Bauwelt

Konfrontations­therapie

Text: Friedrich, Jan, Berlin

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Jan Friedrich rät Architekten dringend, die Immobilienszene zu unterwandern

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Jan Friedrich rät Architekten dringend, die Immobilienszene zu unterwandern


Konfrontations­therapie

Text: Friedrich, Jan, Berlin

Architektur – ein Kulturgut! Architektur – ein Wirtschaftsgut! In dem geräumigen Feld, das diese beiden Pole aufspannen, agieren Bauschaffende, seit es Bauschaffen gibt. Mal überwiegt der erste Aspekt (selten), mal der letzte (sehr häufig); im krassen Gegensatz dazu steht das Selbstverständnis vieler (vermutlich der meisten) Architekten: Sie betonen den kulturellen Charakter ihrer Arbeit, weniger den ökonomischen (was nicht verwundert, denn wer die wirtschaftlichen Aspekte seines Jobs hätte betonen wollen, wäre kaum Architekt geworden). Die sogenannte breite Öffentlichkeit wirft Architekten ja inzwischen vor, sie verstünden sich ausschließlich als Kulturschaffende und kümmerten sich nicht einen Deut darum, was all das Schöne kostet, das sie sich ausgedacht haben (und noch weniger darum, wer es bezahlen soll).
Sollten Sie bei sich derartige Baukünstler-Realitätsflucht-Tendenzen feststellen – und möchten gegensteuern –, dann sei Ihnen eine Konfrontationstherapie empfohlen: der Besuch einer Immobilienmesse. Anfang Oktober war dazu in München die Gelegenheit. Dort fand zum 18. Mal die Expo Real statt, das große Herbsttreffen der europäischen Immobilienszene. Sie hätten innerhalb von nur drei Tagen fast 38.000 Menschen treffen können, für die Gebautes ganz selbstverständlich und vor allem anderen Wirtschaftsgut ist: Investoren, Banker, Projektentwickler, Anwälte, Berater, Wirtschaftsförderer. Die hätten Ihnen zum Beispiel erzählt, dass es zurzeit (wegen der niedrigen Zinsen) viel zu viel Geld gibt, das nach rentablen Anlagemöglichkeiten sucht, aber leider viel zu wenige „Objekte und Entwicklungsflächen“, in denen es angelegt werden könnte. (Der regelrechte Ansturm an den Messeständen der Städte und Regionen, wo noch das letzte Ladenhütergrundstück feilgeboten wurde, bestätigte diesen Eindruck.) Nahezu alle Objekte und Projektentwicklungen, die auf der Messe zu sehen waren, hätten Sie unvermeidlich auf die Idee gebracht, dass Ihre Expertise als Kulturschaffender dort ganz, ganz dringend gebraucht wird.
Liebe Architekten, geben Sie sich einen Ruck! Kommen Sie in Zukunft in Scharen nach München! Preisen Sie Ihre Dienste an!

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