Die Zombies der Immobilienwelt
In der Immobilienkrise sind unzählige Neubaugebiete in den USA zu Zombies mutiert: rechtlich noch existent, aber ökonomisch nicht lebensfähig. Riesige planierte Flächen, halbfertige Infrastruktur und Millionen leerstehender Häuser zerstören die Landschaft und bedrohen die Lebensfähigkeit ihrer Gemeinden. Höchste Zeit, gegenzusteuern
Text: Holway, Jim, Cambridge; Elliott, Don, Cambridge; Trentadue, Anna, Cambridge
Die Zombies der Immobilienwelt
In der Immobilienkrise sind unzählige Neubaugebiete in den USA zu Zombies mutiert: rechtlich noch existent, aber ökonomisch nicht lebensfähig. Riesige planierte Flächen, halbfertige Infrastruktur und Millionen leerstehender Häuser zerstören die Landschaft und bedrohen die Lebensfähigkeit ihrer Gemeinden. Höchste Zeit, gegenzusteuern
Text: Holway, Jim, Cambridge; Elliott, Don, Cambridge; Trentadue, Anna, Cambridge
In vielen Kommunen überall in den Vereinigten Staaten beeinträchtigt ein Überschuss an erteilten Erschließungsgenehmigungen und brachliegendem Bauland die Lebensqualität, er verzerrt Erschließungsmuster und Immobilienmärkte, schadet Ökosystemen und schwächt die fiskale Gesundheit. Seit dem Zusammenbruch des Immobilienmarkts nach 2007, der viele Regionen sehr hart traf, wird Agrarland von zerfallenden Zugangsstraßen zu nicht realisierten Baugebieten zerteilt, und einsame Spekulationshäuser übersähen viele ländliche und suburbane Landschaften. Einige stehen leer, andere sind bewohnt und erfordern die Versorgung entlegener Viertel mit öffentlichen Dienstleitungen, erzeugen jedoch nur geringe Steuereinnahmen. In Kommunen, wo Parzellen vor der Fertigstellung der Infrastruktur verkauft werden konnten, besitzen heute viele Menschen eine Parzelle in einem Gebiet, das ein Wohngebiet mit hoher Nutzungsqualität hätte sein sollen, tatsächlich aber nur ein sogenanntes „paper plat“ ist, ein Neubaugebiet, dass nur auf dem Papier existiert. Diese stagnierenden Bauvorhaben – gemeinhin als „zombie subdivisions“ (Zombie-Wohngebiete) bekannt – sind die lebenden Toten des Immobilienmarkts. Von finanziellen oder rechtlichen Problem gestoppt, sind diese einst vielversprechenden Projekte heute eine große Belastung für ihre Umgebung.
Von Boom zu Bust
Der Wirtschaftsboom bis 2007 wurde hauptsächlich von der landesweiten Immobilienblase und der begleitenden Schwemme von Wohnungsbau angetrieben, genährt von niedrigen Zinsen und riskanten Kreditvergaben. Landesweit wurden zwischen 2000 und 2010 fast 16 Millionen Wohneinheiten gebaut, obwohl sich nur 11 Millionen neue Haushalte bildeten. Für jeweils zehn neue Haushalte wurden also vierzehn Wohneinheiten gebaut; eine dieser überschüssigen Einheiten wurde für saisonale oder freizeitliche Nutzung erworben, während die anderen drei leer blieben.
Die als Intermountain West bezeichnete Region der Staaten Utah, Colorado, Arizona, Idaho und New Mexico liefert ein besonders ausgeprägtes Beispiel für diese Entwicklung. Hier, wo es Land im Überfluss gibt und schnelles Wachstum keine Seltenheit ist, erteilen lokale Regierungen oft Erschließungsgenehmigungen weit vor der Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt. Boom-Bust-Zyklen (dt. „Aufschwung und Krise“) sind in der Region nicht selten. Durch das Ausmaß der großen Rezession nach 2007 stieg jedoch die Häufigkeit überschüssiger Genehmigungen und verstärkt deren Schädlichkeit für die umgebenden Gemeinden. Allein im Intermountain West gibt es Millionen unbebauter Grundstücke, für die eine Erschließungsgenehmigung vorliegt. In einer großen Anzahl von Countys (Landkreise) in der Region sind ca. 15 Prozent bis zwei Drittel aller Parzellen unbebaut.
