Moderne Nostalgie
Garnisonskirche in Potsdam
Text: Weinz, Franziska, Berlin
Moderne Nostalgie
Garnisonskirche in Potsdam
Text: Weinz, Franziska, Berlin
Selten gab es in der Bevölkerung von Potsdam eine solche Zerrissenheit wie bei der Diskussion um dem Wiederaufbau der Garnisonkirche – selbst zum Bau des Stadtschlosses nicht. Aber nicht nur die Rekonstruktion unter dem Leitbild „Versöhnungskirche“ führt zu Kontroversen, sondern auch die militärische Vergangenheit der Kirche. Die Architekten Hilmer & Sattler und Albrecht stellten nun die Pläne für den ersten Abschnitt des Wiederaufbaus, den Glockenturm, vor.
Der Ausbau Potsdams zur zweiten Residenzstadt Preußens durch den „Soldatenkönig“ Friedrich Wilhelm I. bescherte der Stadt ab 1660 eine architektonische Blütezeit. Es entstanden zahlreiche barocke und klassizistische Gebäude, hier verewigten sich Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff, Karl Friedrich Schinkel, Ludwig Persius oder Peter Joseph Lenné. Viele der Bauten wurden im Zweiten Weltkrieg zerstört, längst nicht alle wiederhergestellt. Seit 1990 engagieren sich zahlreiche Initiativen für den Wiederaufbau der Stadtmitte. Für das Stadtschloss ist das bereits gelungen, es soll 2012 in einer sowohl dem Vorbild als auch den Nutzungsansprüchen des brandenburgischen Landtags genügenden Form fertiggestellt sein (Bauwelt 44.2009). Unter dem genannten Kurfürst wurde von 1730–35 auch die Garnisonkirche von Philipp Gerlach (1679–1748) mit ihrem berühmten Glockenspiel „Üb’ immer Treu und Redlichkeit“ gebaut. Den Soldaten diente sie für Gottesdienste und zur Segnung vor dem Einzug in den Krieg. Am 21. März 1933 feierte die NSDAP beim „Tag von Potsdam“ hier ihren Wahlsieg. Der Händedruck zwischen dem angehenden Reichskanzler Hitler und dem Reichspräsident Hindenburg vor der Kirche symbolisiert für viele das Bündnis zwischen Nationalsozialisten und preußischem Militär. Beim Luftangriff am 14. April 1945 brannte die Kirche fast vollständig aus; die Ruine wurde 1968 gesprengt.
Heute steht, etwas versetzt zum ursprünglichen Kirchengrundriss, das Rechenzentrum der Stadt Potsdam an diesem Ort. Davor erhebt sich der von drei Innungsbetrieben zum Selbstkostenpreis erbaute Spitzbogen, mit dem der Wiederaufbau der Garnisonkirche 2005 symbolisch gestartet wurde. Ein Teil des Rechenzentrums musste bereits für den Bau der von den Architekten Killinger & Westermann geplanten temporären „Versöhnungskapelle“ weichen. Sie wurde am 25. Juni 2011 eröffnet und soll bis zur Vollendung des Wiederaufbaus als Ort für Ausstellungen und als Beobachtungsplattform dienen. Das Grundstück hatte die Stadt im März 2010 kostenlos an die „Stiftung Garnisonkirche Potsdam“ übertragen. Zusammen mit der „Fördergesellschaft für den Wiederaufbau der Garnisonkirche Potsdam e.V.“ setzt diese sich für die originalgetreue Rekonstruktion ein. Spätestens für den Bau des Kirchenschiffs, wann genau das sein wird, ist ungewiss, müsste das Rechenzentrum endgültig weichen. Der Abriss ist aber schon für 2014 geplant.
Die Garnisonkirche soll stufenweise wiederaufgebaut werden. Grundlage hierfür ist deren am besten dokumentierter Zustand aus den Jahren 1927–30. Erster Bauabschnitt ist der Glockenturm, dafür sind drei bis vier Jahren geplant. Die Befürworter sind überzeugt davon, dass durch die Garnisonkirche das „historische“ Stadtbild Potsdams und vor allem seine Silhouette vervollständigt werde. Die Gegner hingegen, wie die im Mai gegründete „Bürgerinitiative für ein Potsdam ohne Garnisonkirche“, befürchten einen Wallfahrtort für Neonazis und Militaria-Fetischisten.
