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Gestaltqualität für Hamburgs neue S-Bahnhöfe?

Nichts davon ist zu sehen.

Text: Gefroi, Claas, Hamburg

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    Der geplante S-Bahnhof Holstenhofweg könnte als Sinnbild gelten für die Verachtung des Kunden durch die Bahn.
    Abb.: DB Netz AG

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    Der geplante S-Bahnhof Holstenhofweg könnte als Sinnbild gelten für die Verachtung des Kunden durch die Bahn.

    Abb.: DB Netz AG

Gestaltqualität für Hamburgs neue S-Bahnhöfe?

Nichts davon ist zu sehen.

Text: Gefroi, Claas, Hamburg

Die großen deutschen Metropolen wachsen und wachsen. Vergessen wird angesichts dieser Entwicklung, dass es auch eine Gegenbewegung gibt: Ein Großteil der Bevölkerung zieht das Leben in den Vororten dem Wohnen in der Stadt vor. Auch die steigenden Miet- und Kaufpreise für Wohnraum führen zum Wegzug Vieler in das Umland. Von dort pendeln sie dann zum Arbeiten, Shoppen und für den Museumsbesuch in die große Stadt. Auch in Hamburg steigen deshalb die Pendlerzahlen seit Jahren kontinuierlich. Eines der wichtigsten Zentren im Umkreis ist das nordöstlich gelegene Bad Oldesloe auf halbem Weg Richtung Lübeck. Die Zahl der Fahrgäste in den Regionalbahnen wächst; die Züge sind in den Stoßzeiten zum Bersten gefüllt. Deshalb wird seit vielen Jahren an einer S-Bahnlinie über Rahlstedt und Ahrensburg in das 25.000-Einwohner-Städtchen geplant, um die Strecke zu entlasten und die Taktfrequenz zu erhöhen.
Für die neue Linie entstehen fünf neue Haltestellen, davon vier auf dem Hamburger Stadtgebiet. Die Pläne dafür wurden jüngst, ohne großes PR-Tamtam, von der DB veröffentlicht. Die Zurückhaltung dürfte kein Zufall sein, denn die Visualisierungen offenbaren eine infrastrukturelle und gestalterische Bankrotterklärung. Vorgesehen sind augenscheinlich Haltestellen in der billigst möglichen Variante. So sind beispielsweise bei den innerstädtischen Stationen Claudiusstraße und Holstenhofweg keine Bahnsteigdächer vorgesehen. Im Erläuterungsbericht heißt es lapidar: „Auf dem Mittelbahnsteig ist keine Überdachung geplant.“ Die Bahn meint stattdessen, die Bahnlinie querende Brücken sowie kleine Wetterschutzhäuschen seien für hoch frequentierte Haltestellen als Witterungsschutz vollkommen ausreichend. Auch Eingangsbauwerke mit einer Schalterhalle sind nicht geplant. In den Erläuterungen heißt es unter „Hochbauten“ nur: „entfällt“. Der Vorteil: Wo es keinen Hochbau gibt, muss auch nichts gestaltet werden. Treppenabgänge und Fahrstuhlanlagen werden, den Bildern nach zu urteilen, aus Fertigteilen erstellt und sehen aus wie aus einem Industriebaukatalog zusammengeklaubt. Ein weiteres Desaster sind die Lärmschutzmaßnahmen. Weil die Linie parallel zu einer Fernbahnstrecke verläuft und durch Wohngebiete führt, werden äußere und innere Schallschutzwände mit bis zu sechs Meter Höhe gebaut. Sie werden auch an den Haltestellen errichtet und noch nicht einmal dort in transparenter Bauform realisiert. So schauen die Reisenden nicht in die Umgebung, sondern auf Metall- oder Kunststoffwände.
Der Bau der S4 ist für Hamburg und sein Umland eine der wichtigsten Infrastrukturmaßnahmen seit Jahrzehnten. Dass die DB sie auf dem niedrigst möglichen Niveau unter vollständiger Abwesenheit jeglicher Gestaltung plant, fügt sich ins Bild, denn auch bei anderen wichtigen Hambur­ger Bahnprojekten wurde und wird gespart, wo es nur geht: So wurde eine eindrucksvolle historische Fernbahn-Viaduktstrecke im Bereich der HafenCity zugunsten eines billigen und pflegeleichten, aber undurchdringlichen Bahndamms (bestehend aus Spundwänden, die mit Erde gefüllt wurden) abgerissen – mit dem Ergebnis, dass wichtige Teilbereiche der HafenCity heute räumlich voneinander getrennt werden. Auch den alten Kasematten nahe der Sternbrücke auf der Bahnstrecke zwischen Dammtor und Altona, in denen jetzt noch viele Musikclubs untergebracht sind, droht wie der dazugehörigen historischen Sternbrücke der Abriss. Bei einem weiteren DB-Infrastrukturprojekt konnte durch die Intervention des damaligen Oberbaudirektors Jörn Walter das Schlimmste offenbar verhindert werden: Der neue Fernbahnhof Diebsteich für den Hamburger Westen, der den bisherigen Fernbahnhof Altona ersetzen soll, wird nun wohl, entgegen der ursprünglich angedachten Low-budget-Variante, doch ein Empfangsgebäude und eine Überdachung in voller Länge erhalten. Dass darüber jahrelang gerungen wurde, zeigt, auf welchem Niveau der Bauherr Bahn mittlerweile angekommen ist. Erinnert sich noch jemand an die einst auf der Architekturbiennale in Venedig ausgerufene „Renaissance der Bahnhöfe“?

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