Spekulationskäufer feuerten diese Grundstücksvermehrung während des Booms der 2000er an, indem sie in Land investierten, nicht um dort ein Haus zu bauen und dort zu wohnen, sondern um damit als kurz- oder langfristiges Spekulationsobjekt Gewinne zu erzielen. Die Lebensspanne dieser spekulativen Käufe ist sehr unterschiedlich. Einige Käufer waren auf einen kurzen Zeitrahmen angewiesen und hätten schnell weiterverkaufen müssen, solange der Markt noch aktiv war, verloren aber ihre Investition an die Zwangsvollstreckung, als die Marktnachfrage zusammenbrach. Käufer mit größerem finanziellen Durchhaltevermögen kauften Grundstücke, um sie im nächsten Boom zu verkaufen.
Gegenwärtig erholt sich die Wirtschaftslage in den USA. Wird der Immobilienmarkt den Überschuss an Erschließungsrechten korrigieren, Bauträgern Anreize bieten, um brachliegende Neubaugebiete auszubauen oder jene umzugestalten, die nicht die gegenwärtige Marktnachfrage widerspiegeln? An einigen Standorten ja; an anderen ist das eher unwahrscheinlich. Für die Studie „Arrested Developments“ des Lincoln Institute of Land Policy wurden Bauträger und Grundbesitzer befragt, wie sie sich an den neuen Markt anpassen. Zwei Drittel der Befragten haben die Produkttypen, die sie normalerweise bauen, geändert. Viele konzentrieren sich darauf, kleinere, preiswertere Häuser zu bauen. Andere machen Häuser effizienter, integrieren Öko-Features, errichten Gemeinden oder Gebäude mit Mischnutzung und reduzieren Ausstattungsmerkmale bzw. machen sie optional.
Subdivisions (Parzellierungspläne) sind mehr oder weniger dauerhafte Bebauungspläne. Obwohl viele Gegenden im Intermountain West sich gut erholen, bleiben viele Neubaugebiete unvollendet, mit ausgelaufenen Erschließungszusagen, wenigen Bewohnern, wenn überhaupt welchen, fragmentierten Besitzverhältnissen, teilweise fertiggestellten oder verfallenden Infrastruktureinrichtungen und schwachen oder nicht vorhandenen Mechanismen, um Dienstleistungen aufrecht zu erhalten. Hier herrscht dringender Handlungsbedarf.
Genehmigung erteilt, Änderung komplex
Die Vergabe von Landkonzessionen, die Bewilligung von Parzellierungsplänen und die anschließende Erteilung von Baugenehmigungen führen zu Festschreibungen der Flächennutzung, die sich oft kaum noch ändern lassen. Sie setzen Entwicklungsstandards fest und bürden den Gemeinden häufig beträchtliche, langfristige Dienstleistungskosten auf.
Überschüssige Genehmigungen sind am leichtesten zu handhaben, wenn es sich um rein auf dem Papier bestehende Neubaugebiete handelt – mit einem Eigentümer, ohne Infrastruktureinrichtungen und ohne verkaufte Parzellen. Je mehr der Status eines Gebietes zu einem teilweise fertiggestellten Bauprojekt voranschreitet – und mehr als nur ein paar Grundbesitzer betroffen sind, oder der Projektentwickler begonnen hat, Infrastruktureinrichtungen zu installieren, oder mehr als nur ein paar Besitzer begonnen haben, ein Haus zu bauen – werden die Herausforderungen komplexer und die Möglichkeiten, sie zu lösen, beschränkter.
Die Revision oder Annullierung einer noch nicht ausgeführten Parzellierungsgenehmigung erfordert die Zustimmung lediglich eines einzigen Grundbesitzers, der keine größeren Investitionen getätigt hat, die die Chance beschränken könnten, Pläne zu verändern. Das ermöglicht die einfachsten Lösungen (obwohl die Situation komplizierter wird, wenn auch der Kreditgeber die Änderungen billigen muss). Ist auch nur eine Parzelle verkauft, erschwert das die Lösung von Genehmigungsproblemen in dem Gebiet aus drei rechtlichen Gründen: die Eigentumsrechte von Parzelleneigentümern müssen geschützt, der Zugang zu verkauften Parzellen gewährleistet und gegenwärtige und zukünftige Hausbesitzer gleich behandelt werden. Einige dieser Probleme können zu Gerichtsverfahren führen und Haftungsansprüche gegen die Stadt oder den Landkreis erzeugen. Die Revision oder Annullierung eines Parzellierungsplans mit verkauften Parzellen erfordert die Einwilligung mehrerer Besitzer – von denen jeder sich entschließen könnte, aus einem oder mehreren dieser Gründe ein Gerichtsverfahren anzustrengen.
