Kunstfakultät in Bergen
Im Sommer bezogen 350 Studenten die neuen Räume der Fakultät für Kunst, Musik und Design in der norwegischen Hafenstadt Bergen. Für rund 110 Millionen Euro realisierte das Architekturbüro Snøhetta eine, bei nur selten scheinender Sonne, strahlende Box.
Text: Flagner, Beatrix, Berlin
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Die Fakultät ist fußläufig circa 20 Minuten vom Stadtzentrum entfernt.
Foto: Hufton & Crow
Die Fakultät ist fußläufig circa 20 Minuten vom Stadtzentrum entfernt.
Foto: Hufton & Crow
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Die Freiraumplanung übernahm ebenfalls Snøhetta.
Foto: Hufton & Crow
Die Freiraumplanung übernahm ebenfalls Snøhetta.
Foto: Hufton & Crow
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Der Regen, der auf das 4100 m2 Dach fällt, wird unterirdisch in Tanks aufgefangen und zur Bewässerung der Anlage genutzt.
Foto: Hufton & Crow
Der Regen, der auf das 4100 m2 Dach fällt, wird unterirdisch in Tanks aufgefangen und zur Bewässerung der Anlage genutzt.
Foto: Hufton & Crow
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Je nach Lichtverhältnissen verändert sich die Farbe der Fassade.
Foto: Hufton & Crow
Je nach Lichtverhältnissen verändert sich die Farbe der Fassade.
Foto: Hufton & Crow
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Der Stadtteil Møllendal soll an das Schienennetz angeschlossen werden, dafür wird die kleine Industriehalle auf der linken Seite der Fakultät abgerissen, um Platz für einen Bahnhof zu schaffen.
Foto: Hufton & Crow
Der Stadtteil Møllendal soll an das Schienennetz angeschlossen werden, dafür wird die kleine Industriehalle auf der linken Seite der Fakultät abgerissen, um Platz für einen Bahnhof zu schaffen.
Foto: Hufton & Crow
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Die große Freitreppe führt zur Bibliothek und zum Café im 1. Obergeschoss.
Foto: Hufton & Crow
Die große Freitreppe führt zur Bibliothek und zum Café im 1. Obergeschoss.
Foto: Hufton & Crow
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Der dunkle Hörsaal verfügt über mobile Sitzreihen und kann so auch für Ausstellungen von Videoinstallationen genutzt werden.
Foto: Hufton & Crow
Der dunkle Hörsaal verfügt über mobile Sitzreihen und kann so auch für Ausstellungen von Videoinstallationen genutzt werden.
Foto: Hufton & Crow
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Das Treppenhaus ist gleichzeitig Ausstellungsraum: hier wird eine Sammlung von Arbeiten ehemaliger Studenten gezeigt.
Foto: Hufton & Crow
Das Treppenhaus ist gleichzeitig Ausstellungsraum: hier wird eine Sammlung von Arbeiten ehemaliger Studenten gezeigt.
Foto: Hufton & Crow
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Auch die Arbeitsräume im Erdgeschoss sind über Glasscheiben im Boden visuell verbunden.
Foto: Tomasz Majewski
Auch die Arbeitsräume im Erdgeschoss sind über Glasscheiben im Boden visuell verbunden.
Foto: Tomasz Majewski
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Betritt man die große Halle kann man zwar in die Werkstätten und Arbeitsräume hineinschauen, jedoch nicht hinein treten.
Foto: Hufton & Crow
Betritt man die große Halle kann man zwar in die Werkstätten und Arbeitsräume hineinschauen, jedoch nicht hinein treten.
Foto: Hufton & Crow
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Befindet man sich auf der oberen Ebene der Halle hat man Blickbeziehungen zu allen Bereichen der Fakultät.
Foto: Hufton & Crow
Befindet man sich auf der oberen Ebene der Halle hat man Blickbeziehungen zu allen Bereichen der Fakultät.
