Bauwelt

Dortmunder Vorträge zur Stadtbaukunst 1

Text: Rumpf, Peter, Berlin

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Dortmunder Vorträge zur Stadtbaukunst 1

Text: Rumpf, Peter, Berlin

Architekten-Monografien gibt es reichlich, Publikationen über Städtebau hingegen sind rar auf den Verkaufstischen der einschlägigen Buchhandlungen. Das mag nicht zuletzt an der trockenen Disziplin liegen, in der sich Verkehrsexperten, Tiefbauingenieure, Planungsämter, Baunutzungsverordnungen, Haushaltspolitiker – und Städteplaner – gegenseitig das Leben schwer machen und in der sich für Architekturfotografen wenig Stoff für reizvolles Arbeiten findet. Dabei bestimmt der öffentliche Raum den alltäglichen Rahmen, in dem sich Fußgänger, Rad- und Autofahrer bewegen bzw. bewegen müssen. Das im vorigen Jahr an der Universität Dortmund gegründete „Deutsche Institut für Stadtbaukunst“ an den Lehrstühlen Städtebau (Christoph Mäckler) und Geschichte und Theorie der Architektur (Wolfgang Sonne) will sich der gestalterischen Seite der Stadt – wieder – zuwenden und die unterschiedlichen Beteiligten wie Soziologie, Ökonomie, Ökologie, Politik, Technologie und Kultur zusammenbringen. Dazu ist nun die erste Publikation erschienen: sechs Vorträge, die im vergangenen Jahr in Dortmund zum Thema gehalten wurden.
Wenn in der Einleitung und auch in den einzelnen Beiträgen des Öfteren von Kunst, von Stadtbaukunst die Rede ist, schwingt nicht unbeabsichtigt die Not über deren Verlust und der Zorn angesichts der gedankenlosen Verwahrlosung der öffentlichen Flächen in unseren Städten und an deren ausfransenden Rändern mit. Das beginnt schon im ersten Beitrag von Hans Stimmann, Ex-Senatsbaudirektor von Berlin und frisch gebackener Honorarprofessor in Dortmund. Gerade dieser Stadt attestiert er völlig zu Recht die „vollkommene Abwesenheit von Stadtbaukunst“. Auch sein Blick in die Zukunft lässt wenig hoffen: Urbanität ist für ihn urbaner Raum plus Lebensweise, und die zieht sich unaufhaltsam aus diesem Raum in die elektronischen Netze zurück – trotz Public Viewing. Robert Adam, Stadtplaner und Hochschullehrer in Glasgow, gibt sich (in Englisch) als Traditionalist und empfiehlt den Weg aus dem gegenwärtigen
„conventional“ in das „traditional urban design“. Und weil er auch Praktiker ist, stellt er Beispiele aus seinem Büro vor und gibt vier Ratschläge: Wiederhole Erfolgreiches, das Leben ist komplizierter, als du denkst, plane nur Freiflächen/Plätze, die du auch füllen kannst, und spare Energie durch heimische Materialien. Mit Ratschlägen kann Dieter Hoffmann-Axthelm weniger dienen bei seinem Projekt Re-Urbanisierung der Moderne, außer möglicherweise durch punktuelles Umsteuern an zentralen Orten. Ansonsten liefert der Stadttheoretiker aus Berlin eine fundierte und breit angelegte Analyse der Moderne und ihrer verheerenden Folgen für das Stadtbild wie für die gesamte Menschheit. Lesenswert! Harald Heiz (vom Planungsbüro Heinz Jahnen Pflüger) widmet sich, auch beruflich, dem undankbaren Thema Stadtstraßen: Funktion, Gestalt, Sicherheit, wobei ihm alle drei Forderungen gleich wichtig sind. Auch Verkehrsraum sei Lebensraum – und Lärmschutzwände Verzweiflungsarchitektur. „Straßenraumgestaltung muss wieder eine städtebauliche Disziplin werden!“ Harald Bodenschatz, Planungs- und Architektursoziologe an der TU Berlin, zeigt abschließendan einem historischen Beispiel Gelingen und Scheitern privaten Städtebaus mittels Terraingesellschaften im Berlin in den ersten beiden Dekaden des vorigen Jahrhunderts: zum Beispiel bei dem für 60.000 Bewohner begonnenen Tempelhofer Feld (westlich des späteren Flughafens), das mit dem Bau von 2000 Einfamilienhäusern endete. Ein – wenn man es positiv sieht – bunter Reigen städtebaulicher Themen also, die jedes für sich interessant und durchaus für die Dortmunder Studenten und nun auch für interessierte Fachleute lehrreich sind. Als Kompass durch den Dschungel Städtebau können sie nur bedingt taugen. Aber der Band 1 ist ja erst der Anfang; sechs weitere Vorträge aus 2009 werden als Band 2 folgen.
Fakten
Autor / Herausgeber Herausgegeben von Christoph Mäckler und Wolfgang Sonne
Verlag Niggli Verlag, Sulgen/Zürich 2009
Zum Verlag
aus Bauwelt 48.2009
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