Bauwelt

Kunstpavillon


White Noise


Text: Huber, Angelika, Salzburg


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    Foto: Florian Hafele

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Ein mobiler Kunstpavillon der Architekten soma will Gebäude und Skulptur zugleich sein und sorgt in der Altstadt von  Salzburg für Diskussionen. Seine Tragstruktur ist feingliederig, hochkomplex und wird von den Besuchern eher staunend betrachtet.
Ein Bauskulptur setzt seit einigen Wochen mitten in der Salzburger Altstadt einen architektonischen Kontrapunkt. „White Noise“ heißt das Objekt, das an einen Igel erinnert. Es hat sich selbstbewusst vor dem Denkmal Mozarts niedergelassen und schafft Platz für kleine Konzerte oder Ausstellungen. Ausgeschrieben  wurde das Projekt vom Salzburger Fonds „Kunst am Bau und Kunst im öffentlichen Raum“. Vorgesehen ist nun, den Pavillon einmal pro Jahr an unterschiedlichen Orten aufzustellen und mit lokalen Kultureinrichtungen zu verbinden. Zum ersten Mal wurde der mobile Kunstpavillon im März, anlässlich der Biennale Salzburg, auf dem Mozartplatz aufgestellt. Er habe – zumindest dort – das Zeug zum Aufreger, meinten die Medien im Vorfeld. Der Eklat ist ausgeblieben. In die Welt geholt haben das „Weiße Rauschen“ Martin Oberascher, Kristina Schinegger, Stefan Rutzinger und Günther Weber vom Architekturbüro soma.
Soma hatte 2010 einen Wettbewerb gewonnen, dessen Auslobung eine ganze Reihe spezieller Vorgaben enthielt. Der Bau musste in wirtschaftlich eng gesteckten Grenzen segmentiert, demontiert und gelagert werden können, multifunktional bespielbar und transportabel sein sowie eine Haltbarkeit von zehn Jahren sicherstellen.
Konstruktion und Entwurf
Die Basis des Pavillons, dessen Innenraum mit einer wasserdichten, kunststoffbeschichteten Membran überzogen ist, bilden unregelmäßig angeordnete, zwei Meter lange Aluminiumstäbe. Dieses einfache Prinzip erzeugt eine komplexe Struktur mit emergentem Tragverhalten. Das Tragwerk des Kunstpavillons wurde in Zusammenarbeit mit dem Wiener Büro von Bollinger Grohmann Schneider Ingenieuren mit Hilfe parametrischer Modelle und genetischer Algorithmen optimiert. Aus einer Vielzahl potentieller Lösungen, die durch Mechanismen wie Selektion, Rekombination und Mutation über viele Generationen hinweg neu aufgebaut und rekombiniert werden, entstand eine Kongruenz von Tragwerk und architektonischem Entwurf.
Die Gestalt des Pavillons mit hunderten immer gleicher Stäbe liefert kein konkretes Bild und bleibt im übertragenen Sinn unscharf. Das ist der Kerngedanke hinter White Noise und die Analogie zu dem „weißen Rauschen“.  In der Elektroakustik beschreibt dieser Begriff ein scheinbar immer gleiches Geräusch mit konstanter Amplitude, welches in seiner Auflösung eine Aneinanderreihung von zufällig generierten Tönen ähnlicher Frequenz ist. Armer Mozart.
Tragwerk
Die etwa 1500 quadratischen Aluminiumstäbe des Pavillons bilden ein funktionierendes Trag­werk, das nicht in einem klassischen systema­tisierten Tragwerksprozess definiert werden konnte. Stattdessen wurde gemeinsam mit den Archi­tekten ein parametrisches Modell entwi­ckelt, in dem die Position und Ausrichtung der einzelnen Stäbe variabel ist. Eine Reihe von Zahlenwerten steuert die Winkel der einzelnen Stäbe. Durch Variation dieser Zahlenwerte lassen sich sehr viele unterschiedliche „Indivi­duen“ erzeugen. Aus dieser großen Menge wurde dann iterativ eine Struktur gefunden, die die Gestaltungs- und Tragwerkskriterien erfüllt. Die Stäbe sind in parallelen Ebenen angeord­net, ohne sich innerhalb der jeweiligen Ebene zu überschneiden. Zwischen zwei Ebenen werden sie an ihren projektierten Schnitt­punk­ten durch Rundrohre miteinander verbun­den. Ein jeweils vier Meter breiter Abschnitt der fünf Abschnitte des Tragwerks mit einer maxi­malen Spannweite von 11,5 Metern besteht aus etwa 320 zwei Meter langen Stäben. Die Konstruk­tionshöhe variiert je nach Anordnung der Stäbe innerhalb der Struktur. Jedes dieser, statisch als Zweigelenksrahmen wirksamen, Segmente ist in drei transportgerechte Stücke zerlegbar. Die Lasten der Tragwerksabschnitte werden am Fußpunkt der Rahmen über ein gelenkig ange­schlossenes U-Profil abgeleitet. Das Zusammen­führen der robusten, nicht korrosionsanfälligen Stäbe des Rahmentrag­werks in einem quer zur Tragrichtung verlau­fenden Profil ermöglicht einen einfachen Auf- und Abbau und die Justierung der Struktur auf unebenem Untergrund.



Fakten
Architekten soma, Wien/Salzburg
aus Bauwelt 23.2011
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