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Haus Van Aelten in Opwijk und Haus Du Fossé in Zuidzande

Text: Grandorge, David, London

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Haus van Aelten
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Haus Du Fossé
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Haus Du Fossé

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Haus Van Aelten in Opwijk und Haus Du Fossé in Zuidzande

Text: Grandorge, David, London

Zwei Generationen von Architekten sind in Flandern am Werk. Marie-José Van Hee, Jahrgang 1950, ist vor allem mit ihren ausgetüftelten und dennoch unaufgeregten Wohnhäusern ein Vorbild für viele junge Büros.
Die Freiheit, Grundsatzfragen zu stellen und ihnen nachzugehen, die Freiheit, so wenig Kompromisse wie möglich zu machen  – diese Freiheit hat ihren Preis und erfordert eine etwas andere Art der Architekturpraxis. Die flämische Architektin Marie-José Van Hee arbeitet daran seit mehr als 30 Jahren. Mit Sorgfalt, Hartnäckigkeit und einer gesunden Skepsis gegenüber den konventionellen Produktionsbedingungen von Architektur hat sie ein mittlerweile preisgekröntes Werk geschaffen, das eine ganz eigene Sprache spricht.
Bereits 2003 besuchte ich das Haus Leeuws-Croes, eines von drei Wohnhäusern, die die Architektin zwischen 1983 und 2000 in der mittelalterlichen Innenstadt von Gent gebaut hatte. Das kleine Haus verknüpft auf L-förmigen Grundriss geschickt eine Reihe von langgestreckten Räumen, die zugleich Geborgenheit vermitteln und Überraschungen bieten. Die Details und die Behandlung der Oberflächen und Öffnungen werden ständig infrage gestellt, und doch bleibt die Entwurfshaltung entspannt. Die Toilette liegt draußen im Hof. Wie viele andere Aspekte des Hauses lässt dies das Alltagsleben intensiver erfahren.
Die Qualitäten, die dieses Haus auszeichnen, finden sich auch in zwei kürzlich fertiggestellten Projekten in Opwijk und im niederländischen Zuidzande. Beide durchliefen einen langen Reifungsprozess aufgrund von Planungsverzögerungen und Konstruktionsprozessen – aber auch aufgrund eines iterativen, rigiden und konsequent auf Zusammenarbeit beruhenden Entwurfsprozesses.
 
Haus Van Aelten in Opwijk
Das Haus in Opwijk, einer wohlhabenden, dicht bebauten Gemeinde nördlich von Brüssel, bietet Platz für eine Familie mit drei Kindern sowie für die Praxis der als Kinderpsychiaterin tätigen Mutter. Wie viele Bauherren, für die Van Hee gearbeitet hat, war auch diese Familie aufgeschlossen für architektonische Experimente. Das Haus liegt an einem Platz im Ortszentrum und schräg zu einer im Süden verlaufenden, gewundenen Straße. Die Fassade zum Platz ist eine Komposition aus drei Öffnungen: dem teils zurückgesetzten, teils bündig in der Fläche liegenden Fenster der ebenerdigen Praxis, der tief eingeschnittenen Loggia, zu der sich die Bäder auf verschiedenen Ebenen und ein Nebenraum öffnen – sowie dem Gegenstück, dem leicht vorkragenden Volumen der Innentreppe. Diese Fassade ist städtisch und abstrakt zugleich; ihr Maßstab ist un­eindeutig. Dahinter liegen die großzügigen Wohnflächen im Erdgeschoss, die bis tief in das Grundstücksinnere hineinreichen. Vom Foyer aus führt rechts eine lange Passage in die Praxis, linkerhand befindet sich ein raffiniert belichteter Korridor, der Einblicke bis zum Treppenabsatz im ersten Stock gewährt und durch eine übergroße Verkehrsfläche zu dem Wohnbereich am begrünten Patio führt. Die Verkehrsfläche dient der akustischen Isolierung der Praxis, nach Feierabend kann sie von den Kindern als zusätzliche Spielfläche genutzt werden. Alle Räume lassen sich durch Paneele und Schiebetüren aus gebeizten Afrormosia-Brettern verschiedener Breite voneinander abtrennen. Die Ess- und Kochgelegenheiten sind in einem keilförmigen Raum zusammengefasst, der über den Hof und durch mehrere kreisrunde Öffnungen im Betondach belichtet wird. Das Tageslicht ist im ganzen Haus differenziert eingesetzt: Das Wohnzimmer etwa ist hoch, aber relativ dunkel; ein abgeschlossener, privater Raum. Daneben befindet sich ein Vorraum mit Schiebetüren, der zum Hof und zum dahinter liegenden Garten führt: Dort sind eine Toilette und eine Dusche integriert. Im Sommer wird das Ganze Teil des Außenraumes. Die Schlafzimmer im vorderen Trakt des Hauses sind vertikal in Mezzaningeschossen gestaffelt und über eine Holztreppe erschlossen. Vom oberen Treppenabsatz, der zum Elternschlafzimmer führt, blickt man auf den Platz an der Straße.
Das Haus ist luxuriös im Hinblick auf die Größe und Gestaltung der Flächen und zeichnet sich dennoch durch Bescheidenheit aus. Die Details sind einfach und robust und niemals verzettelt, den Materialien wird ihr Charakter zugestanden. Die äußere Backsteinverblendung mit breiten Mörtelfugen verstärkt die Schlichtheit.

