Dubai am Main
Die Frankfurter Innenstadt wird dichter. Gleich vier Hochhäuser sind auf dem ehemaligen Areal der Deutschen Bank geplant. Internationale Namen waren geladen. Den Realisierungswettbewerb gewann UN Studio, der Sieger des städtebaulichen Wettbewerbs von 2016.
Text: Santifaller, Enrico, Frankfurt am Main
Dubai am Main
Die Frankfurter Innenstadt wird dichter. Gleich vier Hochhäuser sind auf dem ehemaligen Areal der Deutschen Bank geplant. Internationale Namen waren geladen. Den Realisierungswettbewerb gewann UN Studio, der Sieger des städtebaulichen Wettbewerbs von 2016.
Text: Santifaller, Enrico, Frankfurt am Main
Derzeit richtet sich der Fokus der Immobilienwelt auf die westliche Innenstadt Frankfurts, auf die „City“ beidseits der Bankenklamm an der Neuen Mainzer Straße. Fast hat man den Eindruck, als nähmen sich die Projektentwickler zwischen Altstadt und Bahnhofsviertel ein Grundstück nach dem anderen vor. Wobei es anders als früher neuerdings um „Durchmischung“ geht: Büro, Shopping, Gastronomie und Wohnen. Dass dabei „Durchmischung“ stets auf seltsame Weise Verdichtung bedeutet, scheint der Frankfurter Stadtplanung, zumindest ihren politischen Vertretern, der richtige Weg zu sein. Eher jedenfalls als die dringend nötige Nachverdichtung in wählerstarken Wohngebieten. Neuestes Beispiel für diese Praxis: das bis dato nicht öffentlich zugängliche Deutsche-Bank-Dreieck zwischen Junghof-, Großer Gallusstraße, Rossmarkt und Neuer Schlesingergasse.
Die Deutsche Bank hatte bereits im Jahre 2000 eine Konkurrenz für einen 228 Meter hohen Wolkenkratzer namens „MAX“ auf diesem Gelände ausgeschrieben, die Helmut Jahn, Chicago, gewann. Der 11. September 2001 verhinderte das Projekt. 2015 veräußerte das Finanzinstitut das 16.159 m2 große Grundstück mit einer genehmigten BGF von 155.000 m2 an den Projektentwickler Groß & Partner, der Anfang 2016 einen städtebaulichen Ideenwettbewerb nach RPW auslobte. Die Jury kürte Ben van Berkels UN Studio, das vier Hochhäuser mit 228, 175, 120 und 100 Metern Höhe vorschlug, zum 1. Preisträger. Die beiden kleinsten Hochhäuser setzten auf den bestehenden sechsgeschossigen Sockel auf, dessen Natursteinfassaden u.a. wegen des strengen 50er-Jahre-Rasters denkmalgeschützt sind. Die Preisrichter lobten „die selbstverständliche Leichtigkeit“ der hexagonalen Baukörper. Indes, die „über den Stand des Ideenwettbewerbs hinausgehende Formensprache der Hochhäuser“ wirke „etwas aufgeregt“. Wichtig für den Investor war die von der Stadt zugelassene Erhöhung der BGF um 64.000 m2 – verteilt auf zwei zusätzliche Wohnhochhäuser und eine Kita.
Bemühen um Verrücktheit
Derselbe Investor lobte über den Jahreswechsel 2016/17 einen Realisierungswettbewerb unter elf geladenen Teilnehmern aus. Und wieder war Ben van Berkel Sieger. Einen gemeinsamen dritten Platz belegten die Arge Meixner Schlüter Wendt mit Snøhetta (Frankfurt/Oslo) sowie die Arge Max Dudler und Helmut Jahn (Berlin/Chicago). Eine Anerkennung ging an die Arge Christoph Mäckler/Coop Himmelb(l)au (Frankfurt/Wien). Internationale Kooperationen waren, so erzählen Teilnehmer, erwünscht, zumal namhafte Architekten auch bei den Genehmigungsbehörden vorteilhaft sind. Doch dieser Druck, etwas entwerfen zu müssen, das gegen internationale Konkurrenz bestehen kann, hat den Beiträgen nicht gut getan. In der Ausstellung zum Wettbewerb drängte sich das offenbar ziemlich verzweifelte Bemühen geradezu auf, irgendeinen willkürlichen Gag, ein vorwitziges Gimmick oder eine sonstige Verrücktheit erfinden zu müssen. Die meisten der Entwürfe inklusive der des Siegers passen eher nach Dubai als an den Main. Charakteristika des Ortes wurden gar nicht erst gesucht. Dass der bestehende 93 Meter hohe Turm auf dem Areal, ein elegantes, an Mies‘ Seagram Building angelehntes Hochhaus des weitgehend unbekannten Architekten F. Wilhelm Simon, abgerissen werden soll, passt in dieses Bild.