Wenn der Projektentwickler erst einmal maßgebliche Investitionen für Infrastruktur und andere Verbesserungen getätigt hat, eskalieren die Komplikationen. Der Kauf von Land an sich schafft zwar kein „festgeschriebenes Recht“, das Bauprojekt zu beenden – wenn ein Eigentümer aber in Infrastruktur investiert hat, um antizipierte Häuser zu versorgen, ist es schwierig, den Bau dieser Häuser zu stoppen, ohne den Bauträger für die Kosten seiner Maßnahmen zu entschädigen.
Vollendete Häuser – vor allem wenn einige von ihnen bereits bewohnt sind – machen die Situation noch komplizierter. Zugangsstraßen müssen bewahrt und unterhalten werden, selbst wenn die Häuser in ineffizienten Mustern weit verstreut liegen. Wenn der Bauträger sich verpflichtet hat, einen Golfplatz, einen Park oder andere kommunale Einrichtungen zu bauen, könnten einzelne Parzellenbesitzer ein Nutzungsrecht beanspruchen – egal ob sie gebaut wurden oder nicht, und ob die Organisationen, die für ihre Erhaltung vorgesehen waren, existieren oder genug Mitglieder haben, um den Unterhalt durchzuführen. Selbst wenn der Bauträger eindeutig die Verantwortung für den Bau dieser Einrichtungen trug, könnte die Kommunalverwaltung für sie haften müssen, wenn sie den Bauträger daran gehindert hat, die Einrichtungen zu bauen, indem sie die Parzellierung des Gebietes dort rückgängig gemacht hat, wo sie gebaut werden sollten.
Größere Neubaugebiete, die in mehrere Bauphasen aufgeteilt sind und sich in verschiedenen Stadien der Fertigstellung befinden, stellen die größten Herausforderungen dar. Die ersten Bauphasen können meistens verkaufte Parzellen mit größtenteils vorhandener Infrastruktur sein, doch bei späteren Phasen kann es sich um reine Papiergrundstücke handeln. So kann ein einziges unvollendetes Neubaugebiet unterschiedliche rechtliche Genehmigungsprobleme aufwerfen, mit Risiken und möglicher Haftung unterschiedlichen Ausmaßes, in verschiedenen Bereichen des Bauprojekts.
Drei hoffnungsvolle Beispiele
Kommunalverwaltungen, die die negativen Folgen von übermäßigen Erschließungsgenehmigungen und brachliegenden Neubaugebieten beheben wollen, stehen unterschiedliche Flächennutzungsmaßnahmen und raumplanerische Instrumente zur Verfügung. Im Allgemeinen gliedern sie sich in vier Kategorien.
1. Wirtschaftliche Anreize – z.B. gezielte Infrastrukturinvestitionen, Gebührenverzicht und beschleunigte Verfahren – vermeiden umstrittene Vorschriften.
2. Der Erwerb von Land oder von Erschließungsrechten ist der direkteste Weg, ungewünschte Erschließungsgenehmigungen zu eliminieren, kann aber für manche Kommunen zu kostspielig sein.
3. Wachstumsmanagement: Dazu zählt, städtische Dienstleistungen auf ein bestimmtes Gebiet einzugrenzen oder Auflagen für angemessene öffentliche Einrichtungen zu machen, die von neuen Bauprojekten garantiert (und im Zweifel bezahlt) werden müssen. Beides schränkt neue Erschließungsgenehmigungen ein.
4. Erschließungsvorschriften: z.B. Bebauungsplanänderungen, Änderungen in Verordnungen für Grundstücksparzellierung und Erschließungszusagen, Einleitung von Verfahren, die eine Parzellierung rückgängig machen und Überprüfung der Vorlagen für Erschließungsvereinbarungen.
Die drei folgenden Fallstudien verwendeten vor allem Erschließungsvorschriften. Mesa County in Colorado und Teton County in Idaho revidierten ihre Erschließungsvereinbarungen, um unvollendete Gebiete umzugestalten. In allen drei Fällen, einschließlich der Stadt Maricopa in Arizona, wurden die Anstrengungen der Verwaltung durch freiwillige Bemühungen der Investoren unterstützt, vorhandene Parzellierungspläne zu revidieren.
