Zündstoff
Der „Dialog“ zur Bebauung der Bayernkaserne
Text: Esche, Jan, München
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Der „Dialog“ zur Bebauung der Bayernkaserne
Text: Esche, Jan, München
In der Halle 36 der Bayernkaserne stießen Welten aufeinander. Verständlich, ging es um nicht weniger als um 48 stadteigene Hektar, um den Neubau – halb privat finanziert, halb gefördert – von 4000 Wohnungen für 10.000 Einwohner, um Schulen, Kindergärten, Geschäfte, Plätze, Feuerwache und Tramtrassen.
Die Stadt führt derzeit einen zweiphasigen Wettbewerb zur städtebaulichen und landschaftlichen Umgestaltung des Kasernengeländes im Münchner Norden durch. Bereits zur Auslobung 2012 durfte die Bevölkerung Ideen und Wünsche einbringen. Nun hat die Jury aus den zwölf Teilnehmern der zweiten Phase sechs Finalisten ausgewählt, deren Entwürfe erneut öffentlich diskutiert werden.
Dafür lud die Stadt Ende Februar unter dem Motto „Bayernkaserne im Dialog“ zu einem „Werkstattgespräch“ aufs einstige Militärgelände. Hier trafen, teils lautstark, engagierte Bürger auf routinierte Stadtplaner und Architekten, die ihre Entwürfe den Anwesenden erläutern sollten. Manch Münchner äußerte Befürchtungen, auf Kostenreduzierung bedachte Bauherren könnten monotone Architektur befördern. Andere meinten, das Wettbewerbsergebnis sei vorhersehbar, es „gewinnen ja eh die Stararchitekten“. Meinungen prallten aufeinander: die Europäische Stadt sei Auslaufmodell, nein, sie sei die Zukunft; man brauche ein steinernes Quartier, nein, ein durchgrüntes.
„Wir planen für die Mitte der Gesellschaft!“
Es wurde gestritten über Dichte, Verschattung, Windentwicklung, die eigene „Daseinsvorsorge“ und – nicht zuletzt – über Stellplätze: über Mobilität als „Grundbedürfnis“ und über Raum für Carsharing. Als auf einer zusätzlichen Podiumsdiskussion im Rathaus ein Gast eine „Stadt für sozial Schwache“ forderte, wurde Stadtbaurätin Elisabeth Merk unwirsch: „Wir planen für die Mitte der Gesellschaft!“
Was können die Teams aus diesem Meinungsaustausch für die Überarbeitung ihrer Entwürfe mitnehmen? Vieles, verspricht das Münchner Referat für Stadtplanung und Bauordnung in einem Beschlussschreiben zur Bayernkaserne. Die Beteiligung der Öffentlichkeit garantiere „eine sehr hohe Qualität des späteren Wettbewerbsergebnisses, das zudem eine hohe Akzeptanz bei der Bevölkerung genießt“. Die Stadt schätzt die Gesamtkosten für das Verfahren – für Gutachten, Honorare, Öffentlichkeitsarbeit – auf 1.720.000 Euro. Rund 110.000 Euro davon sind für die öffentlichen Gespräche kalkuliert.
Da es sich um die „zweitgrößte Münchner Siedlungsentwicklung nach Freiham“ und um „die letzte für Wohnungsbau zur Verfügung stehende Kaserne“ der Stadt handle, sei der Aufwand angemessen.Wer den 1. Preis erhält, entscheidet im Sommer allerdings die Jury. Bisher sind das: Klaus Trojan im Vorsitz, Stadtbaurätin Merk, Jórunn Ragnarsdóttir, Johann Spengler (Steidle Architekten), Christoph Elsässer (West 8) und die Landschaftsarchitektin Rita Lex-Kerfers.
Beschränkter Realisierungswettbewerb nach GRW (Entscheidung fällt im Sommer)
Finalisten COBE Berlin; Man Made Land, Berlin; Max Dudler, Berlin; Hilmer & Sattler und Albrecht, München; Adelheid Schönborn Gartenarchitektin, Muhr am See; Sauerbruch Hutton, Berlin; mahl gebhard konzepte, München; Schellenberg + Bäumler, Dresden; Adler & Olesch, Nürnberg; Laux Architekten, München; terra nova, München; Ammann Albers StadtWerke, Zürich; Schweingruber Zulauf, Zürich
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