Derselbe Investor lobte über den Jahreswechsel 2016/17 einen Realisierungswettbewerb unter elf geladenen Teilnehmern aus. Und wieder war Ben van Berkel Sieger. Einen gemeinsamen dritten Platz belegten die Arge Meixner Schlüter Wendt mit Snøhetta (Frankfurt/Oslo) sowie die Arge Max Dudler und Helmut Jahn (Berlin/Chicago). Eine Anerkennung ging an die Arge Christoph Mäckler/Coop Himmelb(l)au (Frankfurt/Wien). Internationale Kooperationen waren, so erzählen Teilnehmer, erwünscht, zumal namhafte Architekten auch bei den Genehmigungsbehörden vorteilhaft sind. Doch dieser Druck, etwas entwerfen zu müssen, das gegen internationale Konkurrenz bestehen kann, hat den Beiträgen nicht gut getan. In der Ausstellung zum Wettbewerb drängte sich das offenbar ziemlich verzweifelte Bemühen geradezu auf, irgendeinen willkürlichen Gag, ein vorwitziges Gimmick oder eine sonstige Verrücktheit erfinden zu müssen. Die meisten der Entwürfe inklusive der des Siegers passen eher nach Dubai als an den Main. Charakteristika des Ortes wurden gar nicht erst gesucht. Dass der bestehende 93 Meter hohe Turm auf dem Areal, ein elegantes, an Mies‘ Seagram Building angelehntes Hochhaus des weitgehend unbekannten Architekten F. Wilhelm Simon, abgerissen werden soll, passt in dieses Bild.
Gelobter Dachgarten
Dass Ben van Berkels Türme des Realisierungswettbewerbs den, laut Jury, „etwas aufgeregten“ Türmen des Ideenwettbewerbs auch auf den zweiten Blick ziemlich ähneln, hat ihnen nicht geschadet. Das Preisgericht lobte „die feine Skulpturalität der Hochhäuser“, die sich in die Frankfurter Skyline integrierten und dennoch ein eigenständiges Ensemble bildeten. Die Gestaltung des öffentlich zugänglichen Dachgartens auf dem sechsten Geschoss bezeichnete die Jury als „herausragend“: Durch „geschickte Zonierung“ entstünden „Erlebnisräume von hoher Aufenthaltsqualität“. Seltsam nur, dass der zurückgesetzte Sockel zur Großen Gallusstraße, auf dem der 175 hohe Turm sitzt, der mit seiner abgerundeten Form und seinen gekippten Fassaden in Fortsetzung des historistischen Deutsche-Bank-Gebäudes vermutlich keinen erlebbaren Straßenraum bietet, keinerlei Erwähnung bei der Jury fand.
Dass Ben van Berkels Türme des Realisierungswettbewerbs den, laut Jury, „etwas aufgeregten“ Türmen des Ideenwettbewerbs auch auf den zweiten Blick ziemlich ähneln, hat ihnen nicht geschadet. Das Preisgericht lobte „die feine Skulpturalität der Hochhäuser“, die sich in die Frankfurter Skyline integrierten und dennoch ein eigenständiges Ensemble bildeten. Die Gestaltung des öffentlich zugänglichen Dachgartens auf dem sechsten Geschoss bezeichnete die Jury als „herausragend“: Durch „geschickte Zonierung“ entstünden „Erlebnisräume von hoher Aufenthaltsqualität“. Seltsam nur, dass der zurückgesetzte Sockel zur Großen Gallusstraße, auf dem der 175 hohe Turm sitzt, der mit seiner abgerundeten Form und seinen gekippten Fassaden in Fortsetzung des historistischen Deutsche-Bank-Gebäudes vermutlich keinen erlebbaren Straßenraum bietet, keinerlei Erwähnung bei der Jury fand.
