Umbau einer Schule in Dortmund-Hombruch
Typenbau wird fortgeschrieben
Text: Brinkmann, Ulrich, Berlin
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Foto Bestand: Architekten
Foto Bestand: Architekten
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Einbau im Gartenhof: Das Schulgebäude hat ein räumliches Zentrum bekommen
Foto: Michael Rasche
Einbau im Gartenhof: Das Schulgebäude hat ein räumliches Zentrum bekommen
Foto: Michael Rasche
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Die an die neue Halle im Erdgeschoss angrenzende Cafeteria wird bei Bedarf zur Bühne. Farbige Böden helfen den Kindern, sich im Haus zu Recht zu finden.
Foto: Michael Rasche
Die an die neue Halle im Erdgeschoss angrenzende Cafeteria wird bei Bedarf zur Bühne. Farbige Böden helfen den Kindern, sich im Haus zu Recht zu finden.
Foto: Michael Rasche
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Die Akustikziegel wurden hochkant vermauert, um die gewünschten Kurvenradien zu ermöglichen
Foto: Michael Rasche
Die Akustikziegel wurden hochkant vermauert, um die gewünschten Kurvenradien zu ermöglichen
Foto: Michael Rasche
Schulgebäude wie das der Mira-Lobe-Schule in der Eierkampstraße gibt es etliche in Dortmund – das Gebäude ist ein Typenbau, entstanden im Rahmen eines 1962 gestarteten Pilotprojekts. Der quasi industrielle Neubau von Schulen sollte dem wachsenden Bedarf ebenso wie dem herrschenden Arbeitskräftemangel entsprechen. Dass diese beiden Bedingungen damals nicht nur im Ruhrgebiet galten, zeigt sich daran, dass sich Zeugnisse des Dortmunder Bausystems auch in Hamburg und Berlin finden, wohin die Methodik sozusagen exportiert worden war. Konstruktiv als Tafelbauten konzipiert, zeigen sich die Schulen im Grundriss als „Schustertypen“, mit zwei an einem Treppenaufgang flurlos erschlossenen Klassenzimmern. In H-Form oder als Atriumtyp gebaut, konnten sie clusterartig in verschiedenen Größen und dem Bauplatz angepasst errichtet werden. Das angesprochene Exemplar im Stadtteil Hombruch im Dortmunder Süden ist ein Atriumtyp, bei dem zwei Nord-Süd-orientierte Riegel durch zwei kurze Querspangen verbunden wurden, die einen nicht zugänglichen Hof bildeten. Aufgrund des nach Süden abfallenden Geländes wurden die beiden Längsriegel vertikal gegeneinander versetzt, so dass sich bei drei Geschossen sechs Niveaus bildeten.
Dieses Gebäude ist nun umgestaltet worden; unlängst wurde die vom Dortmunder Architekten Marcus Patrias geplante Erneuerung mit einem Preis des BDA gewürdigt; vom Land Nordrhein-Westfalen und der Architektenkammer im Vorjahr zudem mit dem Schulbaupreis NRW. Völlig zu Recht. Denn Patrias hat eine Lösung gefunden, die den Bestand respektiert und gleichzeitig räumlich komplett neu erlebbar macht; die sein strukturell vorhandenes, aber zuvor nicht aktiviertes Potenzial aufdeckt. Quasi en passant ist das Gebäude dabei energetisch in die Gegenwart gebracht worden – und zwar ohne auch nur einen Quadratzentimeter Wärmedämmverbundsystem in den Stoffkreislauf einzuspeisen.
Den Anstoß für die alles in allem 3,5 Millionen Euro starke Erneuerung lieferte die Übernahme des vormals als Hauptschule genutzten Gebäudes durch die im Dortmunder Norden ansässige Max-Wittmann-Schule, eine „Förderschule mit Schwerpunkt Geistige Entwicklung“, wie die Einrichtung offiziell heißt. Die Schule hatte Platzbedarf, denn die Zahl der Kinder mit entsprechendem Förderbedarf ist in den letzten Jahren gestiegen. Außerdem sah die Schulleitung in der Übernahme des Gebäudes die Chance, nicht mehr nur als „Nordstadtschule“ wahrgenommen zu werden – der Dortmunder Norden gilt als ein sozial problematisches Quartier. Inzwischen hat sich die Mira-Lobe- von der Max-Wittmann-Schule abgenabelt. Derzeit lernen rund 90 Kinder im Alter von 6 bis 16 Jahren in ihr, in Klassen mit je 9 bis 13 Kindern.
