Bauwelt

Der Pavillon der USA

Die Ausstellung im Pavillon der USA soll zur Diskussion über (Staats-)Bürgerschaft anregen. Sieben Architektenteams er­kunden, wie man diesen Begriff heute sinnvoll definieren und gestalten kann.

Text: Mees, Carolin, New York

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    Pflastersteine von der Cobblestone Landing am Ufer des Mississippi in Memphis ...
    Foto: Studio Gang

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    Pflastersteine von der Cobblestone Landing am Ufer des Mississippi in Memphis ...

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    ... auf dem Weg nach Venedig.
    Foto: Craters and Freighters of Memphis

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    Aus den Steinen baut Studio Gang eine Plattform, um die Geschichte der Bürger von Memphis zu teilen. Auf diese Weise wollen die Architekten die Bedeutung des öffentlichen Raums für die Bürgerschaft herausstellen.
    Foto: Tom Harris

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    Aus den Steinen baut Studio Gang eine Plattform, um die Geschichte der Bürger von Memphis zu teilen. Auf diese Weise wollen die Architekten die Bedeutung des öffentlichen Raums für die Bürgerschaft herausstellen.

    Foto: Tom Harris

Der Pavillon der USA

Die Ausstellung im Pavillon der USA soll zur Diskussion über (Staats-)Bürgerschaft anregen. Sieben Architektenteams er­kunden, wie man diesen Begriff heute sinnvoll definieren und gestalten kann.