Gelassenheit und elitäre Strenge
Dudler/Jahn zeichneten ein Bündel heterogener Türme, deren Fassaden mit wachsender Höhe einen immer größeren Glasanteil aufweisen und insgesamt als Solitäre in der Skyline wirken sollten. Die Jury würdigte die „klare Gliederung von Türmen und Sockel“. Die Fassadengestaltung, die dem Preisgericht „in ihrer Stringenz teilweise etwas (zu) kühl“ erschien, schafft einen logischen und klaren Übergang zu den Sockeln mit ihren Rasterfassaden. Die Jury pries die „Gelassenheit“ des Entwurfs, aber auch seine „nahezu elitäre Strenge“. Ein völlig anderes Konzept verfolgten Meixner Schlüter Wendt mit dem norwegischen Büro Snøhetta. Ihre Türme erscheinen zum Quartiersplatz hin als Ensemble, von außen betrachtet als Solitäre. Zum Quartiersplatz erhielten alle Türme eine Fassade aus hellen Blechelementen mit seitlich versetzten Fenstern, was ihr eine ziemlich splittrige Erscheinung gab. Das Preisgericht lobte: „Der pointierte, beinahe akademische Ansatz beinhaltet einen hohen Wiedererkennungswert und bezieht seine Stärke aus dem intellektuellen Konzept.“ Der Entwurf stelle „einen außergewöhnlichen Beitrag dar, der durch einen spürbar künstlerischen Ansatz für sich einnimmt.“
Dudler/Jahn zeichneten ein Bündel heterogener Türme, deren Fassaden mit wachsender Höhe einen immer größeren Glasanteil aufweisen und insgesamt als Solitäre in der Skyline wirken sollten. Die Jury würdigte die „klare Gliederung von Türmen und Sockel“. Die Fassadengestaltung, die dem Preisgericht „in ihrer Stringenz teilweise etwas (zu) kühl“ erschien, schafft einen logischen und klaren Übergang zu den Sockeln mit ihren Rasterfassaden. Die Jury pries die „Gelassenheit“ des Entwurfs, aber auch seine „nahezu elitäre Strenge“. Ein völlig anderes Konzept verfolgten Meixner Schlüter Wendt mit dem norwegischen Büro Snøhetta. Ihre Türme erscheinen zum Quartiersplatz hin als Ensemble, von außen betrachtet als Solitäre. Zum Quartiersplatz erhielten alle Türme eine Fassade aus hellen Blechelementen mit seitlich versetzten Fenstern, was ihr eine ziemlich splittrige Erscheinung gab. Das Preisgericht lobte: „Der pointierte, beinahe akademische Ansatz beinhaltet einen hohen Wiedererkennungswert und bezieht seine Stärke aus dem intellektuellen Konzept.“ Der Entwurf stelle „einen außergewöhnlichen Beitrag dar, der durch einen spürbar künstlerischen Ansatz für sich einnimmt.“
Über allem künstlerischen Bemühen steht, das machte die Ausstellung deutlich, der Investor. Dies unterstreicht auch der Werbefilm zum Projekt, der Jürgen Groß in jener berühmten Pose aus dem Film „The Fountainhead“ als King of the City zeigt. Doch damals spielte Gary Cooper den Architekten Howard Roark, nicht einen Investor.
Hochbaulicher Realisierungswettbewerb
1. Preis (50.000 Euro) UN Studio, Amsterdam
ein 3. Preis (21.000 Euro) ARGE Max Dudler, Berlin/Helmut Jahn, Chicago
ein 3. Preis (21.000 Euro) ARGE Meixner Schlüter Wendt, Frankfurt/Snøhetta Studio Innsbruck
Anerkennung ARGE Christoph Mäckler Architekten, Frankfurt/COOP Himmelb(l)au, Wien
Engere Wahl 3XN Architects, Kopenhagen
1. Preis (50.000 Euro) UN Studio, Amsterdam
ein 3. Preis (21.000 Euro) ARGE Max Dudler, Berlin/Helmut Jahn, Chicago
ein 3. Preis (21.000 Euro) ARGE Meixner Schlüter Wendt, Frankfurt/Snøhetta Studio Innsbruck
Anerkennung ARGE Christoph Mäckler Architekten, Frankfurt/COOP Himmelb(l)au, Wien
Engere Wahl 3XN Architects, Kopenhagen
Weitere Teilnehmer
Zaha Hadid Architects, London
schneider + schumacher, Frankfurt
ARGE Raumwerk/Delugan Meissl, Frankfurt
ARGE Querkraft Architekten, Wien/Hochform Architek-
ten, Frankfurt
ARGE Jo Franzke, Frankfurt/Ole Scheeren, London
Ingenhoven architects, Düsseldorf
Zaha Hadid Architects, London
schneider + schumacher, Frankfurt
ARGE Raumwerk/Delugan Meissl, Frankfurt
ARGE Querkraft Architekten, Wien/Hochform Architek-
ten, Frankfurt
ARGE Jo Franzke, Frankfurt/Ole Scheeren, London
Ingenhoven architects, Düsseldorf
Jury
Dörte Gatermann, Architektin, Köln; Jürgen Groß, Geschäftsführer G&P; Martin Hunscher, Leiter Stadtplanungsamt; Anett-Maud Joppien, Architektin; Mike Josef, Planungsdezernent; Andreas Moser, Architekt; Tobias Sauerbier, Prokurist G&P; Peter Cachola Schmal, Direktor Deutsches Architekturmuseum, alle Frankfurt am Main
Dörte Gatermann, Architektin, Köln; Jürgen Groß, Geschäftsführer G&P; Martin Hunscher, Leiter Stadtplanungsamt; Anett-Maud Joppien, Architektin; Mike Josef, Planungsdezernent; Andreas Moser, Architekt; Tobias Sauerbier, Prokurist G&P; Peter Cachola Schmal, Direktor Deutsches Architekturmuseum, alle Frankfurt am Main
Auslober
Groß & Partner Grundstücksentwicklungsgesellschaft mbH
Groß & Partner Grundstücksentwicklungsgesellschaft mbH
Wettbewerbsbetreuung
ANP – Architektur- und Planungsgesellschaft mbH
ANP – Architektur- und Planungsgesellschaft mbH
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