Mit ihrer Art der Auftragsvergabe schürte die Stiftung den Zwist nur noch mehr. Sie hatte lediglich ein Verhandlungsverfahren mit der Vorgabe einer „historisch getreuen Rekonstruktion“ ausgeschrieben. Den Zuschlag erhielten die Architekten Hilmer & Sattler und Albrecht aus Berlin. Entscheidend für die Beauftragung war unter anderem ihr Vorschlag für die lange diskutierte Nutzung des Turmsockels. Ihre Pläne, die unter den Leitworten „beten, erinnern, bilden und sehen“ stehen, stellten sie Ende August der Öffentlichkeit vor. Dem Programmpunkt „beten“ will man im Sockelgeschoss in Form eines Andachtsraums Genüge tun. Er wird als Kapelle dienen und als Gedenkstätte – sowohl für die Widerständler des Attentats vom 20. Juli 1944 auf Hitler als auch für den Widerstand zu Zeiten der DDR – und 162 Menschen Platz bieten.Weil die Pfeiler mit moderner Statik nicht mehr so massiv ausfallen müssen, gibt es an dieser Stelle jetzt mehr Raum als im Original. Ihre ursprünglichen Abmessungen werden im Boden ablesbar sein. Trotz der Forderung nach einer exakten Rekonstruktion müsse man ja dem heutigen Stand der Technik gerecht werden, so Christoph Sattler. Außerdem lässt sich auf diese Weise Geld sparen. Folglich wird der Bau mit 22 Meter tief in den Boden gerammten Betonpfeilern gegründet, die Decken im Turm sind ebenfalls aus Beton gefertigt, es gibt Aufzüge und barrierefreie Zugänge. In den oberen Geschossen wird man sich in einer Ausstellung über die Geschichte der Kirche dem „Erinnern“ und im Seminarraum dem „Bilden“ widmen. Die Einnahmequelle Tourismus wird im Bereich „sehen“ durch eine Aussichtsplattform auf dem 89 Meter hohen Turm und ein Café abgesichert. Für das eigentliche Kirchenschiff ist erneut eine kirchliche Nutzung vorgesehen. Um den Turm an historisch exakter Stelle zu konstruieren, wird die Straßenführung der Breiten Straße verändert. In diesem Zuge muss der in bürgerschaftlichem Engagement aufgebaute Spitzbogen wieder abgerissen werden. Bleibt die Frage: Wie kann in einer exakt rekonstruierten Kirche, ohne konsequente Auseinandersetzung mit der Vergangenheit und ohne darauf aufbauendes Nachdenken über Nutzungs- oder bauliche Alternativen (zum Beispiel in Form eines Wettbewerbs) der Historie angemessen gedacht werden? Das über allem schwebende und in der Satzung der Stiftung festgesetzte Leitbild „Versöhnungskirche“ ist in einer solchen Hülle nicht glaubhaft.
Das größte zu überwindende Hindernis ist jedoch die Finanzierung aus Spendengeldern. In den sieben Jahren ihres Bestehens hat die Fördergesellschaft vier Millionen Euro eingenommen, doch nur eine mickrige Million ist davon noch übrig. Allein der erste Bauabschnitt ist mit 38,6 Millionen Euro veranschlagt. Obwohl Schirmherr Wolfgang Huber beteuert man sei absolut im Zeitplan ist fraglich, wie die Summe bis 2013 zusammenkommen soll.. Doch der Händedruck am „Tag von Potsdam“ ist nicht vergessen. Wegen dieses „Imageproblems“ hält sich vorallem die Industrie mit Spenden zurück. Aber, wer weiß, vielleicht hat Herr Plattner ja auch diesmal ein weiches Herz.
Heute steht, etwas versetzt zum ursprünglichen Kirchengrundriss, das Rechenzentrum der Stadt Potsdam an diesem Ort. Davor erhebt sich der von drei Innungsbetrieben zum Selbstkostenpreis erbaute Spitzbogen, mit dem der Wiederaufbau der Garnisonkirche 2005 symbolisch gestartet wurde. Ein Teil des Rechenzentrums musste bereits für den Bau der von den Architekten Killinger & Westermann geplanten temporären „Versöhnungskapelle“ weichen. Sie wurde am 25. Juni 2011 eröffnet und soll bis zur Vollendung des Wiederaufbaus als Ort für Ausstellungen und als Beobachtungsplattform dienen. Das Grundstück hatte die Stadt im März 2010 kostenlos an die „Stiftung Garnisonkirche Potsdam“ übertragen. Zusammen mit der „Fördergesellschaft für den Wiederaufbau der Garnisonkirche Potsdam e.V.“ setzt diese sich für die originalgetreue Rekonstruktion ein. Spätestens für den Bau des Kirchenschiffs, wann genau das sein wird, ist ungewiss, müsste das Rechenzentrum endgültig weichen. Der Abriss ist aber schon für 2014 geplant.
