Grundpflege für Kahn
Das Salk Institute for Biological Studies in den Küstencanyons des südkalifornischen La Jolla bietet seit 1965 Raum für bahnbrechende Forschungen. Das Gebäudeensemble von Louis Kahn entstand in enger Zusammenarbeit mit dem Bauherrn Jonas Salk und ist als Ikone der modernen Architektur ein Anziehungspunkt aus aller Welt. Zurzeit erfährt es erste aufwendige Sanierungen.
Text: Landes, Josepha, Dresden
Grundpflege für Kahn
Das Salk Institute for Biological Studies in den Küstencanyons des südkalifornischen La Jolla bietet seit 1965 Raum für bahnbrechende Forschungen. Das Gebäudeensemble von Louis Kahn entstand in enger Zusammenarbeit mit dem Bauherrn Jonas Salk und ist als Ikone der modernen Architektur ein Anziehungspunkt aus aller Welt. Zurzeit erfährt es erste aufwendige Sanierungen.
Text: Landes, Josepha, Dresden
Jonas Salk entwickelte 1955 ein Mittel gegen Kinderlähmung. Die Idee zum letztlich wirksamen Impfstoff kam ihm angeblich in der Abgeschiedenheit des Klosters von Assisi. Zurück in Amerika war er überzeugt von der Kraft der Architektur auf den menschlichen Geist und entschlossen, ein neuartiges Forschungszentrum ins Leben zu rufen. Louis Kahn lehrte zu der Zeit in Yale und fand eher durch seine theoretische als praktische Tätigkeit Anerkennung. Er hatte sich mit großer Passion der Verbindung zwischen naturwissenschaftlicher Forschung und Architektur zugewandt. Salks Anliegen, ein Institut zu entwickeln, das der Arbeit der Wissenschaftler mit architektonischen Mitteln zu Höhenflügen verhelfen würde, sollte Kahns erstes einer Reihe von Großprojekten werden.
La Jolla ist ein nördlicher Ausläufer des Stadtgebiets von San Diego. Auf den Klippen über dem Pazifik gelegen hat sich die Region explosionsartig entwickelt. San Diego und Süd-Kalifornien generell konnten seit einer Weltausstellung in den dreißiger Jahren und mit der Ansiedlung mehrerer Militärstützpunkte einen enormen Bevölkerungszuwachs verzeichnen. Dazu kam die Beliebtheit als Urlaubsziel. In den fünfziger Jahren beschloss die Stadtverwaltung, das ein Schwerpunkt der wirtschaftlichen Entwicklung die Biotechnologie sein sollte. So kam es dazu, dass Jonas Salk in bester Lage ein Stück Land geschenkt bekam, auf dem 1963 der Grundstein für das Institut von Louis Kahn gelegt wurde. Heute befindet sich das Gebäude in Nachbarschaft der University of California. Die Region prosperiert nicht zuletzt dank dieser und anderer Forschungseinrichtungen. Das Salk Institut selbst verzeichnet mehr als 500 Biologie-Patente. Die Krebs-, Hirn- sowie Aidsforschung sind nur einige der Disziplinen, denen sich die Wissenschaftler widmen.