Foto: Hufton & Crow
Das Allemannsretten – zu Deutsch das „Jedermannsrecht“ – ist in Norwegen im „Gesetz über das Leben im Freien“ verankert. Es erlaubt seit 1957 das uneingeschränkte Verweilen und Übernachten in der Natur. Ein solches Recht sagt viel über die offene und großzügige Mentalität der Norweger aus – vor allem an der Westküste des Landes. Für das Architekturbüro Snøhetta nahm diese norwegische Grundhaltung bei der Gestaltung des Neubaus für die Fakultät für Kunst, Musik und Design (KMD) in Bergen eine zentrale Rolle ein: Sie dehnten es konzeptionell auf den Innenraum aus. Kjetil Thorsen, Mitbegründer des Büros erklärt dazu: „Inzwischen verbringt der Mensch fast 90 Prozent seines Lebens in Gebäuden. Wir wollten die Fakultät öffnen. Dabei dachten wir an den Nolli-Schwarzplan von Rom aus dem Jahr 1748. Neben Straßen, Gassen und Plätzen sind auch öffentlich zugängliche Gebäude wie Kirchen in weiß dargestellt. Die Halle der Fakultät ist ein solcher offener, weißer Raum in der Stadt.“
Das Grundstück befindet sich im industriell geprägten Stadtteil Møllendal. „Schon in dem Wettbewerb 2005 verfolgten wir die Idee, diesem Stadtteil einen öffentlichen Raum zu geben, der sich zum Wasser hin öffnet“, erzählt Astrid Renata Van Veen – Projektleiterin bei Snøhetta. Die Fakultät steht in zweiter Reihe am Ufer einer Bucht, das Stadtzentrum befindet sich auf der anderen Uferseite. Die Architekten bauten darauf, dass die Grundstücke vor dem Neubau frei bleiben und somit eine Sichtverbindung zum Zentrum entstehen könnte. Das Konzept fand in der Fakultätsleitung Anklang: „Uns war es wichtig, dass unserer Institution Platz eingeräumt wird. Die KMD ist die einzige neu gebaute Kunsthochschule in Norwegen und wir wollten nicht, dass man sie einkeilt.“ Die Grundstücke blieben unbebaut und die Fakultät öffnet sich zum neugeplanten „Kunstallmenningen“. Dieser vorgeschaltete Platz soll Kunstinteressierte willkommen heißen. „Kunst für Jedermann“ („Kunstallmenningen“) – das Konzept spiegelt sich auch in der großen einladenden Fensterfront wider, die den Eingang der Fakultät markiert.
Die 250 Regentage im Jahr haben Snøhetta geschickt in ihre Fassadengestaltung einkalkuliert: nach Regen strahlt und funkelt die Fassade ganz besonders und weckt Neugierde. Durch das Versetzen der perforierten Aluminiumpaneele in der Fassade, mal um fünf, zehn oder fünfzehn Zentimeter, ergibt sich ein lebendiges Fugenbild. Dieses wiederum erzeugt ein wechselvolles Schattenspiel. Fast stündlich ändert sich die Farbe des Gebäudes: Blau, Gold, Rosa, Silbern, Grün und Schwarz. Ob die Farbpalette, die Diversität im Inneren ausdrücken soll? Die Aluminiumfassade ist auch eine Anspielung auf die industrielle Vergangenheit des Standorts und auf das Treiben in der Fakultät – hier wird handwerklich gearbeitet. Neben dem großzügigen gläsernen Eingang verfügt das Gebäude über acht „Glaskästen“, die in den Straßenraum ragen.
Das eigentliche Bindeglied zwischen Hochschule und öffentlichem Raum ist jedoch die Halle. Sie erstreckt sich über zwei Ebenen. Im Erdgeschoss hat sie die Funktion eines Foyers, von dem man in den Hörsaal gelangt – alle Vorlesungen sind für Jedermann frei zugänglich – und ins erste Obergeschoss zum Café und Bibliothek. Im oberen Geschoss wird die Halle zum Multifunktionsraum. Die Wände bestehen aus Holzpaneelen, die unteren zwei Reihen können von den Studenten als Zeichentafel genutzt werden, sie lassen sich drehen und leicht säubern. Der Industrieholzboden besteht aus 140.000 Kieferholzblöcken, die per Hand verlegt wurden.
Ein riesiger Kran, ein Relikt des Kranherstellers Munck, der zuvor auf dem Grundstück sei-ne Produktionshalle hatte, unterstreicht symbolisch die Arbeitsatmosphäre. Die Halle ist nicht klimatisiert und fungiert als Puffer zwischen Außen- und Innenraum. Ihre Raumtemperatur soll sich zwischen fünfzehn und zwanzig Grad einpendeln. Ein offener Raum, in dem alle Fachrichtungen aufeinandertreffen. Jeder Bereich hat ein Fenster zur großen Halle – sei es Dekanat, Bibliothek oder Werkstatt. Selbst die studentischen Arbeitsräume im Erdgeschoss sind über Glasscheiben im Boden der Halle (bzw. in der Decke der Arbeitsräume) einsehbar.
Bevor die rund 350 Studierenden den Neubau im Sommer bezogen haben, waren sie auf sechs Gebäude in der gesamten Stadt verstreut. Die Fakultät mit 120-jähriger Tradition ist mit dem Gebäude nun erstmals an einem Ort. „Wir als Architekten können die Begegnungen zwischen den Disziplinen nicht erzwingen, aber wir haben Räume und Wege geschaffen, die Begegnungen möglich machen und es den Studierenden erlauben sich gegenseitig und ihre Arbeiten zu sehen“, erläutert Astrid Renata Van Veen. Dabei fehlen noch die Räume für die Musikstudenten. Die Grieg Akademie wird in den nächsten Jahren einen eigenen Bau beziehen, der in der Nachbarschaft realisiert werden soll.
Trotz der Transparenz, darf man nicht außer Acht lassen, dass viele Kunststudenten und Künstler gern zurückgezogen arbeiten. Deswegen endet auch der frei zugängliche Teil der Schule hinter dem Eingangsbereich. Man kann zwar von hier aus einen Blick in den Werkstatt- und Ateliertrakt erhaschen, muss jedoch eingeladen werden, um in die Arbeitswelt eintauchen zu dürfen.
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