Unter den Emporen
Innere Neuorganisation der Friedenskirche Aue-Zelle
Text: Külbel, Dorothea, Berlin
Unter den Emporen
Innere Neuorganisation der Friedenskirche Aue-Zelle
Text: Külbel, Dorothea, Berlin
Vielen ist der Fußballzweitligist Erzgebirge Aue ein Begriff. Aber auch die Namen Schilling und Graebner dürften im Zusammenhang mit der kleinen Stadt im Erzgebirge nicht unbekannt sein. Das Dresdner Architekturbüro hat dort mit der Friedenskirche 1912–14 ein bedeutendes Beispiel sakraler Jugendstilarchitektur geschaffen.
Die evangelisch-lutherische Kirchgemeinde Aue-Zelle will diese nun neu organisieren. Vor drei Wochen widmete sich die Bauwelt 26 unter dem Titel „Die Nischen Gottes“ Kirchenbauten, die mit einem unverwechselbaren Profil ein aktuelles Problem zu lösen hoffen: Die Gemeinden werden kleiner und können die Unterhaltungskosten für ihre Kirchen kaum mehr aufbringen.
Im erzgebirgischen Aue ist das nicht anders. Als hier durch den Uran-Abbau in den 1950er Jahren die Wirtschaft blühte, wohnten über 40.000 Menschen in der Stadt. Heute sind es weniger als die Hälfte. Und auch die Kirchgemeinde des Auer Stadtteils Zelle verlor in den letzten Jahrzehnten fast zwei Drittel ihrer Mitglieder, 1200 sind es noch. Dieser Entwicklung soll durch den Einbau eines Gemeindesaals in die Friedenskirche begegnet werden.
Zum einen, so die Auslobung des einstuftigen Realisierungswettbewerbs, sollen Andachten und Gottesdienste in kleiner Runde für mehr Nähe sorgen, weil die aktuell 900 Sitzplätze einfach viel zu viele sind. Zum anderen soll die Friedenskirche „ein offenes Zentrum des Gemeindelebens und darüber hinaus werden“. Nichtkirchliche Veranstaltun-gen wie Konzerte oder Ausstellungen könnten also künftig ebenfalls vor Ort stattfinden. Zudem hegt
die Gemeinde den Wunsch, bestehende Räume (Sakristei, Kanzlei, Dienstzimmer) barrierefrei neu zu ordnen und zusätzlich einen Proben- und Unterrichtsraum, eine Küche sowie einen Jugendraum unterzubringen.
Für die Teilnehmer stellte sich vor allem die Frage, wie ein Gemeindesaal mit dem denkmalgeschützten Gebäude zu vereinen sei. Denn die Gemeinde unter Pfarrer Thomas Lißke fordert explizit, unumkehrbare Eingriffe zu vermeiden. Nicht zu Unrecht. Die bald einhundert Jahre alte Friedenskirche ist das Werk eines der damals führenden Architekturbüros des Deutschen Kaiserreiches. Rudolf Schilling und Julius Graebner, beide in der Mitte des 19. Jahrhunderts geboren, realisierten in ihrer 30-jährigen Zusammenarbeit Dutzende Gebäude und konzentrierten sich dabei vor allem auf zeitgenössische Kirchenbauten in und um Sachsen. Die Christuskirche in Dresden-Strehlen, 1903–05 erbaut, gilt als erster moderner Kirchenbau Deutschlands.
Die Jury unter Vorsitz des Dresdner Architekten Jörg Düsterhöft entschied sich unter sechs vorab ausgewählten, ausnahmslos in Sachsen ansässigen Büros für den Entwurf von Knoche Architekten aus Leipzig. Diese hatten, ähnlich wie das Büro Raum und Bau aus Dresden (ein 3. Preis), die beinahe auf der Hand liegende Variante getestet, den neuen Gemeindesaal und die Proben- und Unterrichtsräume unterhalb der seitlichen Emporen zu platzieren. Knoche Architekten gelingt dies jedoch auf elegantere Weise, indem sie die Trennwand geschwungen ausführen und mit einem Glasoberlicht versehen. Die Jury betont den entstehenden „Dialog von Alt und Neu“. Sie erkennt aber auch, dass durch das Spiel mit der Form die Fläche kleiner ausfällt, als im Raumprogramm gefordert wurde. Knoche Architekten lösen jedoch die Knobelaufgabe der Neuorganisation der anderen Räume. Kein Erschließungsweg muss hinzugefügt oder stillgelegt werden. Dies bewertete die Jury, indem sie keinen zweiten Preis vergab. Bei den beiden drittplatzierten Büros Raum und Bau sowie Schubert Horst Architekten aus Dresden hingegen führen wichtige Wege durch die Sakristei, den Bereich für die Jugendlichen oder durchs Freie.
