Architektur und symbolisches Kapital
Text: Rumpf, Peter, Berlin
Architektur und symbolisches Kapital
Text: Rumpf, Peter, Berlin
Man ist versucht, mit Karl Valentin zu beginnen: dass alles schon gesagt ist, aber noch nicht von allen. Aber bei einem Bauwelt-Fundament verbietet sich dieser Einstieg. Dennoch, die Sekundärliteratur-Liste zu Oswald Mathias Ungers und seine Architektur wächst weiter.
Nach Jasper Crepls erschöpfender Biographie nun die nächste, als Buch verlegte Dissertation über den großen Theoretiker, Lehrer, Sammler, Preisrichter, Ausstellungsmacher, Historiker – und eben Architekten mit umfangreichem Œvre. Die Arbeit entstand 2009 an der Philosophischen Fakultät der Universität Zürich unter der Obhut von Philip Ursprung und Angelus Eisinger. Der Titel lässt sich nur schwer entschlüsseln. Der Untertitel „Bilderzählungen und Identitätsproduktion bei O.M. Ungers“ verrät, dass es sich nicht in erster Linie um eine Biographie des 2007 verstorbenen Kölner Architekten handelt, sondern um ausgesuchte Aspekte eines theoretischen und praktischen Schaffens. Es werden, unterstützt von kleinen Schwarz-Weiß-Fotos, einzelne Arbeiten im Kontext ihrer Entstehungszeit, ihrer räumlichen Bezüge und – vor allem – der jeweiligen politischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Strömungen analysiert.
Dabei verzichtet der Autor wohl bewusst auf Vollständigkeit des Planungs- und Baumaterials.
(So werden Projekte wie die Badische Landesbibliothek in Karlsruhe, die Hamburger Kunsthalle oder das Wallraf-Richarts-Museum in Köln nicht erwähnt, sogar für das erste eigene Wohnhaus in Köln-Müngersdorf bleibt nur ein Halbsatz.) Schwerpunkte hingegen sind die beiden so gegensätzlichen Metropolen Frankfurt am Main und Berlin, genauer Westberlin, „mit denen Ungers’ Karriere eng verknüpft ist“: zwei Städte mit tiefen Kriegswunden, die eine jedoch als „heimliche Hauptstadt“, Finanzzentrum, Messeplatz und „Kulturstadt“ (Walter Wallmann) mit dem höchsten Kulturetat schon früh prosperierend, die andere eher abgehängt, dafür aber als theoretisch-planerisches Experimentierfeld – auch durch seine Lehrtätigkeit an der TU in den 70er Jahren – für Ungers’ städte- bauliche Selbstfindung (Stadt als Erinnerungslandschaft) von entscheidender Bedeutung – einschließlich der bitteren Erfahrung im Märkischen Viertel.
Ausführlich werden Begriffe wie Megastrukturalismus, Postmoderne, Urbanisation oder Superzeichen bei Ungers – und seinen Zeitgenossen – untersucht und, wenn möglich oder nötig in Beziehungen zur jeweiligen philosophischen Diskussion gesetzt (Habermas, Mitscherlich, Adorno). Natürlich spielt das von Heinrich Klotz initiierte und von Ungers kongenial umgesetzte DAM als Quantensprung in der Vergewisserung von „Architektur als Architektur“ eine entscheidende Rolle, für André Bideau vergleichbar nur mit dem Wettbewerbsentwurf für das Kölner Wallraf-Richarts-Museum von 1977.
Einiges in diesem Bauwelt-Fundament (Herausgeber neben UC ist Peter Neitzke, Ungers-Schüler der ersten Stunde!) ist es wert, wieder in Erinnerung gerufen oder überhaupt erst bekannt zu werden: der Ideenwettbewerb Berlin-Tiergartenviertel mit Rem Koolhaas 1973, die Rolle Ungers’ als Juror beim Wettbewerb für die Schirn in Frankfurt 1979, das nie weiter verfolgte Projekt Berliner Straße, ebenfalls in Frankfurt 1983, der Vergleich Museumsufer am Main und Museumsinsel an der Spree, Messe Frankfurt als „Stadt in der Stadt“, die unterschiedliche Ideologie von Kleihues und Ungers zur Stadtreparatur bei der IBA, Ungers in der „Strada novissima“ auf der Biennale 1980 in Venedig und nicht zuletzt die Rolle von Liselotte Ungers als Verlegerin 1977/78.
