Bauwelt

The Itching Soul of the City

„Afropolis“ in Köln

Text: Hoetzel, Dagmar, Berlin

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© Kainebi OsahenyeCasualties

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The Itching Soul of the City

„Afropolis“ in Köln

Text: Hoetzel, Dagmar, Berlin

Was entdecken wir, wenn wir unsere gewohnten Sichtweisen und die üblichen Kriterien zur Untersuchung aktueller Stadtentwicklungen verlassen?
Wie kann man sich dem Phänomen Stadt auf dem afrikanischen Kontinent, der mit über vier Prozent die weltweit höchste Urbanisierungsrate hat, nähern –jenseits von Statistiken zu Wachstum und Armutsentwicklung und wiederkehrenden Klischees?
Die erste Sonderausstellung im neuen Rautenstrauch-Joest-Museum in Köln (Bauwelt 46.10) widmet sich fünf afrikanischen Städten: neben den drei größten Metropolregionen Kairo, Lagos und Kin­sha­sa, Nairobi als Sitz vieler internationaler Organisationen und Johannesburg als wirtschaftlichem Zentrum des Kontinents. Ausschlaggebend für die Auswahl der Städte war „das Maß an Kontingenz und Eigendynamik“ sowie die Bildung spezifischer Netzwerke – das Urbanitätsverständnis in „Afropolis“ ist weit gefasst: „eine Vielzahl urbaner Praktiken, urbaner (Sub-)kulturen und urbaner Lebensstile, mit denen Stadtbewohner ‚Stadt‘ erst erschaffen“.
„We are the ones who know the itching soul of the city” rezitiert der südafrikanische Spoken-Word Künstler Kgafela oa Magogodi in einem Video. Die Schau versammelt genau dies: Positionen und Beiträge von Künstlern, Aktivisten und Wissenschaftlern, die die „kratzende“ Seele der Stadt kennen und sich mit ihr auseinandersetzen. Es werden kulturwissenschaftliche und künstlerische Arbeiten nebeneinander und in Bezug zueinander präsentiert. Dabei kommen die Untersuchungen des ETH Studio Basel in Nairobi zu den Auswirkungen von Migrationsströmen auf die Stadtstruktur ebenso vor wie Slum-TV, eine Initiative, die dokumentarische Video-Clips produziert und in einem Stilmix von Soap und Comic Einblicke in die komplexen Wirtschafts- und Machtverhältnisse eines Slums gewährt, oder die Installation „Roomah“, die sich mit den Matatu (Toyota-Kleinbussen) als Orte sozialer Interaktion und Produktions­stätten urbaner Mythen beschäftigt.
Die Ausstellung provoziert keine These zum Zustand der Städte oder eine Prognose zu ihrer Zukunft. Sie überzeugt vielmehr durch das kuratorische Konzept, Arbeiten zu zeigen, die die Ambivalenzen des städtischen Alltags thematisieren – ein Alltag jenseits festgelegter Strukturen, der selbstorganisiert und aufreibend ist, aber auch von großer Produktivität und einer besonderen Dynamik. Und damit hebt sie die Bedeutung von sozialen Netzwerken und deren Verflechtungen, von kulturellen Zusammenhängen und informellen Prozessen für die Stadtforschung hervor. In dem empfehlenswerten Katalog sind zudem wichtige wissenschaftliche Essays zu afrikanischen Städten erstmals auf Deutsch publiziert. 

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