Schuppen, Ghisola
Das Erste Haus 2015: Preisträger
Text: StudioErrante
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Die Sitznische in der Giebelwand des Schuppens fungiert auch als Treffpunkt für die 120 Einwohner des Dorfs
Die Sitznische in der Giebelwand des Schuppens fungiert auch als Treffpunkt für die 120 Einwohner des Dorfs
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Die kleinen Abweichungen vom Üblichen haben dem Projekt im Ort Aufmerksamkeit beschert
Die kleinen Abweichungen vom Üblichen haben dem Projekt im Ort Aufmerksamkeit beschert
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Paolo Borghino, Sarah Becchio, Andrea Tomasi
Paolo Borghino, Sarah Becchio, Andrea Tomasi
Seiner bescheidenen Abmessungen zum Trotz enthält das Projekt im piemontesischen Dorf Ghisola eine Reihe von Funktionen. Es handelt sich um einen Schuppen, in dem der Auftraggeber das Brennholz für die Heizung seines Wohnhauses lagert. Die Luft, die durch die Fugen der hölzernen Hülle strömt, trocknet das gelagerte Holz. Der Schuppen ist aber auch ein Ort, der zwischen dem privaten Hof und dem öffentlichen Raum vermittelt, ein Ort, um den herum sich das Leben der Bauherrn wie der Bewohner des Weilers abspielt: Die Nische in der Südfassade ist ein besonderer Sitzplatz für Menschen wie Tiere. Schließlich ist der Schuppen ein Arbeitsplatz im Außenraum des Anwesens. Ein Abschnitt seiner Stahlbetonwand ist nach innen gefaltet. So entsteht eine Oberfläche mit einem großen Waschbecken. Das Projekt vermittelt also zwischen unterschiedlichen Bereichen und Handlungen. Die Wand des Vorgängerbaus mit ihrer unebenen, geschichteten Textur blieb erhalten und wurde in die Konstruktion integriert. Die Details sind einfach. Stahlbeton kam für Fundament und Wand zum Einsatz, Holz für fast alles andere: Schichtholz für die Konstruktion, geflammte Kastanie für Oberfläche und Dach, unbehandelte Kastanie für die Rahmen, Sperrholz für Einbau-ten und Nische, ein alter Baumstamm wurde zur Stufe. Beinahe nichts.
Übersetzung aus dem Englischen: ub
Wie kamen Sie mit Ihren Bauherren in Kontakt?
Sie haben uns auf der Straße angesprochen.
Was für einen Ort haben Sie vorgefunden – sowohl mit Blick auf den eigentlichen Bauplatz wie auf die Umgebung?
„Holz und Hund“ ist ein sehr kleines Projekt. Es entstand aus dem Wunsch unseres Auftraggebers, das alte Gefüge neu zu ordnen, das eine Seite seines Hofs begrenzte, teilweise ohne jede Funktion, teilweise nicht angemessen genutzt als Holzlager. Die Umgebung ist eine für die Alpentäler des westlichen Piemont typische Kulturlandschaft, charakterisiert vom Wechsel historischer Steinbauten, aufgegebener und verfallender Gebäude und ruppigen Neuordnungsmaßnahmen. Ghisola selbst ist ein für diese Region heute typischer, spärlich besiedelter Weiler.
Was war das größte Hindernis der Realisierung?
Wir pflegen Probleme als Entwurfsmöglichkeiten zu sehen. Das größte Hindernis - wenn wir es denn als solches bezeichnen wollen - betraf die Größe des Objekts: die Notwendigkeit, die (auch ökonomisch) knappen Ressourcen, die Bezüge zur Umgebung, die vor Ort gebräuchlichen Materialien und einfachen konstruktiven Lösungen in einem winzigen Gebäude zu verdichten.
Wie haben die Nachbarn reagiert?
