Wohnen am Dantebad in München
Weil in München Wohnraum besonders knapp und teuer ist, beschloss der Stadtrat im März 2016 das Wohnungsbausofortprogramm „Wohnen für Alle“. Das erste Projekt haben Florian Nagler Architekten für die GEWOFAG realisiert: 100 Kleinwohnungen für Flüchtlinge und Wohnungslose.
Text: Paul, Jochen, Zürich
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München wird dichter! Zum Richtfest der Parkplatzüberbauung „Wohnen am Dantebad“ wurden auch Vertreter großer Supermarktketten eingeladen um ihnen die Möglichkeiten einer Überbauung zu zeigen.
Foto: Stefan Müller-Naumann
München wird dichter! Zum Richtfest der Parkplatzüberbauung „Wohnen am Dantebad“ wurden auch Vertreter großer Supermarktketten eingeladen um ihnen die Möglichkeiten einer Überbauung zu zeigen.
Foto: Stefan Müller-Naumann
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Im Januar sind die ersten Mieter eingezogen. Von den geförderten Wohnungen mit 9,40 Euro pro qm profitieren anerkannte Flüchtlinge, Wohnungslose und Geringverdiener.
Foto: Stefan Müller-Naumann
Im Januar sind die ersten Mieter eingezogen. Von den geförderten Wohnungen mit 9,40 Euro pro qm profitieren anerkannte Flüchtlinge, Wohnungslose und Geringverdiener.
Foto: Stefan Müller-Naumann
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Nicht nur die Laubengänge bieten Möglichkeiten zum Aufhalten außerhalb der Wohnung, auch das Dach kann gemeinschaftlich genutzt werden.
Foto: Stefan Müller-Naumann
Nicht nur die Laubengänge bieten Möglichkeiten zum Aufhalten außerhalb der Wohnung, auch das Dach kann gemeinschaftlich genutzt werden.
Foto: Stefan Müller-Naumann
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Foto: Stefan Müller-Naumann
Foto: Stefan Müller-Naumann
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Der rote Rahmen und seine taubenblaue Füllung aus sägerauem Holz zeigt nicht nur die Bauweise; die Proportion der Fassade strahlt eine gewisse Strenge und Ruhe aus.
Foto: Stefan Müller-Naumann
Der rote Rahmen und seine taubenblaue Füllung aus sägerauem Holz zeigt nicht nur die Bauweise; die Proportion der Fassade strahlt eine gewisse Strenge und Ruhe aus.
Foto: Stefan Müller-Naumann
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Die Nasszellen wurden im Stück eingesetzt
Foto: Stefan Müller-Naumann
Die Nasszellen wurden im Stück eingesetzt
Foto: Stefan Müller-Naumann
Es sollte alles ganz schnell gehen. Bereits Mitte Januar 2016 waren Florian Nagler und sein Büro mit einer Machbarkeitsstudie für das städtische Grundstück an der Homerstraße beauftragt worden. Sechs Wochen später war die Bauvoranfrage bei der Lokalbaukommission eingereicht, und einen Tag nach dem Stadtratsbeschluss startete die GEWOFAG, eine der größten städtischen Wohungsbaugesellschaften der bayrischen Landeshauptstadt, das Ausschreibungsverfahren für die Generalunternehmerleistungen, welches die B & O Wohnungswirtschaft für sich entschied.
Von Anfang an war der politische Druck auf Programm und Projekt hoch. Das veranschaulichen zwei Details: Von der Einreichung der Unterlagen bis zur Erteilung der Baugenehmigung vergingen gerade einmal zwei Wochen, koordiniert wurde der Planungsprozess direkt vom Büro des Oberbürgermeisters.
Parkplatzüberbauung
Florian Nagler entwarf für das 4.200 Quadratmeter große Areal einen knapp 110 Meter langen und rund 12 Meter tiefen viergeschossigen Holzhybridbau mit einer nach Süden orientierten Laubengangerschließung.
Das Besondere daran: Das Gebäude ist aufgeständert. Damit bleibt das Erdgeschoss frei und lässt sich weiterhin als Parkplatz nutzen; den Architekten gelang es, von den ursprünglich 111 Stellplätzen durch Schräganordnung 107 zu erhalten – und zusätzlich 100 Wohnungen zu errichten. Das Haus berührt den Grund nur mit zwei Treppenhäusern und den beiden Kopfbauten, in denen Räume für Technik, Lager, Fahrräder und Müll untergebracht sind.
Die Anordnung der Parkplätze geben das Gebäuderaster vor. Zunächst ging es darum, jeweils drei Stellplätze zwischen den Stützen unterzubringen. Dieses Stützenraster zogen die Architekten hoch: „Anschließend haben wir gekuckt, wie wir mit den Wohnungen zurechtkommen“, so Projektleiter Tobias Pretscher.
