Bauwelt

Schaf Dolly für den Wohnungsbau

Kaye Geipel will die Münchner Domagkstraße klonen

Text: Geipel, Kaye, Berlin

Schaf Dolly für den Wohnungsbau

Kaye Geipel will die Münchner Domagkstraße klonen

Text: Geipel, Kaye, Berlin

Architekturpreise gibt es in Deutschland wie Sand am Meer. Relevant sind nur wenige. Der Architekturpreis des Deutschen Architekturmuseums in Frankfurt gehört dazu. Allerdings: Es gibt gute und schlechte Jahrgänge, und der letzte Jahrgang war im Schnitt eher mau. Umso überraschter war ich, als die diesjährige Entscheidung auf einen absolut herausragenden Münchner Wohnungsbau fiel. Der 1. Preis ging an „Wagnis Art“, ein Genossenschafts­projekt in der Domagkstraße. Enstanden ist dort ein kleines Quartier aus fünf Geschosswoh­nungsbauten, bei dem die Architekten alles richtig gemacht haben (Heft 10.2017). Vor allem: entstanden ist dort eine Wohnanlage, die im Handstreich die umgebenden hochpreisigen und hochlangweiligen Stadtvillen mit ihrem sinnfreien Abstandsgrün düpiert, indem sie vorführt, wie man mit einer intelligenten Grundstruktur eine „offene Nachbarschaft“ mit einer ganzen Reihe von Gemeinschaftsfunktionen umsetzt. Dass bogevischs Büro und SHAG Schindler Hable Architekten dieses außergewöhnliche Konzept in langen mühsamen Sitzungen entwickeln konnten, hatte mich schon elektrisiert, seit mir die Architekten von den gemeinsamen, oft konfliktreichen Entwurfsprozessen mit den künftigen Bewohnern erzählt haben (Stadtbauwelt 199, 2013).
Was wäre, dachte ich mir bei der Meldung, wenn ein solcher Preis endlich einmal eine Folgewirkung hätte? Wenn es gelänge, einige ähn­liche Wohnbauvorhaben in anderen Städten umzusetzen? Was wäre, wenn man anhand von solchen Beispielen den Zusammenhang zwischen Wohnungsbau und neuen Stadtquartieren weiterdenken würde? Der Bau begeistert im übrigen auch die Stadtplaner: Noch nicht ganz fertig, Ende 2016, erhielt er bereits den Deutschen Städtebaupreis. Weiterdenken hieße zum Beispiel: Städte könnten in der aktuellen Boomphase dafür sorgen, Genossenschaften auf die strategisch wichtigen Grundstücke zu locken und ihnen diese dort billig zur Verfügung stellen, wenn sie als Gegenleistung Öffentlichkeit und „kleine Zentrumsfunktionen“ umsetzen würden. Die Krux mit den Architekturpreisen hatte ich bereits erwähnt: Es gibt zu viele. Dieser hier hat es verdient, dass sich die Verantwortlichen der aktuellen Stangenware im städtischen Wohnungsbau von ihm anstecken lassen.

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