Die Nachbarschaft zeigte sich spontan neugierig. In einem so kleinen und halb aufgegebenen Ort wie Ghisola bieten sich nicht häufig Gelegenheiten, das vorhandene bauliche Gefüge zu verändern. Das war auch eine pädagogische Erfahrung für alle Beteiligten: für uns als Architekten wie für die Bauherrn, für die Handwerker wie für die Nachbarn. Eine Reihe kleiner formaler, technischer und funktionaler Abweichungen von dem, was üblicherweise nur als unbedeutendes Nebengebäude betrachtet wird, hat dem Projekt einen wahrnehmbaren Widerhall beschert. Die kleine Nische auf der Südseite ist ein schönes Beispiel dafür. Es ist nicht ungewöhnlich, an warmen Abenden Menschen in dieser Nische sitzen, sich unterhalten oder auch einen Kaffee trinken zu sehen. „Holz und Hund“ umreißt einen privaten Raum, der es vermag, zum öffentlichen Treffpunkt zu werden.
Wenn Sie nun, nach der Realisierung Ihres ersten Projekts, auf Ihre Ausbildung zurückblicken, gibt es Lehrinhalte, die Ihnen in der Berufspraxis fehlen und die in die Lehre aufzunehmen Sie Ihrer Hochschule empfehlen möchten?
Es wäre es wert, schon während des Studiums Gelegenheit zu haben, mehr direkte Erfahrungen zu sammeln, mehr zu experimentieren, und zwar auf einer Baustelle. Wir haben an einer sehr technisch ausgerichteten, aber mit wenig Praxisbezug arbeitenden italienischen Architekturschule studiert, in der darüber hinaus aber auch keine Architekturtheorie mehr vermittelt wird. Wir glauben allerdings, dass ein Architekt nicht bloß Techniker ist. Unsere eigentliche Erfahrung speist sich aus Lehr- und Bürotätigkeiten im Ausland.
Haben Sie schon Gelegenheit gefunden, die bei diesem Projekt berührten architektonischen Fragen weiterzuverfolgen? Woran arbeiten Sie gerade?
Mit Blick auf den Kontext, in dem wir „Holz und Hund“ entworfen haben, glauben wir, dass es einer sehr genauen Herangehensweise bedarf, damit die Architektur ihren Wert entfalten kann in einer Umgebung, die ihre ursprüngliche Bedeutung weitgehend verloren hat. Wenn wir einerseits die Grenzen konservativer Apathie überschreiten wollen, andererseits den endgültigen Abschied von einer gemeinsamen Geschichte akzeptieren, müssen wir bestimmte Punkte garantieren können: Erstens, die Qualität eines Projekts kann ausschließlich weder aus der direkten Referenz zum Bestand erwachsen noch aus bloßer Materialästhetik noch aus der simplen Einführung eines Themas von außerhalb. Stattdessen erwächst sie aus dem Maß, in dem die Architektur Neuerungen im Sinne von zusätzlicher Bedeutung in ihre Umgebung zu bringen vermag. Einen Teil der bestehenden Konstruktion weiterzuverwenden, erschien uns als eine Möglichkeit, solch neue Bedeutung mit dem Vorhandenen unmittelbar zu verbinden, wider die Heuchelei des Wiederherstellens um jeden Preis. Für uns ist es in einem derartigen Kontext von Bedeutung, ein Projekt in der Dorfgemeinschaft, am spezifischen Ort zu verankern und so Kontinuität erfahrbar zu machen.
Zurzeit arbeiten wir an der Renovierung einer historischen, steinernen Scheune in der gleichen Region. Das Projekt besteht aus zwei Phasen, zwei aufeinander folgenden Szenarien: Der erste Schritt beinhaltet die bloße Renovierung des Gebäudes bei fortgesetzter Nutzung als Lager und Werkstatt; diese Phase umfasst den größten Teil der insgesamt geplanten Arbeiten. In einem zweiten Schritt soll das Gebäude dann – sobald die Bauherrn über die nötigen finanziellen Möglichkeiten verfügen – zum Wohnhaus umgenutzt werden. Wir haben das Projekt PER-ORA genannt, zu Deutsch „fürs Erste“. Im Grunde dreht es sich um die Wiederverwendung historischer Baumaterialien und einfacher, kostengünstiger und flexibler Konstruktionen.
Wie beurteilen Sie die Situation für junge Architekten in Italien gegenwärtig, im Land allgemein und in der Region Piemont?
PER-ORA ist ein ziemlich sinnbildliches Projekt für die derzeitige Situation in Italien – nicht nur mit Blick auf junge Architekten.
Übersetzung aus dem Englischen: ub
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