Zum Schluss eine Anmerkung zum Stil: Wer sich vor mindestens drei zum Teil für Architekten höchst ungebräuchlichen Fremdwörter pro Satz fürchtet, wird bei der Lektüre gefordert. Sie endet mit: „So implodieren Kontextualität und Urbanität wegen der divergierenden Informationssysteme, in die das Stadtzentrum eingeschrieben ist. Und mit ihnen verändern sich der Sinnzusammenhang, das Publikum und die Themen der Architektur.“
Dabei verzichtet der Autor wohl bewusst auf Vollständigkeit des Planungs- und Baumaterials.
(So werden Projekte wie die Badische Landesbibliothek in Karlsruhe, die Hamburger Kunsthalle oder das Wallraf-Richarts-Museum in Köln nicht erwähnt, sogar für das erste eigene Wohnhaus in Köln-Müngersdorf bleibt nur ein Halbsatz.) Schwerpunkte hingegen sind die beiden so gegensätzlichen Metropolen Frankfurt am Main und Berlin, genauer Westberlin, „mit denen Ungers’ Karriere eng verknüpft ist“: zwei Städte mit tiefen Kriegswunden, die eine jedoch als „heimliche Hauptstadt“, Finanzzentrum, Messeplatz und „Kulturstadt“ (Walter Wallmann) mit dem höchsten Kulturetat schon früh prosperierend, die andere eher abgehängt, dafür aber als theoretisch-planerisches Experimentierfeld – auch durch seine Lehrtätigkeit an der TU in den 70er Jahren – für Ungers’ städte- bauliche Selbstfindung (Stadt als Erinnerungslandschaft) von entscheidender Bedeutung – einschließlich der bitteren Erfahrung im Märkischen Viertel.
Ausführlich werden Begriffe wie Megastrukturalismus, Postmoderne, Urbanisation oder Superzeichen bei Ungers – und seinen Zeitgenossen – untersucht und, wenn möglich oder nötig in Beziehungen zur jeweiligen philosophischen Diskussion gesetzt (Habermas, Mitscherlich, Adorno). Natürlich spielt das von Heinrich Klotz initiierte und von Ungers kongenial umgesetzte DAM als Quantensprung in der Vergewisserung von „Architektur als Architektur“ eine entscheidende Rolle, für André Bideau vergleichbar nur mit dem Wettbewerbsentwurf für das Kölner Wallraf-Richarts-Museum von 1977.
Einiges in diesem Bauwelt-Fundament (Herausgeber neben UC ist Peter Neitzke, Ungers-Schüler der ersten Stunde!) ist es wert, wieder in Erinnerung gerufen oder überhaupt erst bekannt zu werden: der Ideenwettbewerb Berlin-Tiergartenviertel mit Rem Koolhaas 1973, die Rolle Ungers’ als Juror beim Wettbewerb für die Schirn in Frankfurt 1979, das nie weiter verfolgte Projekt Berliner Straße, ebenfalls in Frankfurt 1983, der Vergleich Museumsufer am Main und Museumsinsel an der Spree, Messe Frankfurt als „Stadt in der Stadt“, die unterschiedliche Ideologie von Kleihues und Ungers zur Stadtreparatur bei der IBA, Ungers in der „Strada novissima“ auf der Biennale 1980 in Venedig und nicht zuletzt die Rolle von Liselotte Ungers als Verlegerin 1977/78.
Zum Schluss eine Anmerkung zum Stil: Wer sich vor mindestens drei zum Teil für Architekten höchst ungebräuchlichen Fremdwörter pro Satz fürchtet, wird bei der Lektüre gefordert. Sie endet mit: „So implodieren Kontextualität und Urbanität wegen der divergierenden Informationssysteme, in die das Stadtzentrum eingeschrieben ist. Und mit ihnen verändern sich der Sinnzusammenhang, das Publikum und die Themen der Architektur.“
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