Mesa County, Colorado
Mesa County in Colorado erlebt bereits die zweite große Immobilienkrise. Die letzte fand während des Auf- und Abschwungs des Ölschiefer-Abbaus in den achtziger Jahren statt, dessen Rückgang die Region mit am härtesten getroffen hat. Als ExxonMobil seinen Betrieb hier einstellte, schrumpfte die Einwohnerzahl von Grand Junction, dem Verwaltungszentrum des County, quasi über Nacht um 15.000 Einwohner. Jegliche Bautätigkeit kam zum Erliegen. Als Folge des Abschwungs wurden über 400 bereits parzellierte Wohngebiete, die etwa 4000 Parzellen im ganzen County umfassten, aufgegeben. Beinahe 20 Prozent von Mesa Countys Parzellierungsplänen wiesen unerfüllte Vereinbarungen für Bebauung auf.
Als 1988 das Anleihe-Rating des Countys sank, setzte dies mehrere Maßnahmen in Gang, um mit überschüssigen Genehmigungen aufzuräumen. Das County verhandelte mit mehreren Banken und der Bauträgerbranche über ein Format und ein Verfahren für eine „Vereinbarung für die Verbesserung von Projektentwicklungen“. Es schuf auch eine neue finanzielle Garantie, „Subdivision Disbursement Agreement“ (Auslagevereinbarung für Parzellierungspläne) genannt, zwischen Bau-Kreditgebern und dem County. Die Vereinbarung versetzt das County in eine direkte Partnerschaft mit Finanzinstitutionen, um Folgendes zu gewährleisten: 1. ein vereinbartes Baubudget, 2. einen festen Zeitrahmen für den Bau der Infrastruktureinrichtungen, 3. einen vereinbarten Prozess, mit Vor-Ort-Inspektionen während des Baus, um Darlehen für Bauträger freizugeben, und 4. die Verpflichtung des County, die Infrastrukturmaßnahmen des Bauträgers zu akzeptieren, nachdem bestimmte Bedingungen erfüllt wurden, und den Bauträger aus der finanziellen Sicherheit zu entlassen.
Mesa County benötigte 15 Jahre, um die überschüssigen Erschließungsgenehmigungen aus den Achtzigern in den Griff zu bekommen. Doch die Mühe zahlte sich aus: Unter den etwa 50 Countys, die im Intermountain West für die Studie des Lincoln Instituts untersucht wurden, verzeichnete Mesa County während der großen Rezession die niedrigste Rate leerstehender Parzellen im Verhältnis zur Gesamtzahl. Selbst in Projekten, die nur teilweise realisiert wurden, zog sich kein einziger Bauträger aus einer Entwicklungsvereinbarung zurück. Während einige Gebiete unbebaut geblieben sind, wurden alle Infrastrukturmaßnahmen soweit vorgenommen, dass die Parzellen bebauungsbereit sind, sobald sie verkauft werden.
River Canyon z.B. war als ein aus 38 Parzellen bestehendes Grundstück auf ca. 78 Hektar Land geplant. Als 2008 die Immobilienblase platzte, war das gesamte Areal leicht nivelliert, mit vorbereiteten Straßentrassen, aber es war keine weitere Infrastruktur fertiggestellt, und keine Parzelle war verkauft. Als der Bauträger erkannte, dass die Parzellen kurzfristig nicht lebensfähig sein würden, arbeitete er mit dem County zusammen, um das Gesamtgrundstück in eine einzige übergeordnete Parzelle zu konvertieren, bis der Eigentümer bereit wäre, wieder eine Überprüfung der Parzellierung zu beantragen. Die Lösung ist eine Win-win-Situation: Das County entgeht einem Vertrag mit einem Bauträger in Verzug und vermeidet den Verkauf der Parzellen an vielfältige Eigentümer, mit denen es schwierig wäre, den Bau von Grundstücksinfrastruktur zu koordinieren. Der Bauträger vermeidet die Kosten, Dienste und Anschlüsse zu installieren und Steuern für leerstehenden Wohnbaugrund zu bezahlen, der in Colorado mit dem zweithöchsten Steuersatz belastet ist.
