Bauwelt

Zwischen Kulturpalast und Semper­oper

Wolfgang Hänsch 1929–2013

Text: Kil, Wolfgang, Berlin

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Einkaufspassage Webergasse, erbaut 1958–62, abgerissen 1994

Foto: SLUB Dresden/Deutsche Fotothek/Hofert, 1967

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Einkaufspassage Webergasse, erbaut 1958–62, abgerissen 1994

Foto: SLUB Dresden/Deutsche Fotothek/Hofert, 1967


Zwischen Kulturpalast und Semper­oper

Wolfgang Hänsch 1929–2013

Text: Kil, Wolfgang, Berlin

Wolfgang Hänsch gehörte einer Generation an, deren Berufsethos man heute immer seltener begegnet: Baumeister seiner Stadt zu sein, bedeutete für ihn ganz selbstverständlich, sich auch als Bürger engagiert dem Ort zu verbünden.
Geboren in Königsbrück, war er neunzehnjährig in die Staatsbauschule Dresden eingetreten und hat bis ins hohe Alter beinahe ausnahmslos für diese Stadt gewirkt. Als Jungarchitekt haderte er entschieden mit der damals herrschenden traditionalistischen Doktrin. Sein erstes Großprojekt, eine innerstädtische Wohnanlage, zeigte nicht nur urbane Qualitäten, sondern war auch ein früher Versuch, mit Montagetechnologien städtisch zu bauen. Spätere Schlüsselwerke – das Einkaufszentrum Webergasse, das Haus der Presse, vor allem aber der Kulturpalast – haben den Ruf Dresdens als Hochburg der Nachkriegsmoderne in Deutschland mitbegründet.
Umso überraschender also, dass der entschiedene Vertreter einer eleganten Sachlichkeit sich danach dem Wiederaufbau des kriegszerstörten Opernhauses widmete, und zwar entgegen aller Erwartung getreu der uferlosen Dekorationslust des alten Gottfried Semper. Die Auseinandersetzung mit dem Stilgeschmack vergangener Epochen hat Wolfgang Hänsch ein weiteres Mal reifen lassen. Sein Blick auf die Baukunst war toleranter geworden, fast möchte man sagen: weise.
Mit dieser Lebenserfahrung, die immer auch Streiterfahrung bedeutete, hat er sich den rigoros aufbrausenden Debatten der Dresdner Nachwendezeit leidenschaftlich gestellt. Ob es dabei um den Pseudobarock am Neumarkt ging oder um die generelle Wertschätzung des Wiederaufbaus im Moderne-Gewand, stets konnte Hänsch seine doppelte Autorität in die Waagschale werfen – als Anwalt für eine gute zeitgemäße Architektur wie als Kenner der empfindsamen Seelen seiner Mit-Dresdner.
Dass er trotzdem den Träumen seiner Generation, den Idealen der Moderne immer verbunden blieb, beweist sein zäher Kampf um den Kulturpalast. Herbe Verluste gab es davor schon zu verkraften – die Webergasse komplett abgerissen, sein Haus der Presse verstümmelt und überformt: „Alles kleine Infarkte, die schmerzen, aber nicht töten.“ Die Dresdner verehrten ihn als „Architekt der Semperoper“, doch für seinen Kulturpalast-Saal ließ ihn eine Mehrheit in Stich. Trotz angegriffener Gesundheit ging er ein letztes Mal in die Offensive. Dass die Zerstörung seiner eindrucksvollsten Raumschöpfung auch in zwei Gerichtsinstanzen nicht aufzuhalten war, hat ihn sehr mitgenommen. Er hatte auf Vernunft gesetzt, auch auf Fairness unter Kollegen. Am 16. September ist Wolfgang Hänsch gestorben. In den Dresdner Architekturdebatten wird seine Stimme fortan fehlen.
Fakten
Architekten Hänsch, Wolfgang, (1929–2013)
aus Bauwelt 38.2013
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