Bauwelt

Deutsche Schule in Madrid


Das Berliner Architekturbüro Grüntuch Ernst hat den Neubau für die Deutsche Schule errichtet. Kindergarten, Grundschule und Gymnasium sind für 1600 Schüler ausgelegt


Text: Cohn, David, Barcelona


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    Foto: Celia de Coca

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    Ein filigranes Gitterwerk grenzt den großen Foyerhof zum Vorplatz ab. Riesige polygonale Einschnitte im Betonschirm erzeugen ein eindrucksvolles Schattenspiel.
    Foto: Celia de Coca

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    Ein filigranes Gitterwerk grenzt den großen Foyerhof zum Vorplatz ab. Riesige polygonale Einschnitte im Betonschirm erzeugen ein eindrucksvolles Schattenspiel.

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    Kindergarten, Grundschule (links) und Oberschule orientieren sich jeweils um eigene Innenhöfe, die sich wiederum zu den Freiflächen auf der Schulrückseite öffnen
    Foto: Celia de Coca

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    Sichtbeton mit vereinzelten Farbakzenten ist auch im Kindergarten (links) das prägende Material
    Foto: Celia de Coca

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    Sichtbeton mit vereinzelten Farbakzenten ist auch im Kindergarten (links) das prägende Material

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    Kunst am Bau: Riesige Vorhänge des Berliner Künstlers Carsten Nicolai hängen in der großen Mensa (unten) und in der Aula
    Foto: Celia de Coca

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    Kunst am Bau: Riesige Vorhänge des Berliner Künstlers Carsten Nicolai hängen in der großen Mensa (unten) und in der Aula

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    Aus der Oberschule eröffnet sich nach Nordwesten ein beeindruckender Ausblick. Im ebenerdigen Untergeschoss liegt die Bibliothek.
    Foto: Celia de Coca

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    Aus der Oberschule eröffnet sich nach Nordwesten ein beeindruckender Ausblick. Im ebenerdigen Untergeschoss liegt die Bibliothek.

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    Die Topografie des Geländes bedingt, dass der Innenhof der Oberschule tiefer liegt und die Schule
    hier ein Geschoss höher ist
    Foto: Celia de Coca

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    Die Topografie des Geländes bedingt, dass der Innenhof der Oberschule tiefer liegt und die Schule
    hier ein Geschoss höher ist

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    Durch die Geometrie der Schule sowie die Durchgänge in den unteren Geschossen ergibt sich eine Abfolge von sonnigen und schattigen Plätzen
    Foto: Celia de Coca

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    Durch die Geometrie der Schule sowie die Durchgänge in den unteren Geschossen ergibt sich eine Abfolge von sonnigen und schattigen Plätzen

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Die Deutsche Schule Madrid übernimmt gemeinsam mit der deutschen Botschaft und dem Goethe-Institut einen Part im offiziellen Kulturaustausch-Programm der Stadt. Sowohl die markante Aula als auch die Sporthalle der Schule werden auch für öffentliche Veranstaltungen genutzt. Entsprechend wichtig ist der repräsentative Charakter ihrer Architektur. Natürlich muss der Entwurf den Anforderungen an Funktionalität, Nutzerfreundlichkeit und Energieeffizienz gerecht werden, doch die angebotenen Lösungen sind zugleich durch den repräsentativen Grundduktus und einen gewissen modellhaften Charakter bestimmt.
Das Baugelände kam als weiterer wichtiger Faktor ins Spiel. Dessen Vorzüge galt es herauszuarbeiten, mögliche Nachteile waren wirksam auszugleichen. Das Ensemble mit einer Grundfläche von 27.000 Quadratmetern für derzeit 1600 Kinder und Jugendliche entstand – einschließlich der Sportanlagen im Außenbereich – auf einer eher knapp bemessenen Parzelle von insgesamt 34.700 Quadratmetern. Das Areal liegt am nördlichen Saum von Madrid, wo das Stadtgefüge abrupt abbricht: Übergangslos beginnt hier das weitläufige Naturschutzgebiet Monte de El Pardo, in der Ferne erblickt man das Panorama der Guadarrama-Bergkette. Diesseits der unregelmäßigen Parzelle liegt eines jener vor über zehn Jahren ausgewiesenen, bislang aber roh gebliebenen Madrider Stadterweiterungsgebiete. Montecarmelo, so der offizielle Name des neuen Viertels, ist noch längst nicht zu einer attraktiven und lebendigen Nachbarschaft zusammengewachsen. Die Gründe dafür sind teils in der spanischen Wirtschaftskrise zu suchen, teils aber auch in der mehr als mittelmäßigen Planung.
Für den Umzug nach hier draußen hatte die Deutsche Schule den 1961 eröffneten, modernistischen Campus nahe des Stadtzentrums aufgegeben, der nach Entwürfen des Architekten Willy Schöbel Ungría entstanden war. Die alten Gebäude, so Rektor Frank Müller, galten als ungeeignet für Methodik und Techniken heutigen Unterrichtens, auch ein Umbau kam nicht infrage.