Mittlerweile fördern Kreditgeber in Mesa County oft die Konsolidierung von nicht erschlossenen Parzellen, weil viele Banken keine Kredite vergeben oder die Frist für Baudarlehen verlängern wollen, ohne dass ein bestimmter Prozentsatz von Vorverkäufen die Anlage als eine solide Investition absichert. Wenn sich der Markt wieder erholt, können Eigentümer dem County dieselben Parzellierungspläne zur Prüfung vorlegen, um die Erfüllung aktueller Vorschriften zu gewährleisten. Wenn die Pläne nach wie vor die Erfordernisse erfüllen, kann der Bauträger von diesem Punkt im Parzellierungsprozess fortfahren. Mesa County hat auf diese Weise von 2008 bis 2012 insgesamt siebenmal Parzellen, auf denen in naher Zukunft keine Bautätigkeit zu erwarten war, eliminiert.
Maricopa, Arizona
Maricopa – 2003, in den frühen Jahren von Arizonas Immobilienboom, in den Status einer Stadt aufgestiegen – ist typisch für viele neue, stadtnahe Kommunen innerhalb wachsender Metropolregionen. Mit einem Zustrom neuer Bewohner konfrontiert, die bereit waren, immer größere Distanzen für bezahlbaren Wohnraum in Kauf zu nehmen, gab die Kommune schnell den größten Teil des zur Verfügung stehenden Bodens für Parzellierungspläne von Wohngebieten frei. Auf der Höhe des Booms gab die kleine Stadt – 37 Meilen vom Zentrum von Phoenix und 20 Meilen vom urbanisierten Rand des Großraumes Phoenix gelegen – etwa 600 Wohnbaugenehmigungen pro Monat aus.
Bevor die Stadt selbst Planungshoheit erlangte, war der Landkreis Pinal County für das Planungsrecht von Maricopa zuständig und genehmigte viele ihrer Wohngebiete – im Einklang mit den Flächennutzungsvorgaben des County von 1967. Der Standardpraxis für neu gekürte Städte folgend, übernahm Maricopa zunächst die Flächennutzungsverordnung des County. Eine Zeit lang fungierte die Planungskommission des County auch als Planungsaufsichtsbehörde der Stadt. Doch in der älteren und eher ländlichen Verordnung des County wurden Mischnutzung, Gegenden mit einem städtischen Charakter, ein Gleichgewicht zwischen Arbeit und Wohnen, institutionelle Nutzung oder soziale Dienstleistungen weder berücksichtigt noch gefördert. Daher mangelte es an Flächen für Geschäfte und Dienstleistungen, und die für gemeinnützige Körperschaften wie Kirchen, Privatschulen, Kinderstagesstätten, Beratungs- und Gesundheitsdienste vorgesehenen Flächenreserven waren viel zu knapp. Als neue Bewohner vermehrt nach solchen Angeboten fragten, wurde dieser Mangel zunehmend problematisch.
Mit der Immobilienkrise ergriff Maricopa die Gelegenheit, seine Wachstumsmuster zu überprüfen und die vielfältigen brachliegende Parzellierungspläne anzugehen, die die Kommune plagten. Die Stadt beschloss, eine Partnerschaft mit dem Privatsektor einzugehen – einschließlich Bauträgern, Banken, Anlage-Institutionen und anderen staatlichen Stellen – um sowohl mit derzeit stillgelegten Bauprojekten als auch dem Mangel an institutioneller und öffentlicher Bodennutzung fertig zu werden. Dieser neue Ansatz wurde zum ersten Mal auf die Probe gestellt, als eine katholische Gemeinde einen Kirchenstandort suchte, in einer städtischen Lage, mit vorhandenen Wasseranschlüssen und anderer Infrastruktur. Die Stadt Maricopa diente als Vermittler, um die Kirche mit den Bauträgern in Glennwilde in Verbindung zu bringen, ein teilweise gebautes Projekt, das nicht mehr marktfähig war. Die Kirche wählte einen Standort in einer späten Phase des Projektes – zu dem Zeitpunkt ein noch nicht erschlossenes Grundstück. Die Stadt konvertierte den Parzellierungsplan zurück zu einer großen Parzelle, die der Projektentwickler dann an die Kirche verkaufte.
Das Projekt hat als Modell für andere stagnierende Gebiete gedient. Inzwischen wurden in verschiedenen Teilen der Stadt ein Verwaltungszentrum einer weiteren Glaubensgemeinschaft, ein Bürgerzentrum, ein Regionalpark und eine Mehrgenerationeneinrichtung genehmigt.