Die besonderen Bedürfnisse der Schülerschaft schienen mit dem Typenbau allerdings nicht ohne weiteres vereinbar. Die vielen Niveaus, die einem Teil der Kinder schwer überwindbare Hürden aufbauten, ließen sich mit zwei Aufzuganlagen noch recht einfach neutralisieren. Komplizierter schien es, die Orientierung im Gebäude insgesamt zu erleichtern. Diese war nicht nur aufgrund der vielen Ebenen schwierig, sondern auch, weil der Schule ein räumliches Zentrum fehlte – in der Mitte des Grundrisses klaffte mit dem Atrium ein Leerraum.
Eben hier setzte das Umbaukonzept des Architekten an: Das Atrium wurde überdacht und zur zentralen Halle des Gebäudes; die beiden flankierenden Riegel mit den eigentlichen Schulräumen öffnen sich hierhin mit einer neuen Schicht von Galerien, deren farblich unterschiedliche Behandlung Auskunft darüber gibt, in welcher Ebene man gerade weilt. Die für die Schülerschaft erforderlichen Pflegeförderräume – in ihnen können die Kinder nicht nur zur Toilette gehen, sondern auch gewickelt und gewaschen werden -, wurden an der Nordseite des Atriums in die Höhe gestapelt; ein weiterer befindet sich im obersten Geschoss auf der Südseite. Die Hüllflächen der Schule wurden durch diese im Grunde einfache räumliche Maßnahme so weit reduziert, dass auch ohne eine energetische Sanierung der verbliebenen Außenfassaden die Kennwerte der ENEV Neubau erreicht werden. Dass dem Gebäude dadurch auch das Erscheinungsbild seiner Entstehungszeit erhalten geblieben ist, könnte zudem dereinst Denkmalpflegern Freude bringen. Und mit Freude dürften diese dann feststellen, dass der Eingriff unserer Tage eine eigenständige Gestaltung formuliert, die dem von industriell gefertigten, beschichteten Oberflächen geprägten Inneren natürlichere, handwerklichere Materialien gegenüberstellt: Ortbeton, der auch den Stößen von Rollstühlen standhält, Akustikziegel, die die übereinander liegenden Pflegeräume zu einem turmartigen Körper zusammenfassen, massives Eichenholz, das die großen Sitzstufen wie Möbel wirken lässt.
So sinnfällig und selbsterklärend wirkt dieser Weiterbau, dass die Schwierigkeiten seiner Umsetzung überraschen mögen. Doch wurde das technisch-konstruktive Gefüge des Gebäudes tiefgreifender verändert, als sich dem Blick des Besuchers offenbart. Da waren zunächst die unter dem Atrium angeordneten Versorgungskanäle, die einer Überbauung im Weg lagen – die neue Ortbetonkonstruktion musste diese Kanäle überspannen. Da war aber auch jene Stütze im Erdgeschoss des Südriegels, just in der Blickrichtung der Sitztreppen in der neuen Halle, die störte, soll der Raum doch bei Veranstaltungen als Zuschauerraum dienen. Damit sie entfallen konnte, wurde der südliche Gebäudeteil an den Neubau gehängt. Schließlich der Bauablauf: Einen neuen Rohbau in eine zu erhaltende Hülle einzubringen, birgt allein schon gewisse logistische Schwierigkeiten, für die Lösungen zu suchen sind. Und sogar auf der schulbaupolitischen Ebene hatte das Projekt eine Voraussetzung: In den achtziger Jahren war der Erlass des nordrhein-westfälischen Schulministeriums aufgehoben worden, demzufolge Klassenräume zweiseitig zu belichten und belüften sind. Nur so konnte dieser neue Mittelpunkt des Schullebens überhaupt entstehen, der auch Vereinen im Stadtteil offensteht – ein Raum außerhalb des Nutzflächenkatalogs, aber mit hohem Nutzwert.
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