Text: Mees, Carolin, New York

Was kann es in der heutigen Zeit bedeuten, Bürger zu sein? Dieser Frage folgend, konzentrieren sich die Kuratoren des Pavillons der USA – der Kunsthistoriker Niall Atkins, die Journalistin Mimi Zeiger und die Architektin Ann Lou – in ihrer Ausstellung darauf, die konventionellen Vorstellung von Staatsbürgerschaft als einer Summe von Rechten und Verantwortlichkeiten an der Schnittstelle von gesetzlichen, politischen, wirtschaft­lichen und gesellschaftlichen Bedingungen, räumlich zu untersuchen. Angesichts des Einflusses der Globalisierung, der Digitalisierung und geopolitischer Umwälzungen auf das Konzept der Nation, sehen sie Architektur als ein mögliches Werkzeug, das sich in verschiedenen Dimensionen und Maßstäben anwenden lässt, um darauf eine Antwort zu finden.
Unterstützt durch die University of Chicago und die School of Art Institute Chicago, luden die Kuratoren unter dem Titel „Dimensions von Citizenship“ eine Reihe von Architekten, Landschafts­architekten und Designern aus der USA ein, architektonische Antworten zu entwickeln, die die Frage nach der Zugehörigkeit zu einer Nation, um die Frage nach der Zugehörigkeit zur Gattung Mensch und zum Planeten Erde erweitern. Die Arbeiten, Fallstudien und Forschungsprojekte dieser Büros setzen die Kuratoren nach einer Art Teleskop-Prinzip zueinander in Beziehung: Staatsbürgerschaft wird in sieben Maßstäben – Bürger, Bürgerschaft, Region, Nation, Welt, Netzwerk, Kosmos – dargestellt, wobei sich jedes Team einem Maßstab widmete.
Maßstab Bürger Für den Hof des Pavillons gestalteten die Architekten Amanda Williams und Andres Luis Hernandez aus Chicago mit der Künstlerin Shani Crowe die Installation „Thrival Geopgraphies (In My Mind I See a Line)“. Sie untersuchen, wie die Rassenzugehörigkeit die Vorstellung von Identität, Behausung und öffent­lichem Raum in historisch afrikanisch-amerika­nischen Gemeinden beeinflusst hat.
Maßstab Bürgerschaft Im Inneren des Pavillons nimmt das Architekturbüro Studio Gang Bezug auf einen Vorgang, der Ende 2017 in der mehrheitlich von Afro-Amerikanern bewohnten Stadt Memphis für Aufsehen sorgte: Standbilder von Vertretern des amerikanischen Bürger­kriegs, die mit dem Sklavenhandel und dem Ku-Klux-Klan in Zusammenhang standen, waren aus öffent­lichen Parks entfernt wurden. Das Projekt „Stone Stories“ von Studio Gang möchte mit hunder­ten zu einer Plattform ausgelegten Pflastersteinen aus Memphis darauf hinwei­sen, dass die Umgestaltung von öffentlichem Raum die Ausübung von Staatsbürgerschaft und die Mög­lichkeit, an der Gesellschaft mitzuwirken, stär­ken kann.
Maßstab Region Der Einfluss von Landschaftsarchitektur auf die durch den Klimawandel öko­logisch bedrohte Insel La Certosa in der Lagune von Venedig ist Thema des Projekts „Ecologi­cal Citizens” der Landschaftsarchitekten Scape aus New York.
Maßstab Nation Das Architekturstudio von Ted­dy Cruz und die Theoretikerin Fonna Forman aus San Diego konzentrieren sich auf die durch den geplanten Mauerbau der US-Regierung bekannt gewordene transnationale Zone zwischen Mexico und den Vereinigten Staaten. Ihr Projekt „MEXUS: A Geography of Interdependence” untersucht acht Wassereinzugsgebiete in diesem Gebiet, um eine inklusive, ineinandergreifende Idee von Nation vorzustellen, die auf Ko-Existenz, gemeinsamen Besitz und kooperative Möglichkeiten zwischen den Gemeinden auf beiden Seiten der Grenze verweist.
Maßstab Welt Das Architekturbüro Diller Scofidio + Renfro aus New York analysiert zusammen mit Laura Krugan, Robert Gerard Pietrusko und der Columbia Universität mit dem Projekt „In Plain Sight“ anhand von Satellitenbildern, wo auf der Erde Menschen leben, um so die politische Geographie des Dazugehörens und des Ausschlusses zu kartographieren.
Maßstab Netzwerk Das Team um die Architek­tin Keller Easterling von der Yale University hat die Online-Plattform „MANY“ entwickelt, die die weltweite Migration vereinfachen möchte.
Maßstab Kosmos Am Ende des Rundgangs betrachten die Landschaftsarchitekten Design Earth aus Cambridge mit dem Projekt „Cosmorama – Mining the Sky, Planetary Ark, and Paci­fic Cemetery” die Frage der Staatsbürgerschaft im größten Maßstab. Sie untersuchen den Weltraum als ein außerhalb der Erde liegendes Grenzgebiet.
Ergänzt wird die Ausstellung durch die Transit Screening Lounge, in der fünf Filmemacher sich dem Thema „Dimensions of Citizenship“ widmen.
Den Kuratoren ist es wichtig, die Diskussion auch außerhalb des Pavillons und den Giardini weiterzuführen. Daher haben sie verschiedene in Venedig aktive Bürgerinitiativen eingeladen, unter dem Titel „CitizenSHIP“ ein gemeinsames öffentliches Diskussionsprogramm zu organisieren. Im Fokus stehen konkrete lokale, ökologische, wirtschaftliche, räumliche und rechtliche Belange an verschiedenen Orten in Venedig. Durch das Verweben von Ausstellung und örtlichem Kontext soll statt einer kurzfristigen, sechsmonatigen „Invasion“ ein nachhaltigeres Projekt mit längerfristigen Kollaborationen entstehen, die auch nach dem Ende der Architekturbiennale weiterwirken können. Auf der Website des Pavillons soll die Auseinandersetzung mit dem Begriff der Staatsbürgerschaft auch international geführt werden.
Mit seinen unterschiedlich verorteten, beweglichen und virtuellen Elementen setzt der diesjährige US-Beitrag auf die hochaktuelle Debatte über Internationalität und die Zusammenarbeit von Architekten, Designern, Künstlern und Bürgern. Die Kuratoren rufen dazu auf, herauszufinden, wie es unter den gegenwärtigen Bedingungen im Kontext von Nationalität und Staatsbürgerschaft möglich ist, gemeinsam verantwortungsbewusste und nachhaltige räumliche Konzepte zu entwickeln.
Die Kuratoren des US-Pavillons: Niall Atkinson, Ann Lui und Mimi Zeiger
Niall Atkinson ist Associate Professor für Architekturgeschichte an der University of Chicago. Ann Lui ist Architektin und Assistant Professor an der School of the Art Institute of Chicago. Mimi Zeiger lebt in Los Angeles, unterrichtet und arbeitet als Kritikerin, Redakteurin und Kuratorin.
Fakten
Architekten Atkinson, Niall, Chicago; Lui, Ann, Chicago; Zeiger, Mimi, Los Angeles
aus Bauwelt 10.2018
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