er auf das Werk des Vorgängers reagiert. Dieser Dialog über Qualität wurde vom Team des Stadtbaumeisters organisiert und sehr ernsthaft geführt. Mittlerweile befindet sich eine Reihe von sechs Wohntürmen in Aus-
führung, die aufeinander eingehen und zugleich eine starke Authentizität ausstrahlen.
Cadix
In Cadix, einem Teilbereich des Eilandje, besitzt die Stadt außergewöhnlich viele unbebaute Grundstücke. Auf 400.000 Quadratmetern möchte sie urbane Wohnblocks für eine Bewohnerstruktur bauen, die heterogener ist als die bisherige (üblicherweise Doppelverdiener). Die Stadt baut hier nicht selbst, sondern verkauft die Grundstücke unter Auflagen an Projektentwickler. Man entschied sich für eine sukzessive Vermarktung der Grundstücke pro Block. Zudem wird jeder Block in einzelnen Parzellen verkauft. So bekommen kleine Projektentwickler die Chance, sich mit einem überschaubaren Risiko zu beteiligen. Denn je größer der Zeithorizont einer Entwicklung, umso größer die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Vorschriften oder die Konjunktur verändern, und umso schwie­riger damit die Finanzierung für den Käufer. Die öffentliche Hand hat so die Möglichkeit, die Entwicklung entsprechend der Wohnungsnachfrage zu gestalten, ohne den Markt zu beeinträchtigen. Außerdem kann sie die Transformation des gesamten Gebietes weiterhin steuern, trotz des kleiner wer­denden Grundeigentums und der damit einhergehenden Abnahme der Einflussmöglichkeiten.
Der Verkauf der Grundstücke unter von der Stadt festgelegten Auflagen ermöglicht es zudem, neue Einsichten oder Ziele umzusetzen, zum Beispiel in Bezug auf Nachhaltigkeit oder Mobilität, da die an den Verkauf gekoppelten Bedingungen jederzeit angepasst werden können. So wurde in Cadix in der ersten Runde erprobt, bis zu welchem Grad ein Niedrigenergiestandard marktkonform ist. Je näher die Entwickler an Passivhausniveau herankamen, desto mehr Punkte erhielten sie im Bewerbungsverfahren. Nachdem alle Investoren Passivhäuser bauen wollten, wurde der Standard für die nächsten Runden Pflicht. Die Extrapunkte konnten nun durch ein gutes Grauwassermanagement erzielt werden, was allerdings auf weit weniger Akzeptanz stieß.
Diese Vorteile der Entwicklung in Phasen passen zum Grundgedanken des Slow Urbanism. Die Änderung von Bebauungsplänen mit rechtlichem Status ginge hierfür viel zu träge und zeitraubend vonstatten. Aus diesem Grund werden die privatrechtlichen Verkaufsbedingungen gezielt als Ergänzung zum B-Plan eingesetzt. Das Ergebnis ist in Cadix eine natürlich wirkende Vielfalt an Nutzungen, Architektur- und Lebensstilen. Mit der Vorgehensweise in Cadix wird beabsichtigt, trotz der öffentlich gesteuerten Entwicklung ein organisches Wachstum des Stadtgewebes zu erreichen.
Keine Methode, sondern Gegebenheit
Wir in Antwerpen glauben, dass wir mit Slow Urbanism eine größere räumliche Qualität erzielen und dass sich der zeitaufwändigere Prozess lohnt, weil es auf lange Sicht besser für die Stadt ist. Die organisch entwickelte Stadt ist kulturell nachhaltig. Vielschichtigkeit und allmähliche Transformation bestimmen seit jeher die flämische Urbanität, jeder flämische Stadtplaner hat sie in den Genen. Deshalb ist Slow Urbanism in Flandern eigentlich auch keine frei gewählte Methode, sondern vielmehr eine natürliche Gegebenheit.
Fakten
Architekten Neutelings Riedijk, Rotterdam, Robbrecht en Daem; Gent
aus Bauwelt 12.2014
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