Polygonale Konstruktion

Bereits 2009 hatte das Berliner Büro Grüntuch Ernst Architekten den Wettbewerb unter 24 Mitbewerbern für sich entscheiden können (Bauwelt 35.2009). Der Entwurf präsentiert sich als Matrix aus unregelmäßigen Vielecken, die sich auf allen Maßstabs-Ebenen, vom Baukörper bis zu Bodenplatte, wiederfinden. Als Gesamtkomposition fügt sich diese Matrix gut in den unregelmäßigen Zuschnitt und die leicht abschüssige Topografie des Areals ein, darüber hinaus erlaubt sie den Architekten, ein Netzwerk mit mehreren Knotenpunkten zu spannen, was sich für die übergeordnete Organisation des Schulbetriebs als sehr vorteilhaft erweist.
An das breitere Ende der Parzelle wurden die räumlich größeren Blöcke aus dem Bauprogramm gerückt, also Sporthalle und -anlagen, sowie die Aula und der Gymnasialtrakt. Die kleinere Grundschule und der Kindergarten schließen sich an. Jedes der drei Häuser hat einen polygonalen Grundriss mit einem zentralen, offenen Innenhof und orientiert sich mit den Klassenräumen auf den Fernblick an der Geländerückseite im Nordwesten. „Beim Nachdenken tut es gut, den Blick in die Weite der Landschaft lenken zu können“, so die Architektin Almut Grüntuch-Ernst.
Die Freiflächen zwischen den drei Schulbereichen – Kindergarten, Grundschule und Gymnasium – sind zur rückwärtigen Seite mit landschaftsgärtnerischen Elementen und Spielplätzen gestaltet, zu Vorplatz und Busstation hin findet sich ein ausgeklügeltes System von „Foyerhöfen“. Die sechseckige Mensa ist zwischen
die teils von pergolaartigen Konstruktionen überspannten Patios eingepasst und fungiert als Puffer zwischen zwei Bereichen: einerseits zum größeren Eingangshof als dem gemeinsamen Treffpunkt für alle, bevor sich die Schüler auf die unterschiedlichen Häuser verteilen, andererseits zum kleineren Areal zwischen Kindergarten und Grundschule, das an Regentagen als überdachter Außenbereich genutzt werden kann. Eingefasst sind die Foyerhöfe von einem filigranen Gitterwerk aus schrägen Betonstreben, wodurch ein nach innen konzentriertes, zur Umgebung hin geschütztes Ensemble entsteht.
Die Architekten nutzten für ihre Konstruktion ausschließlich Sichtbeton. Zum Einsatz kamen dabei sowohl vorgefertigte Teile als auch vor Ort gegossene Elemente, deren Oberflächen direkt im Anschluss durch die Arbeiter nachbehandelt wurden. Die Fassaden der eigentlichen Schulhäuser sind ebenfalls als Gitterwerk aus in Zickzack-Bändern verbauten Streben ausgeführt, dahinter sind die automatisch gesteuerten Sonnenblenden und eine vollflächige Verglasung eingepasst. Ebenfalls schräg geschnittene, wuchtige Stützen tragen in den Foyerhöfen die schweren Pergolen aus Beton, die mit ihren unregelmäßig polygonen Öffnungen ein wildes Muster aus Licht und Schatten werfen.
In der Mensa führt die über die beiden Geschosse reichende Verglasung hinter den mächtigen Stützen diesen monumentalen Maßstab fort, ebenso das leicht geneigte zeltartige Dach der Aula mit seinen darin eingelassenen dreieckigen Oberlichtern, das den Saal mit siebenhundert Sitzplätzen überspannt. Die ähnlich mächtigen Stützen am straßenseitigen Zugang zur Sporthalle wirken dagegen weniger gelungen – vor dem schlichten Rechteck und den geschlossenen Sichtbetonmauern erscheinen sie etwas fehl am Platz. Der Zugang zur Sporthalle vom zentralen Foyerhof her wirkt ebenfalls ein wenig plump, was vermutlich dem schwierigen Geländezuschnitt anzulasten ist, möglicherweise aber auch dem Bruch zwischen rechteckiger und polygonaler Grundrissstruktur.
Der Ausgleich des unebenen Geländeprofils erfolgt in den überdachten Höfen über Stufen, Rampen und Schrägen, was zugleich die Aufforderung zu einer spielerischen und unkomplizierten Aneignung in vielerlei Variationen beinhaltet. Die verwinkelten Grundrisse mögen für leichte Verwirrung und Unschärfe sorgen, doch kann das durchaus auch reizvoll sein. Grüntuch Ernst beschreiben ihren Ansatz als „geometrisierte Landschaft“, die Intention dahinter ist, „Urbanität bis an den Stadtrand zu bringen“. „Wir wollten einen Ort mit einer eigenständigen Identität schaffen, einen Ort, der das Verhältnis von introvertierten Patios mit der Offenheit des fließenden Raums in die gemeinschaftlichen Foyerhöfe und der Weite der Landschaft vermittelt.“
Die reiche Formensprache der Fassaden erinnert an die Ausdrucksweise des Brutalismus, besonders die langgestreckten Außenfassaden der Schulhäuser mit ihren kräftig-rhythmisierenden Zickzack-Elementen. Weitere Anspielungen an die sechziger Jahre sind etwa die langen, orangefarbenen Vorhänge in Aula und Mensa nach einem Entwurf von Carsten Nicolai oder die von der Mensa-Decke hängenden Lichtkugeln von Bocci.
Ein weiteres wegweisendes Merkmal des Entwurfs ist die nachhaltige Energienutzung, vor allem die ausgeklügelten unterirdischen Thermolabyrinthe, die die Außenluft vortemperieren, sodass weniger maschinelle Klimaanlagen gebraucht werden.

