Bauwelt

Baiersbronn


Strategische Zukunftsentwicklung


Text: Steger, Richard, Wien


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    Foto: Baiersbronn/Ulrike Klumpp

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Die strategische Planung soll langfristige Perspektiven schaffen, die dem Bevölkerungsschwund Paroli bieten und vermehrt auch Zuzug auslösen. Dabei setzt die Gemeinde auf eine „Gegenwelt“ zu den Metropolen und eine starke Wiedererkennbarkeit des Ortes.
Baiersbronn ist die touristisch stärkste Landgemeinde in Baden-Württemberg. Wirtschaftlich dominieren gehobener Tourismus sowie Holzindustrie und -gewerbe mit Folgewirtschaft – 83 Prozent der Flächen sind bewaldet. Durch die große Entfernung zu den nächsten Autobahnen ist die Produktion jedoch vergleichsweise schwierig und teuer, drei Firmen sind in jüngster Vergangenheit deshalb abgewandert. Die Gemeinde hat zudem nahezu keine Flächenbevorratung, großteils Privatbesitz erschwert eine aktive kommunale Flächenentwicklung. Die junge Generation kehrt Baiersbronn den Rücken, viele der 25- bis 35-Jährigen sind in den letzten Jahren weggezogen oder nach dem Studium nicht mehr zurückgekehrt.
In Baiersbronn ist der Tourismusverband, die „Baiersbronn Touristik“, organisatorisch Teil der Gemeindeverwaltung, agiert jedoch weitgehend eigenständig. Dadurch gab es bislang, wie auch in anderen Tourismusorten, zwei Entwicklungsprogramme – eines für die touristische Entwicklung, das andere für die Gemeindeentwicklung – mit getrennten Zukunftsleitbildern, die nicht gemeinsam bearbeitet wurden.
Seit 2009 arbeiten die Gemeinde mit ihren neun Ortsteilen und der Tourismusverband zum ersten Mal an einer Gesamtstrategie, genannt „Baiersbronn 2020“. Sie wird begleitet von ei­ner breit angelegten öffentlichen Diskussion zu sieben Themenbereichen: 1. Verwaltung und Versorgung, 2. Familie/Generationen/Kirche/Ortsgesellschaft, 3. Einzelhandel/Gastronomie/Tourismus, 4. Kultur/Brauchtum/Vereine, 5. Baukultur/Ambiente, 6. Ökologie/Forst/Landwirtschaft und 7. Wirtschaft. Neben Großgruppenworkshops fanden zu einzelnen Bereichen Intensivworkshops mit Politik, Verwaltung, Tourismus und Bürgern statt. Dabei wurde eine lange Liste von kurz-, mittel- und langfristigen Zielen zusammengestellt. Daraus ergaben sich insgesamt über 80 Maßnahmen, die sich jetzt Schritt für Schritt in der Umsetzung befinden. Pro Themen­feld wurden zunächst zwei Maßnahmen ausgewählt und auf die Agenda genommen. Sie reichen von einem Beschilderungskonzept für den gesamten Ort über die Neukonzeption des Amtsblattes oder die Einrichtung eines Seniorenrats bis zu einer Innenentwicklungsstrategie gegen Leerstände in den Ortskernen.
Die größte Veranstaltung im Rahmen dieses Prozesses, die u.a. von dem Architekten Mathias Walter sowie von Jörg Finkbeiner und Klaus Günter von Partnerundpartner Architekten initiiert wurde, widmete sich mit der Fragestellung „Gibt es eine regionale Baukultur in Baiersbronn?“ dem Thema Baukultur/Ambiente.
2011 wurde das Strategiepapier „Baiersbronn 2020“ verabschiedet. Seit 2013 gibt es die Stelle Projektmanagement, je zur Hälfte finanziert von der Gemeinde und der Baiersbronn Touristik. Die Projektmanagerin kommuniziert den Umsetzungsprozess nach innen, treibt aber auch die Projekte in der Umsetzung voran.
Erste strategische Kleinprojekte, wie der Ausbau der Gemeindehomepage, wurden bereits während des Prozesses entwickelt und umgesetzt. Derzeit wird ein „Gestaltungshandbuch für Architektur und Städtebau“ ausgearbeitet, das neben einer historischen Aufarbeitung mit zeitgenössischen Beispielen auch ein lebendiges, fortzuschreibendes Nachschlagewerk sein soll und somit Grundlage für künftige Entwicklungen. Parallel dazu wird ein Bauherrenpreis vorbereitet, mit dem positive Beispiele von ei­ner Jury ausgezeichnet werden. Außerdem soll ein Beratungsangebot von Architekten installiert werden, um besonders die Qualität kleinerer Bauaufgaben zu verbessern.
Bemerkenswert in Baiersbronn ist, dass sich insbesondere der örtliche Tourismusverband für das Projekt engagiert und immer wieder auch Impulse setzt mit wegweisenden Bauprojekten wie der Neugestaltung der Tourismusinformation, für die nur regionale Handwerker beauftragt wurden, die mit Holz aus dem Wald der Gemeinde arbeiteten.
Weitere aktuelle Bauten und Bauvorhaben sind z.B. ein unkonventionelles Hotelprojekt mit Waldlofts und dazugehöriger Talstation sowie der Umbau des Gästekindergartens „Murgels Spielhaus“ – alles Projekte des in Baiersbronn und Berlin tätigen Büros Partnerundpartner Architekten. Zudem gibt es auch einige vorbildhafte Sanierungen, etwa den Morlokhof und den Hof Reichenbachtal.




Adresse Baiersbronn


aus Bauwelt 24.2013
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