Einer der Neurowissenschaftler im Salk Institute ist heute Thomas Albright. Wenngleich er sich begeistert mit den neurologischen Prozessen des Sehens auseinandersetzt, vermag er die Wirkung des Orts nicht zu erklären. Es sei wie im Theater. Die beiden Gebäudeflügel von Kahn öffnen sich und der Blick richte sich über die Bühne der Plaza hinaus auf den Pazifik. Die Sonne wirft scharfe, wandernde Schatten über die brutalistischen und doch zugleich so feinfühlig komponierten Betonkörper. Terrazzo und Beton werden eins im gegenwärtigen und entzweien sich dann im nächsten Licht. Diese Magie des Ortes zeichnet Salk aus. Albright lobt aber auch seine Funktionalität. Die Konstruktion beruht auf weitspannendem Beton, der lediglich im unteren Geschoss Stützen erforderlich macht. Die Laborbereiche sind komplett stützenfrei und ermöglichen eine flexible Anordnung von Apparaturen. Zudem ist den Laborebenen je ein mannshohes Versorgungsgeschoss übergeordnet, das maßgeblich zur Flexibilität beiträgt. Die Wissenschaftler haben zwischen ihren Laboreinheiten Kaffeenischen geschaffen oder teilen sich dort Konferenzräume. Das gesamte Ensemble lädt ein, sich zu treffen. So sind beiden Laborgebäuden Türme vorgeschaltet, die Studierstuben enthalten. Über Brücken verbunden mit den Hauptfluren können die Forscher sich hierhin zurückziehen und bleiben dennoch in die Gemeinschaft eingebunden, denn auf jedem zweiten Geschoss befindet sich eine Terrasse als Raum der Begegnung.
Der Grund für die nach fünfzig Jahren errichteten Baugerüste findet sich vorrangig in diesen Studiertürmen. Die Fassaden, wenngleich von Kahn als pflegeleicht vorgesehen, altern. Die aus Teak gefertigten Fensterelemente, die ganze Wandbereiche der Studierstuben ausmachen, sind dringend überholungsbedürftig. An einigen Stellen ist Termitenbefall zu beklagen, andernorts hat ein schwarzer Film die Oberfläche überzogen. In einem aufwendigen Analyseverfahren, das von der Getty-Foundation finanziert wurde, sind Methoden entwickelt worden, das Holz effektiv zu restaurieren. Für insgesamt 220 Fenster in sieben verschiedenen Formaten soll ein Team aus Materialwissenschaftlern, Architekten und Ingenieuren unter der Bauleitung der Firma Wiss, Janney, Elstner Associates vier Jahre lang eine Lösung gesucht haben! Das Resultat ist beeindruckend: 70 Prozent des alten Holzes wird wohl erhalten. Es ist nicht nur in restauratorischer sondern auch in ökologischer Hinsicht bedeutend – die Verwendung von Teak wird schon seit den sechziger Jahren kritisch betrachtet. Das im Salk Institute verbaute Holz stammte aus alten Beständen und weist einen hohen Feuchtegehalt auf. Solche Teakholzqualität ist heute nicht mehr erhältlich. Die Fenster wurden gereinigt, präzise repariert und mit einer Lasur versehen, die dem Holz eine leichte Tönung verleiht. Die Farbe dürfte, ähnlich frischem Holzschnitt, der Vorstellung Jonas Salks eher entsprochen haben als dem Wunsch Louis Kahns nach einer uniformen Gebäudehülle. Auch einige Details, die im Original zwar vorgesehen, aber aus finanziellen Gründen nicht realisiert worden waren, werden nun eingebaut.
Das Teakfenster-Projekt steht nicht allein, es ist aber seit Jahren die sichtbarste Sanierungsarbeit an den Gebäuden. Bereits 2011 wurde die Gebäudetechnik auf den neuesten Stand gebracht. Die Fensterinstandsetzung konnte bisher über einen staatlichen Kredit gedeckelt werden. Überschüssiges Geld stand für die Untersuchung schadhafter Betonstellen zur Verfügung. Es wurde festgestellt, dass der korrodierte Stahl ganze Brocken sprengt, vor allem auf der dem Pazifik zugewandten Seite. Alte Reparaturstellen sind großteils in miserablem Farb- und Haltbarkeitszustand. Wie bei den Fenstern sind die Planer dabei, methodisch akribisch passende Betonzusammensetzungen zu entwickeln. Glücklicherweise sind ausgezeichnete Dokumentationen über die Originalmaterialien vorhanden und so ist man zuversichtlich, den mit regionalem Tuffstein versetzten Pozzolan-Beton gut nachempfinden und zugleich verbessern zu können. Dieser großen Hingabe für Kahn gebührt Lob.
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