Deutsche Norm

Im Vergleich zum hyperaktiven Spiel der Außenräume und der aufwendigen Ausarbeitung der Fassaden wirken die Innenräume der Schule eher karg. Man vermisst ein räumliches Engagement für einen lebendigen pädagogischen Entwurf. Hier sind die Architekten dichter an den neutralen Interieurs und der High-Tech-Rhetorik eines Norman Foster, in dessen Büro Armand Grüntuch einige Jahre tätig war, als an „strukturalistischen“ Schulentwürfen im Sinne eines Aldo van Eyck.
Als visuelles Leitsystem nutzen die Architekten warme Farbakzente. In den Klassenräumen und entlang der Verbindungsflure finden sich bunte Wandpaneele, in den Waschräumen flutet die Farbe gleich alle Oberflächen. Ansonsten sind die Klassenräume allerdings nach der deutschen Standardnorm ausgerichtet, und wirken so auch bei geringen Klassenstärken eher beengt. Es bleiben wenig Spielräume trotz – oder vielleicht sogar gerade wegen – der Ausrichtung der Schule auf digitale Medien: Keine großzügig bemessenen Bücherregale oder breiten Fensterbänke, wie etwa in US-amerikanischen Grundschulen üblich, wo zahme Nager, Mini-Gewächshäuser oder sonstige anheimelnde Dinge Platz finden könnten. Es sind tatsächlich die großen Fensterflächen, die am meisten überzeugen.Almut Grüntuch-Ernst hat das zugrundeliegende Prinzip bereits klar benannt: in die Ferne schweifen.
Aus dem Englischen von Agnes Kloocke



Fakten
Architekten Grüntuch Ernst Architekten, Berlin
Adresse Calle Monasterio de Guadalupe, 7,28034 Montecarmelo,Madrid,Spanien


aus Bauwelt 47.2015
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