Haus Du Fossé in Zuidzande
Das Haus in Zuidzande ist ganz anders beschaffen. Wiederum geht es auf die Initiative eines ungewöhnlichen Bauherrn zurück, der nach vielen Jahren, die er auf Geschäftsreisen verbrachte, den Ruhestand in seiner Heimatregion an der niederländischen Küste verleben will. Das Grundstück, ein von ei­-
nem Graben umgebener Obstgarten, wurde 2007 erworben, die nicht einheimischen Bäume gefällt und der Graben gereinigt. Erst 2009 begann dann der Bau.
Das Wohnhaus nimmt nur eine minimale Fläche des Geländes ein. Es besteht aus einem 13,5 Meter hohen, horizontal geschalten Betonturm und zwei eingeschossigen Gebäudeflügeln in Holzrahmenkonstruktion, die mit schwarz gebeiztem Holz verkleidet sind. Das Spiel der senkrechten und vertikalen Volumina wird im Erdgeschoss durch den frei stehenden Ka­min aus Ortbeton versöhnt, dessen skulpturaler Schornstein über den Turm hinaus aufragt.
Das Haus wendet dem Obstgarten nach allen Seiten verschieden gestaltete Fassaden zu. Große Glasschiebetüren, die durch ein Vordach aus Stahl und Holz geschützt werden, öffnen den niedrigen Gebäudeteil vollständig zur langgestreckten Veranda im Süden. Das Betonvolumen des Turms erscheint, je nach Standort des Betrachters, mal kompakt, mal fragil. Von den landwirtschaftlich genutzten Feldern aus betrachtet, die den Obstgarten umgeben, wirkt es wie ein aus den Bäumen herausragendes Taubenhaus – fast mythisch, aber doch auch präsent und real.
Man betritt das Haus durch einen zurückgesetzten Einschnitt in dem Betonvolumen, der die Eingangshalle gegen die starken Winde in dieser flachen Landschaft schützt. Gleichzeitig dient dieser Einschnitt wie in vielen anderen Projekten Van Hees dazu, den Übergang zwischen Außen und Innen in das Gebäude hinein zu verlängern. Diesen Eindruck verstärkt noch der recht große Vorraum, der zu dem Küchenbereich im Südflügel überleitet. Die Wohn- und Büroräume in den obe­-ren Geschossen erreicht man über eine zunächst eingefasste, dann offene Treppe, die auf der Dachterrasse mit einem großartigen Blick über die Landschaft endet.
Wie viele ihrer Arbeiten hat auch dieses Projekt Van Hees einen lyrischen Aspekt, der über die funktionalen Anforderungen weit hinaus reicht. Die Architektin äußert sich zu diesem Punkt nicht weiter, da ihrer Ansicht nach die Bedeutung der Projekte in die Materialität, Räumlichkeit und Form des Gebäudes und in seine Beziehung zum Kontext eingebettet ist. Die Bedeutung, so Marie-José Van Hee, erschließe sich den Bewohnern erst im Lauf der Zeit.

Übersetzung aus dem Englischen: Christian Rochow / Doris Kleilein
Fakten
Architekten Marie-José Van Hee
aus Bauwelt 32.2012
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