Teton County, Idaho
Das ländliche Teton County, Idaho – mit einer geschätzten ganzjährigen Bevölkerung von 10.170 – hat insgesamt 9031 im Kataster eingetragene Parzellen, von denen 6778 leerstehen. Selbst wenn die jährliche Wachstumsrate des County zu den sechs Prozent zurückkehren würde, um die sie zwischen 2000 und 2008 schwankte, ist dies ein Vorrat, der ausreicht, um Wachstum für die nächsten siebzig Jahre aufzufangen. Dieser extreme Überschuss von Genehmigungen – mit drei leerstehenden genehmigten Parzellen für jede erschlossene Parzelle im County – rührt von drei kapitalen Fehlentscheidungen her, die zwischen 2003 und 2005 von der örtlichen Verwaltung getroffen wurden.
Erstens übernahm das County einen schnellen und einfachen Prozess für Grundeigentümer, das Recht zu beantragen, ihre Grundstücke von 20-acre–Parzellen (ca. 8 Hektar) zu 2.5-acre-Parzellen (ca. 1 Hektar) umzuwidmen. Keine dieser Veränderungen in der Flächennutzung wurden im Verbund mit einem gleichzeitigen Entwicklungsplan genehmigt; und so gut wie alle waren für eine zukünftige spekulative Entwicklung vorgesehen. Es war nichts Ungewöhnliches, dass das County an einem einzigen Abend von öffentlichen Anhörungen die Flächennutzung von Hunderten von
Acres veränderte. Die Tagesordnung für ein Treffen konnte bis zu zehn Parzellierungsanträge enthalten.
Acres veränderte. Die Tagesordnung für ein Treffen konnte bis zu zehn Parzellierungsanträge enthalten.
Zweitens verlangte das „Guide for Development 2004–2010“ des County aggressives Wachstum, mit Schwerpunkt auf Wohnungsbau, um die wirtschaftliche Entwicklung anzutreiben. Die Ziele waren jedoch vage, und der Plan versäumte es, Art und Standort der Projekte zu präzisieren. Das Dokument geriet in die Kritik der Bürgerschaft und wurde letztlich während des Bewilligungsprozesses ignoriert. So wurden sechs Jahre lang Flächennutzungsentscheidungen ohne eine kohärente Strategie getroffen, mit dem Ergebnis einer explosiven, zunehmend willkürlichen Bebauung.
Drittens verabschiedete das Board of County Commissioners 2005 eine sogenannte Planned United Development (PUD) Verordnung inklusive eines Bonusses für höhere Bebauungsdichte. Unter sogenannten „Cluster-Entwicklungsvorgaben“ des PUD konnten Bauträger die im Bebauungsplan festgelegte Bebauungsdichte um bis zu 1900 Prozent überschreiten. Normalerweise bewegt sich ein solcher PUD-Bebauungsdichte-Bonus für gutes Design zwischen 10 und 20 Prozent. Jetzt konnten Areale mit einem zentralen Wassernetz, deren Flächennutzungseinheit 20 Acres betrug – mit 5 Einheiten pro 100 Acres – mit bis zu 100 Einheiten genehmigt werden. Außerdem erlaubten die PUD und die Parzellierungsvorschriften von Teton County den Verkauf von Parzellen vor der Installierung von Infrastruktur, was einen riesigen Anreiz für spekulative Entwicklung schuf.
Nach 2008 suchten einige Eigentümer von nicht fertiggestellten Bauvorhaben Wege, um ihre in Schwierigkeiten geratenen Neubaugebiete umzustrukturieren. Im Jahr 2010 kam Targhee Hill Estates mit einem Vorschlag auf das County zu, den Parzellierungsplan für ihr teilweise fertiggestelltes Resort zu ändern. Zu der Zeit gab es jedoch keine lokale Vorschrift, Landesgesetz oder rechtlichen Prozess, der das „replatting“ – die Umstrukturierung eines bereits genehmigten Parzellierungsplanes – erlauben würden.