Die Garnisonkirche soll stufenweise wiederaufgebaut werden. Grundlage hierfür ist deren am besten dokumentierter Zustand aus den Jahren 1927–30. Erster Bauabschnitt ist der Glockenturm, dafür sind drei bis vier Jahren geplant. Die Befürworter sind überzeugt davon, dass durch die Garnisonkirche das „historische“ Stadtbild Potsdams und vor allem seine Silhouette vervollständigt werde. Die Gegner hingegen, wie die im Mai gegründete „Bürgerinitiative für ein Potsdam ohne Garnisonkirche“, befürchten einen Wallfahrtort für Neonazis und Militaria-Fetischisten.
Mit ihrer Art der Auftragsvergabe schürte die Stiftung den Zwist nur noch mehr. Sie hatte lediglich ein Verhandlungsverfahren mit der Vorgabe einer „historisch getreuen Rekonstruktion“ ausgeschrieben. Den Zuschlag erhielten die Architekten Hilmer & Sattler und Albrecht aus Berlin. Entscheidend für die Beauftragung war unter anderem ihr Vorschlag für die lange diskutierte Nutzung des Turmsockels. Ihre Pläne, die unter den Leitworten „beten, erinnern, bilden und sehen“ stehen, stellten sie Ende August der Öffentlichkeit vor. Dem Programmpunkt „beten“ will man im Sockelgeschoss in Form eines Andachtsraums Genüge tun. Er wird als Kapelle dienen und als Gedenkstätte – sowohl für die Widerständler des Attentats vom 20. Juli 1944 auf Hitler als auch für den Widerstand zu Zeiten der DDR – und 162 Menschen Platz bieten.Weil die Pfeiler mit moderner Statik nicht mehr so massiv ausfallen müssen, gibt es an dieser Stelle jetzt mehr Raum als im Original. Ihre ursprünglichen Abmessungen werden im Boden ablesbar sein. Trotz der Forderung nach einer exakten Rekonstruktion müsse man ja dem heutigen Stand der Technik gerecht werden, so Christoph Sattler. Außerdem lässt sich auf diese Weise Geld sparen. Folglich wird der Bau mit 22 Meter tief in den Boden gerammten Betonpfeilern gegründet, die Decken im Turm sind ebenfalls aus Beton gefertigt, es gibt Aufzüge und barrierefreie Zugänge. In den oberen Geschossen wird man sich in einer Ausstellung über die Geschichte der Kirche dem „Erinnern“ und im Seminarraum dem „Bilden“ widmen. Die Einnahmequelle Tourismus wird im Bereich „sehen“ durch eine Aussichtsplattform auf dem 89 Meter hohen Turm und ein Café abgesichert. Für das eigentliche Kirchenschiff ist erneut eine kirchliche Nutzung vorgesehen. Um den Turm an historisch exakter Stelle zu konstruieren, wird die Straßenführung der Breiten Straße verändert. In diesem Zuge muss der in bürgerschaftlichem Engagement aufgebaute Spitzbogen wieder abgerissen werden. Bleibt die Frage: Wie kann in einer exakt rekonstruierten Kirche, ohne konsequente Auseinandersetzung mit der Vergangenheit und ohne darauf aufbauendes Nachdenken über Nutzungs- oder bauliche Alternativen (zum Beispiel in Form eines Wettbewerbs) der Historie angemessen gedacht werden? Das über allem schwebende und in der Satzung der Stiftung festgesetzte Leitbild „Versöhnungskirche“ ist in einer solchen Hülle nicht glaubhaft.
Das größte zu überwindende Hindernis ist jedoch die Finanzierung aus Spendengeldern. In den sieben Jahren ihres Bestehens hat die Fördergesellschaft vier Millionen Euro eingenommen, doch nur eine mickrige Million ist davon noch übrig. Allein der erste Bauabschnitt ist mit 38,6 Millionen Euro veranschlagt. Obwohl Schirmherr Wolfgang Huber beteuert man sei absolut im Zeitplan ist fraglich, wie die Summe bis 2013 zusammenkommen soll.. Doch der Händedruck am „Tag von Potsdam“ ist nicht vergessen. Wegen dieses „Imageproblems“ hält sich vorallem die Industrie mit Spenden zurück. Aber, wer weiß, vielleicht hat Herr Plattner ja auch diesmal ein weiches Herz.
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