Innerhalb des Stützenrasterns befinden sich jeweils drei Wohnungen, wobei die beiden äußeren schmäler als die mittlere sind. Die mittlere Wohnung springt nach Osten hin etwas zurück, dadurch entsteht für die umliegenden Wohnungen ein geschützter Vorraum auf dem Laubengang. Zusätzliche Begegnungsmöglichkeiten außerhalb der Wohnungen bieten die Gemeinschaftsräume auf der südlichen Stirnseite, das „Waschcafé“ und das begehbare Dach.
In der Bauphase wurde das hohe Tempo der Planungsphase beibehalten: Von der Erteilung des Baurechts im Juni 2016 bis zur Schlüsselübergabe im Dezember vergingen gerade einmal sechs Monate. Ende April dieses Jahres wurden die witterungsbedingt vorher nicht möglichen Außenarbeiten abgeschlossen. Der Bau ist weitgehend aus Holz. Das Erdgeschoss ist als „Tisch“ ausgebildet und setzt sich aus vor Ort gegossenen Stahlbetonstützen und einer Geschossdecke aus mit Ortbeton aufgefüllten Fertigteilen zusammen. Der „Tisch“ sowie die Laubengänge aus Stahlbeton-Fertigteilen, brauchten aus Brandschutzgründen eine F90-Konstruktion. Diese Rohbauphase benötigte mit zweieinhalb Monaten die meiste Zeit. An der Westfassade kann man die Holzrahmenmodule besonders gut ablesen. Sie wurden - inklusive Fenster und Außenwandbekleidung - vorgefertigt und fassen jeweils drei Wohnungen zusammen. Auch die Wohnungstrennwände und die Treppenhäuser aus Massivholz, ebenso die Deckenelemente aus Brettsperrholz, wurden weitgehend vor installiert auf die Baustelle gebracht. Selbst die Bäder mussten vor Ort nur noch geschossweise gekoppelt werden. Dank dieses Baukasten-Verfahrens konnte der Holzbau in acht Wochen abgeschlossen werden.
Die bewusst robust gewählten Materialien sind pflegeleicht: Die Treppenelemente sind Betonfertigteile, die Stahlelemente verzinkt, die Holzdecken der Wohnungen sind weitgehend naturbelassen, und die Fassadenverkleidung aus Eternit lässt sich elementweise austauschen.
Die Architekten hatten das Haus ursprünglich in Lärche natur entworfen, die Stadtgestaltungskommission sprach sich jedoch für eine farbige Fassade aus. Man entschied sich schließlich für eine Kombination aus Taubenblau und Falunrot, die sowohl zu den umliegenden großmaßstäblichen Blockrandbauten von Heinrich Bergthold aus den späten 1920er Jahren wie auch zur Farbskala Bruno Tauts Bezug nimmt.
Neuinterpretation der Unité?
Strukturell kann man das Projekt als eine Art Neuinterpretation von Le Corbusiers Unité d’Habita-tion lesen. Für München ist das Haus ein Novum, denn anstatt – kaum noch vorhandene – freie Grundstücke zu suchen, wird eine bereits versiegelte Fläche doppelt genutzt. Für Großstädte und Ballungszentren, in denen Baugrund Mangelware ist, ein äußerst interessanter Lösungsansatz. Nicht umsonst sieht GEWOFAG-Geschäftsführer Klaus-Michael Dengler in der Wohnanlage „eine wichtige Blaupause“ für die städtische Wohnungsbaugesellschaft, die per Stadtratsbeschluss verpflichtet ist, in vier Jahren 750 Wohnungen zu bauen. Das funktioniert aber nur, wenn Parkplätze nicht wie üblich baurechtlich gebunden sind. Für die im Rahmen von „Wohnen für Alle“ realisierten Projekte beträgt der Stellplatzschlüssel 0,2 statt 1 pro Wohneinheit. Am besten funktioniert diese Art von Überbauung in bereits gut erschlossenen Lagen.
Dort ist allerdings auch der Widerstand der Anwohner groß. Auf der einen Seite liegt das Winter-Warmfreibad Dantebad, welches Namensgeber für den Bau war, auf der anderen Seite der Fußballverein „SC Freundschaft“ SC Amicitia 1919 München e.V. Dort grenzen auch die Wohngebiete von Moosach und Neuhausen-Nymphenburg an. Nach den von dort ausgehenden Bürgerproteste, entschieden sich die Auftraggeber, statt der ursprünglich geplanten 100 Ein-Zimmer-Apartments auch 14 Familien-Wohnungen mit zweieinhalb Zimmern anzubieten, das Haus nur zu 50 Prozent mit Flüchtlingen zu belegen und 40 Prozent der Wohnungen an Frauen zu vergeben. Das trug maßgeblich dazu bei, die Wogen zu glätten: Inzwischen engagiert sich der Fußballverein, der zunächst „eine Beeinträchtigung des Vereinsbetriebes“ und gar einen „nicht kontrollierbaren sozialen Brennpunkt“ befürchtete, selbst in der Integration der Flüchtlinge.
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