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Geradeaus gondeln

Der Austauschredakteur der Schweizer Zeitschrift "Hochparterre", Andres Herzog, wundert sich über die Seilbahn für die IGA Berlin

Text: Herzog, Andres, Zürich

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Der Austauschredakteur der Schweizer Zeitschrift "Hochparterre", Andres Herzog, wundert sich über die Seilbahn für die IGA Berlin


Geradeaus gondeln

Der Austauschredakteur der Schweizer Zeitschrift "Hochparterre", Andres Herzog, wundert sich über die Seilbahn für die IGA Berlin

Text: Herzog, Andres, Zürich

Da staunt der Schweizer. Seilbahnen kennt er aus den Bergen, wo sie Skifahrer und Wanderer zum Gipfel-Panorama hieven. Aber im Flachland? Und doch: In Berlin, dessen Topografie sich maximal 122 Meter über den Meeresspiegel erhebt, wird derzeit für die Internationale Gartenschau 2017 eine Kabinen-Seilbahn gebaut. Im März hat Bürgermeister Michael Mül-ler feierlich den ersten Mast für die Bahn eingeweiht, die in Marzahn-Hellersdorf über 1,5 Kilometer, von der Station der U5 über die Wuhle auf den Kienberg und wieder hinunter zu den Gärten der Welt, führen wird. Nach der IGA bleiben die Kabinen hängen und ergänzen das ÖPNV-Netz – als S-Bahn in der Luft sozusagen.
Auch die Berliner mussten schmunzeln, als der Senat 2004 – auf Drängen der EU-Wettbewerbshüter – ein Landesseilbahngesetz für die Hauptstadt verabschiedete. Sind die in Brüssel verrückt? Doch dann merkt man: So abwegig ist die Idee gar nicht. In Südamerika fahren schon länger urbane Seilbahnen und auch in Deutschland haben sie Tradition, jedenfalls für Garten- und Bauausstellungen. Selbst in Berlin ist es nicht die erste. Vor 60 Jahren gondelten die Besucher der IBA 1957 mit einem Sessellift über das Hansaviertel. Auch für die IGA 1963 in Hamburg wurde eine temporäre Seilbahn gebaut. 2003 errichtete Rostock zur IGA eine Gondelbahn, die zwei Jahre später in München für die Bundesgartenschau adaptiert wurde. Für dieselbe Schau spannte Koblenz 2011 eine Seilbahn über den Rhein, die – nach einem kritischen Blick der UNESCO auf das Welterbe der Stadt – bis mindestens 2026 surren wird.
Und da erinnert sich der Redakteur: Auch in der hügeligen Schweiz wird horizontal gegondelt. Ins kollektive Gedächtnis eingebrannt hat sich die Seilbahn der Landesausstellung 1939, die 900 Meter über den Zürichsee führte. Sie wurde danach abgebrochen und der Stahl für Panzersperren eingeschmolzen. Heute denkt die Stadt über eine Seilbahn nach, die den Zoo über den Zürichberg erschließen soll und dabei gerade einmal 160 Höhenmeter überwindet. In Berlin sind es deren 49. Dabei steigen solche Bahnen gewöhnlich über 1000 Meter in die Höhe. Aber ja, auch geradeaus Schweben hat seinen Reiz. Und bewegungsfaule (oder altersschwache) Touristen gibt es schließlich überall, im Bergdorf wie in der flachen Großstadt.

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