Die gemeinnützige Organisation „Teton County Valley Advocates for Responsible Development“ (VARD) griff ein und bat das County, einen Prozess zu schaffen, um die Umstrukturierung von stagnierenden Parzellierungsplänen zu fördern und „replatting“ zu erleichtern. Am 22. November 2010 nahm das Board of County Commissioners einstimmig eine Parzellierungs-Verordnung an, die die preiswerte und schnelle Umstrukturierung von existierenden Parzellierungsplänen, PUDs und registrierten Entwicklungsvereinbarungen erlaubte. Mit der Verordnung wurde ein lösungsorientierter Prozess geschaffen, der es Teton County möglich macht, mit Bauträgern, Landeigentümern, Geldgebern und anderen Akteuren zusammenzuarbeiten, um komplexe Projekte mit multiplen Eigentümerinteressen und oft Millionen von Dollar in Infrastruktur zu entwirren.
Die Verordnung klassifiziert zunächst das Ausmaß von eventuellen Veränderungen, die durch ein „replat“ (eine Neuordnung des Parzellierungsplans) vorgeschlagen werden, je nachdem ob sich Umfang und Auswirkung des Projekts erhöhen oder reduzieren werden. Jede Zunahme der Auswirkung könnte zusätzliche öffentliche Anhörungen und Studien erfordern. Demgegenüber wird bei einer Reduzierung der Auswirkung von derartigen Prüfungen durch die Behörden (wo immer möglich) abgesehen. Zusätzlich verzichtet die Verordnung auf die unnötige Doppelung von Analysen, die des Öfteren als Teil des ursprünglichen Parzellierungsantrages erforderlich gewesen waren. Außerdem berechnet Teton County keine Gebühren für die Bearbeitung von Anträgen für „replatting“.
Die erste Erfolgsgeschichte war die Umstrukturierung des Canyon Creek Ranch Planned Unit Development, die im Juni 2013 abgeschlossen wurde. Über 23 Meilen von städtischen Dienstleistungen entfernt, wurde Canyon Creek Ranch ursprünglich im Jahr 2009 als ein aus 350 Parzellen bestehendes Resort im Ranch-Stil genehmigt, auf etwa 100 Hektar. Es schloss etwa 25 gewerbliche Parzellen, eine Pferdemanege und eine Lodge mit ein. Nach ausführlichen Verhandlungen zwischen dem Canyon Creek-Projekt-Team und Mitgliedern der Planungskommission von Teton County schlug der Entwickler eine Umstrukturierung vor, die die bebaute Fläche und die Auswirkung dieses Projekts dramatisch zurückschraubte, bis das 100 Hektar große Grundstück nur noch 21 Parzellen umfasste. Für den Bauträger reduziert dieses neue Design den Kostenfaktor für Infrastruktur um 97 Prozent, von 24 Million US-Dollar auf etwa 800.000. Außerdem konnte das Grundstück innerhalb eines bestehenden Naturschutzprogrammes bleiben und wird dadurch auch finanziell gefördert. Nach der Umstrukturierung sind auch die Grundstückssteuern niedriger, weil sich der Umfang des Projekts reduziert hat. Dessen verkleinerter Fußabdruck trägt auch dazu bei, dieses sensible Habitat und die ländliche Prägung der Gegend zu erhalten, die von Nutzen für die ganze Gemeinde ist.
Den Abschwung mitdenken
Einige Kommunen werden noch lange unter leerstehenden Parzellen und unvollendeten Neubaugebieten zu leiden haben. Dies sollte einem auch in Zeiten eines neuen Immobilienbooms vor Augen halten, dass jeder Boom zwangsläufig zu einem neuen Abschwung führt. Anfällige Kommunen können schon heute eine solide Grundlage für Politik, Gesetze und Programme schaffen, um Probleme in Zukunft zu minimieren. Alle an der Immobi–lienentwicklung Beteiligten wären gut beraten dafür zu sorgen, dass sie rechtzeitig Mechanismen zur Hand haben, um sich neu ergebenden Marktentwicklungen anzupassen. Gemeinden, die bereits mit in Not geratenen Entwicklungsprojekten zu kämpfen haben, müssen aufhören, sich die Situation schönzureden. Die Bereitschaft, vergangene Bewilligungen und Projekte zu überdenken, ist ein wesentlicher Bestandteil für den Erfolg. Gemeinden, die, wie in den hier vorgestellten Beispielen, als wirksame Vermittler und Regulierungsbehörden fungieren, sind besser gewappnet, um stagnierende Parzellierungspläne und andere Probleme, die durch exzessive Erschließungsgenehmigungen verursacht werden, zu verhindern bzw. sie zu lösen.
Wir danken dem Lincoln Institute of Land Policy für die freundliche Genehmigung zur deutschen Erstveröffentlichung des Beitrags aus Land Lines
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