vollständiges Ergebnis:
Einstufiger, nicht offener Realisierungswettbewerb
1. Preis Knoche Architekten, Leipzig
ein 3. Preis Schubert Horst Architekten Partnerschaft, Dresden
ein 3. Preis Raum und Bau, Dresden
Anerkennung Code Unique Architekten, Dresden
Im erzgebirgischen Aue ist das nicht anders. Als hier durch den Uran-Abbau in den 1950er Jahren die Wirtschaft blühte, wohnten über 40.000 Menschen in der Stadt. Heute sind es weniger als die Hälfte. Und auch die Kirchgemeinde des Auer Stadtteils Zelle verlor in den letzten Jahrzehnten fast zwei Drittel ihrer Mitglieder, 1200 sind es noch. Dieser Entwicklung soll durch den Einbau eines Gemeindesaals in die Friedenskirche begegnet werden.
Zum einen, so die Auslobung des einstuftigen Realisierungswettbewerbs, sollen Andachten und Gottesdienste in kleiner Runde für mehr Nähe sorgen, weil die aktuell 900 Sitzplätze einfach viel zu viele sind. Zum anderen soll die Friedenskirche „ein offenes Zentrum des Gemeindelebens und darüber hinaus werden“. Nichtkirchliche Veranstaltun-gen wie Konzerte oder Ausstellungen könnten also künftig ebenfalls vor Ort stattfinden. Zudem hegt
die Gemeinde den Wunsch, bestehende Räume (Sakristei, Kanzlei, Dienstzimmer) barrierefrei neu zu ordnen und zusätzlich einen Proben- und Unterrichtsraum, eine Küche sowie einen Jugendraum unterzubringen.
Für die Teilnehmer stellte sich vor allem die Frage, wie ein Gemeindesaal mit dem denkmalgeschützten Gebäude zu vereinen sei. Denn die Gemeinde unter Pfarrer Thomas Lißke fordert explizit, unumkehrbare Eingriffe zu vermeiden. Nicht zu Unrecht. Die bald einhundert Jahre alte Friedenskirche ist das Werk eines der damals führenden Architekturbüros des Deutschen Kaiserreiches. Rudolf Schilling und Julius Graebner, beide in der Mitte des 19. Jahrhunderts geboren, realisierten in ihrer 30-jährigen Zusammenarbeit Dutzende Gebäude und konzentrierten sich dabei vor allem auf zeitgenössische Kirchenbauten in und um Sachsen. Die Christuskirche in Dresden-Strehlen, 1903–05 erbaut, gilt als erster moderner Kirchenbau Deutschlands.
Die Jury unter Vorsitz des Dresdner Architekten Jörg Düsterhöft entschied sich unter sechs vorab ausgewählten, ausnahmslos in Sachsen ansässigen Büros für den Entwurf von Knoche Architekten aus Leipzig. Diese hatten, ähnlich wie das Büro Raum und Bau aus Dresden (ein 3. Preis), die beinahe auf der Hand liegende Variante getestet, den neuen Gemeindesaal und die Proben- und Unterrichtsräume unterhalb der seitlichen Emporen zu platzieren. Knoche Architekten gelingt dies jedoch auf elegantere Weise, indem sie die Trennwand geschwungen ausführen und mit einem Glasoberlicht versehen. Die Jury betont den entstehenden „Dialog von Alt und Neu“. Sie erkennt aber auch, dass durch das Spiel mit der Form die Fläche kleiner ausfällt, als im Raumprogramm gefordert wurde. Knoche Architekten lösen jedoch die Knobelaufgabe der Neuorganisation der anderen Räume. Kein Erschließungsweg muss hinzugefügt oder stillgelegt werden. Dies bewertete die Jury, indem sie keinen zweiten Preis vergab. Bei den beiden drittplatzierten Büros Raum und Bau sowie Schubert Horst Architekten aus Dresden hingegen führen wichtige Wege durch die Sakristei, den Bereich für die Jugendlichen oder durchs Freie.
vollständiges Ergebnis:
Einstufiger, nicht offener Realisierungswettbewerb
1. Preis Knoche Architekten, Leipzig
ein 3. Preis Schubert Horst Architekten Partnerschaft, Dresden
ein 3. Preis Raum und Bau, Dresden
Anerkennung Code Unique Architekten, Dresden
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