Bauwelt

Zoo-Palast


Wilder Westen


Text: Gympel, Jan, Berlin


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    Foto: Jan Bitter

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Das legendäre Großkino erinnert an bedeutende Momente der Berlinale. Nach der Übernahme durch die Bayerische Hausbau und Premium Entertainment wurde es von Maske+Suhren umfangreich saniert, umgebaut, ergänzt und zum Teil in das ursprüngliche Aussehen zurückversetzt. Die fünf Säle und zwei kleinen Clubkinos erstrahlen in kräftigen Farben
Großes Kino war der Zoo-Palast schon immer: 1957 eröffnet an der Stelle des kriegszerstörten Ufa-Palastes am Zoo, dem wichtigsten Uraufführungstheater des größten deutschen Filmkonzerns, diente er bis 1999 als Hauptspielstätte der Berlinale. Im geteilten Berlin fanden hier große Premieren statt, wurden Bundesfilmpreise verliehen.
Auch architektonisch fiel der Zoo-Palast auf: Einzigartig in der neuen City Westberlins war, wie der Saal die Außenansicht prägte. Unter ihm verbarg sich ein kleinerer Saal, Atelier am Zoo genannt, um 180 Grad versetzt und mit gesondertem Zugang versehen. Insbesondere die Interieurs des „Bikinos“ zeigten die typische Formensprache der Fifties.
Eine erste Restaurierung des später um sieben Vorführräume erweiterten Komplexes erfolgte, nach der Übernahme durch die Kette UCI, 1994 unter dem Architekten Bernd Rohde. Dabei wurden Farbgebungen verändert und Originalsubstanz ging verloren.
Zum Jahresende 2010 schloss der Zoo-Palast. Die UCI hatte den Vertrag nicht verlängert. Doch anders als vom Eigentümer befürchtet, fand sich ein neuer Pächter: die Premium Entertainment GmbH. Ihr Geschäftsführer Hans-Joachim Flebbe war als langjähriger Vorstand der CinemaxX AG ein Pionier der deutschen Multiplexkinos gewesen. Zeichnen sich diese durch optimale Sitzanordnung und Vorführungsbedingungen aus, so setzt Flebbe mit seiner neuen Firma zusätzlich auf viel Service und die Aufwertung des Kinobesuchs zum Erlebnis – auch durch den architektonischen Rahmen.
Richtungweisend war die 2008 eröffnete Astor Film Lounge – im einstigen Lichtspielhaus am Kurfürstendamm von 1951. Die Renovierung erfolgte durch das Büro Maske + Suhren, das sich dann auch des Zoo-Palastes annehmen durfte, eines weiteren Werks des Filmtheater-Architekten Gerhard Fritsche (www.gerhard-fritsche.de).
Nach eingehenden Studien wurde entschieden, den Zoo-Palast so zu restaurieren und zu ergänzen, dass er eine geschlossene Gestaltung zeigt. Und so wirken die Bar und insbesondere die Lounge, die in den früheren Ladenräumen beiderseits der Kassenhalle eingerichtet wurden, genauso fügt sich das „frei rekonstruierte“ Foyer in das Gesamtambiente ein.
Zwei einst als „Kammerspiele“ eröffnete Schachtelkinos erhielten vor allem durch die Verkleidung der Seitenwände mit bücherbestückten Regalen und den Einbau kleiner Bars die Anmutung nobler privater Vorführräume und firmieren nun als „Clubkinos“ mit 36 bzw. 39 Plätzen. Die später an der Westseite hinzugefügten Säle wurden durch drei jeweils rund 160 Sitze zählende ersetzt. Die Gestaltung des neuen Kinos 5 ist inspiriert von Fritsches Panorama-Kino in Berlin-Neukölln, jene des Kinos 4 vom einstigen Kammerlichtspiele im Haus Vaterland, wie es 1927/1928 von Carl Stahl-Urach umgebaut wurde. Kronleuchter, Kuppeln oder Deckenvouten nehmen Fritsches Formensprache auf, wie auch die Gestaltung der Säle als „Schatullen“: durchkomponierte, geschlossen wirkende Räume.
Modernste Technik wurde in die alten Kinos so unauffällig eingefügt, wie man dort größere Veränderungen vornahm: So hob man im hinteren Bereich des Ateliers, nun Kino 2, das Niveau des Parketts an, um den Zugang besser und behindertengerecht zu gestalten. Um den Sitzreihenabstand zu vergrößern, entstand im großen Saal das Hochparkett völlig neu. Statt der früher 1206 Plätze zählt er jetzt 850 und ist damit immer noch eines der größten Kinos Deutschlands, das Atelier fasst statt 550 rund 280 Zuschauer.
Weil Flebbe im Kino kein Grün mögen soll, wich man in diesem Punkt von den historischen Vorbildern ab. Im großen Saal hebt sich daher die rotbraune Täfelung nur noch schwach von der neuen roten Wandbespannung ab. Die Außenwirkung des Zoo-Palasts wird leider etwas beeinträchtigt durch die beidseitigen Anbauten, die dem einstigen Fast-Solitär auf den Leib rücken.
Dennoch macht die Reaktivierung des im November 2013 wiedereröffneten Zoo-Palasts den Eindruck, als sei hier mit viel Sorgfalt, Aufwand und Liebe zum Detail vorgegangenworden. Dabei war der Bau, dessen Denkmalschutz lange befehdet wurde, vor zehn Jahren akut vom Abbruch bedroht gewesen: zu groß, zu unrentabel, einfach überholt sei er. Den Multiplexen, hieß es damals, gehöre die Zukunft.
Inzwischen sind einige von ihnen schon wieder geschlossen. Der Zoo-Palast, letztes verbliebenes Kinocenter rund um die Gedächtniskirche, scheint hingegen am Beginn einer neuen Blüte zu stehen: Als Filmtheater mit Stil, Charakter und Geschichte.



Fakten
Architekten Maske + Suhren, Berlin
Adresse Hardenbergstraße 29A, 10623 Berlin ‎


aus Bauwelt 16.2014
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